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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECTIO XXIV.
der ursach willen sich die andere der communion enthalten hätten. Wie
gottloß Ananias und Sapphira/ nemlich heuchler in der haut gewesen/ sehen
wir Ap. Gesch. 5. sie werden aber eben so wol unter den andern offt mit zu
dem tisch des HErrn gegangen seyn; solten darum andere nachmahl sich des
heiligen Abendmahls enthalten haben? das sehen wir nicht. Ja die Apo-
stel hatten selbs sehen müssen/ daß Judas/ nachdem er das heilige Abend-
mahl bey eben der ersten einsetzung empfangen/ nur verteuffelter dadurch
worden ist: unter dessen haben sie es nachmal darum nicht ferner zu brauchen
unterlassen. Da auch aus solchem exempel ferner zu sehen ist/ daß auch
Prediger zuweilen mit gutem gewissen/ denen die da/ so viel der Prediger
weiß/ unwürdig sind/ hingegen solche unwürdigkeit nicht eusserlich erweißlich
ist/ und sie von aussen das gegentheil heuchlerischer weise von sich sehen las-
sen/ dasselbe reichen können/ ja müssen: wie hie Christus es dem verräther
gab/ deme er doch in das hertze sahe/ und also wuste/ wie voll teufflischer boß-
heit es stecket. Also möchte auch das andere bedencken nicht platz haben.
Dann so wenig meine hertzliche busse einem andern unbußfertigen nutzet/ so
wenig mag hingegen eines andern unbußfertigkeit/ neben dem ich communi-
ci
re/ mir nachtheilig seyn/ wofern ich gleichwol in wahrer buß hinzu gehe.
Es lebet der gerechte seines glaubens Hab. 2/ 4. Und schadet keinem
eines anderen/ sondern alleine seine eigene unwürdigkeit. So mache ich
mich ja auch des andern unwürdigkeit und sünde nicht theilhafftig/ indem ich
vielmehr über dasjenige/ so ich davon sehe/ mich hertzlich betrübe/ und von
GOtt ihre hertzen zum besseren zu leiten anruffe. Daher dero absehen viel-
mehr gutes bey mir erwecket. Solte aber der mit-communicanten sünde
einem frommen hertzen zugerechnet werden/ wie würde es denen lieben Apo-
steln ergangen seyn/ wegen des gottlosen Judä? und wie hätte Christus
seinen Aposteln die schwehre sünde unwissend auffbürden wollen/ da er Ju-
dam mit ihnen communiciren lassen/ daferne einer des andern entgelten mü-
ste. Die dritte absicht ist nichts besser/ denn derselbe will gar die boßheit des
unwürdigen unverantwortlicher weise der himmlischen speise selbs zuschrei-
ben/ da doch/ daß böse leute keine besserung von dem gebrauch des heiligen
Abendmahls spüren/ nicht ursach ist der leib und blut des HErrn selbs/ wel-
cher ja kräfftig genug ist an und für sich selbs/ sondern daß sie dieselbe nicht
wollen bey sich fruchtbarlich würcken lassen. Es widerstreben ja die leute
auch offt selbs dem wort Gottes/ ja dem heiligen Geist/ und lassen denselben
nicht in sich wircken/ solten wir darum sagen/ daß der heilige Geist und sein
wort unkräfftig wären? das sey ferne Versuche es viel lieber selbs/ da andere
das heilige Nachtmahl ohne nutzen empfangen haben/ und gebrauche es mit
hertzlicher busse/ so wirst du auß dem daraus schöpffenden nutzen bey dir finder/

daß

ARTIC. I. SECTIO XXIV.
der urſach willen ſich die andere der communion enthalten haͤtten. Wie
gottloß Ananias und Sapphira/ nemlich heuchler in der haut geweſen/ ſehen
wir Ap. Geſch. 5. ſie werden aber eben ſo wol unter den andern offt mit zu
dem tiſch des HErrn gegangen ſeyn; ſolten darum andere nachmahl ſich des
heiligen Abendmahls enthalten haben? das ſehen wir nicht. Ja die Apo-
ſtel hatten ſelbs ſehen muͤſſen/ daß Judas/ nachdem er das heilige Abend-
mahl bey eben der erſten einſetzung empfangen/ nur verteuffelter dadurch
worden iſt: unter deſſen haben ſie es nachmal darum nicht ferner zu brauchen
unterlaſſen. Da auch aus ſolchem exempel ferner zu ſehen iſt/ daß auch
Prediger zuweilen mit gutem gewiſſen/ denen die da/ ſo viel der Prediger
weiß/ unwuͤrdig ſind/ hingegen ſolche unwuͤrdigkeit nicht euſſerlich erweißlich
iſt/ und ſie von auſſen das gegentheil heuchleriſcher weiſe von ſich ſehen laſ-
ſen/ daſſelbe reichen koͤnnen/ ja muͤſſen: wie hie Chriſtus es dem verraͤther
gab/ deme er doch in das hertze ſahe/ und alſo wuſte/ wie voll teuffliſcher boß-
heit es ſtecket. Alſo moͤchte auch das andere bedencken nicht platz haben.
Dann ſo wenig meine hertzliche buſſe einem andern unbußfertigen nutzet/ ſo
wenig mag hingegen eines andern unbußfertigkeit/ neben dem ich communi-
ci
re/ mir nachtheilig ſeyn/ wofern ich gleichwol in wahrer buß hinzu gehe.
Es lebet der gerechte ſeines glaubens Hab. 2/ 4. Und ſchadet keinem
eines anderen/ ſondern alleine ſeine eigene unwuͤrdigkeit. So mache ich
mich ja auch des andern unwuͤrdigkeit und ſuͤnde nicht theilhafftig/ indem ich
vielmehr uͤber dasjenige/ ſo ich davon ſehe/ mich hertzlich betruͤbe/ und von
GOtt ihre hertzen zum beſſeren zu leiten anruffe. Daher dero abſehen viel-
mehr gutes bey mir erwecket. Solte aber der mit-communicanten ſuͤnde
einem frommen hertzen zugerechnet werden/ wie wuͤrde es denen lieben Apo-
ſteln ergangen ſeyn/ wegen des gottloſen Judaͤ? und wie haͤtte Chriſtus
ſeinen Apoſteln die ſchwehre ſuͤnde unwiſſend auffbuͤrden wollen/ da er Ju-
dam mit ihnen communiciren laſſen/ daferne einer des andern entgelten muͤ-
ſte. Die dritte abſicht iſt nichts beſſer/ denn derſelbe will gar die boßheit des
unwuͤrdigen unverantwortlicher weiſe der himmliſchen ſpeiſe ſelbs zuſchrei-
ben/ da doch/ daß boͤſe leute keine beſſerung von dem gebrauch des heiligen
Abendmahls ſpuͤren/ nicht urſach iſt der leib und blut des HErrn ſelbs/ wel-
cher ja kraͤfftig genug iſt an und fuͤr ſich ſelbs/ ſondern daß ſie dieſelbe nicht
wollen bey ſich fruchtbarlich wuͤrcken laſſen. Es widerſtreben ja die leute
auch offt ſelbs dem wort Gottes/ ja dem heiligen Geiſt/ und laſſen denſelben
nicht in ſich wircken/ ſolten wir darum ſagen/ daß der heilige Geiſt und ſein
wort unkraͤfftig waͤren? das ſey ferne Verſuche es viel lieber ſelbs/ da andere
das heilige Nachtmahl ohne nutzen empfangen haben/ und gebrauche es mit
hertzlicher buſſe/ ſo wirſt du auß dem daraus ſchoͤpffendẽ nutzen bey dir finder/

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[127/0135] ARTIC. I. SECTIO XXIV. der urſach willen ſich die andere der communion enthalten haͤtten. Wie gottloß Ananias und Sapphira/ nemlich heuchler in der haut geweſen/ ſehen wir Ap. Geſch. 5. ſie werden aber eben ſo wol unter den andern offt mit zu dem tiſch des HErrn gegangen ſeyn; ſolten darum andere nachmahl ſich des heiligen Abendmahls enthalten haben? das ſehen wir nicht. Ja die Apo- ſtel hatten ſelbs ſehen muͤſſen/ daß Judas/ nachdem er das heilige Abend- mahl bey eben der erſten einſetzung empfangen/ nur verteuffelter dadurch worden iſt: unter deſſen haben ſie es nachmal darum nicht ferner zu brauchen unterlaſſen. Da auch aus ſolchem exempel ferner zu ſehen iſt/ daß auch Prediger zuweilen mit gutem gewiſſen/ denen die da/ ſo viel der Prediger weiß/ unwuͤrdig ſind/ hingegen ſolche unwuͤrdigkeit nicht euſſerlich erweißlich iſt/ und ſie von auſſen das gegentheil heuchleriſcher weiſe von ſich ſehen laſ- ſen/ daſſelbe reichen koͤnnen/ ja muͤſſen: wie hie Chriſtus es dem verraͤther gab/ deme er doch in das hertze ſahe/ und alſo wuſte/ wie voll teuffliſcher boß- heit es ſtecket. Alſo moͤchte auch das andere bedencken nicht platz haben. Dann ſo wenig meine hertzliche buſſe einem andern unbußfertigen nutzet/ ſo wenig mag hingegen eines andern unbußfertigkeit/ neben dem ich communi- cire/ mir nachtheilig ſeyn/ wofern ich gleichwol in wahrer buß hinzu gehe. Es lebet der gerechte ſeines glaubens Hab. 2/ 4. Und ſchadet keinem eines anderen/ ſondern alleine ſeine eigene unwuͤrdigkeit. So mache ich mich ja auch des andern unwuͤrdigkeit und ſuͤnde nicht theilhafftig/ indem ich vielmehr uͤber dasjenige/ ſo ich davon ſehe/ mich hertzlich betruͤbe/ und von GOtt ihre hertzen zum beſſeren zu leiten anruffe. Daher dero abſehen viel- mehr gutes bey mir erwecket. Solte aber der mit-communicanten ſuͤnde einem frommen hertzen zugerechnet werden/ wie wuͤrde es denen lieben Apo- ſteln ergangen ſeyn/ wegen des gottloſen Judaͤ? und wie haͤtte Chriſtus ſeinen Apoſteln die ſchwehre ſuͤnde unwiſſend auffbuͤrden wollen/ da er Ju- dam mit ihnen communiciren laſſen/ daferne einer des andern entgelten muͤ- ſte. Die dritte abſicht iſt nichts beſſer/ denn derſelbe will gar die boßheit des unwuͤrdigen unverantwortlicher weiſe der himmliſchen ſpeiſe ſelbs zuſchrei- ben/ da doch/ daß boͤſe leute keine beſſerung von dem gebrauch des heiligen Abendmahls ſpuͤren/ nicht urſach iſt der leib und blut des HErrn ſelbs/ wel- cher ja kraͤfftig genug iſt an und fuͤr ſich ſelbs/ ſondern daß ſie dieſelbe nicht wollen bey ſich fruchtbarlich wuͤrcken laſſen. Es widerſtreben ja die leute auch offt ſelbs dem wort Gottes/ ja dem heiligen Geiſt/ und laſſen denſelben nicht in ſich wircken/ ſolten wir darum ſagen/ daß der heilige Geiſt und ſein wort unkraͤfftig waͤren? das ſey ferne Verſuche es viel lieber ſelbs/ da andere das heilige Nachtmahl ohne nutzen empfangen haben/ und gebrauche es mit hertzlicher buſſe/ ſo wirſt du auß dem daraus ſchoͤpffendẽ nutzen bey dir finder/ daß

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/135>, abgerufen am 22.11.2024.