Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. dern die billichkeit zu beobachten/ daher er sich so bald auch gleicher schuldig-keit billich erinnert. 4. Alle diese vorgestellte bedencken bewegen mich dahin/ ob wol was Der
Das dritte Capitel. dern die billichkeit zu beobachten/ daher er ſich ſo bald auch gleicher ſchuldig-keit billich erinnert. 4. Alle dieſe vorgeſtellte bedencken bewegen mich dahin/ ob wol was Der
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Das dritte Capitel.
dern die billichkeit zu beobachten/ daher er ſich ſo bald auch gleicher ſchuldig-
keit billich erinnert.
4. Alle dieſe vorgeſtellte bedencken bewegen mich dahin/ ob wol was
bey N. 2. gemeldet worden/ zeiget/ daß vernuͤnfftige urſachen angefuͤhret wer-
den moͤgen/ ſo Sempronio das empfangene dermaſſenzu erkeñen/ daß er zu kei-
ner reſtitution ſchuldig waͤre/ daß ich dannoch das gewiſſen nicht ſo gar ohne
ſorge dabey finde/ ſondern mehr zu rathen ſuchte/ wie in andern zweiffelhaff-
tigen gewiſſens-faͤllen offtmal zu thun iſt/ nicht ſo wol partem probabilio-
rem als tutiorem zu wehlen. Dieſe partem tutiorem und ſicherſten weg
hielte nun zu ſeyn/ daß Sempronius nochmal in der furcht des HErrn uͤber-
legte/ was er wol fuͤr ſeine auslagen und verdienſt/ und alle muͤhe/ die er ſo
wircklich verrichtet/ als ſich darzu bereit halten muͤſſen/ zu rechnen befugt
ſeye/ ſo als ſein eigen gewiſſen bezeugen wird/ gerecht und billich zu ſeyn. Da-
bey ich gern zulaſſe/ daß er ſolchen verdienſt ſo hoch ſetze/ als ſich noch auch in
der welt von dieſer dinge verſtaͤndigen und die billichkeit liebenden perſonen/
bey den oben erwogenen umſtaͤnden/ verantworten laſſe/ mit ſtaͤter erwe-
gung/ wie er etwa/ wo er an des andern ſtelle geweſen waͤre/ urtheilen wuͤr-
de. Findet er nun die billige æſtimation auff ſolche ſumme endlich zu ſteigen/
ſo hielte davor/ daß er ſein gewiſſen ferner allerdings beruhigen und zu frie-
den geben koͤnte/ nur aber noͤthig habe/ ſich vor GOtt desjenigen wegen/ ſo
bey der erſten convention unordenlich vorgegangen/ zu demuͤthigen. Solte
es ſich aber nach angeſtellter uͤberlegung befinden/ daß die 1000. fl. dasjeni-
ge/ ſo er fuͤr ſeine muͤhe prætendiren koͤnnen/ nach dem urtheil des eignen ge-
wiſſens etwa weit uͤberſteigen/ ſo ſehe ich nicht/ wie man ſich einiger reſtitu-
tion, ohne dem gewiſſen eine ſtaͤte urſach einer anklage zu laſſen/ entbrechen
koͤnte. Es waͤre aber ſolche reſtitution nicht Lucio zu thun/ der durch ſeine
Convention ſich ſeines rechts begeben/ und alſo nichts fordern kan/ ſondern
weil die urſach derſelben herkommet aus verletzung des gewiſſens in ſolchen
ſtuͤcken/ daraus in der welt keine forderung gemacht werden koͤnte/ aber GOtt
uns deßwegen ſchuldiget/ geſchihet ſie am billichſten an GOtt/ und alſo an
deſſen ſtatt an die arme. Waͤre alſo dem gewiſſen auff alle kuͤnfftige faͤlle am
gewiſſeſten gerathen/ daß Sempronius eine ſolche ſumme/ die der uͤbermaß/
ſo in dem gewiſſen befunden worden/ gleich kommet/ an arme kommen lieſſe/
und ſich damit aller ſorge entladete. Da es heiſſen moͤchte Luc. 11/ 41. doch
gebet allmoſen/ von dem das da iſt/ ſihe ſo iſts euch alles rein. Es waͤ-
re auch zu rathen/ daß ſonderlich die wohlthat an ſolche arme geſchehe/ die
kinder GOttes ſind/ welcherley wohlthaten allezeit wir vor andern doppel-
te verheiſſungen haben/ alſo gewißlich die krafft haben werden/ von GOtt
der ſeelen eine ſo viel beſtaͤndigere ruhe zu erlangen.
Der
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