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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
nen schöne gestalt zu rühmen würdiget/ als Sarä 1. Mos. 12/ 11. Rebeccä
1. Mos. 26/ 7. Rahel/ 1. Mos. 29/ 27. Josephs. 1. Mos. 39/ 6. Sauls.
1. Sam. 9/ 2. Esther. c. 2/ 7. Jobs töchter. c. 42/ 15.) so bleiben die all-
gemeine regeln/ daß man also auch dieselbe an sich selbs durch natürliche mit-
tel erhalten/ bewahren/ was zu solcher behaltung dienet/ gebrauchen/ und die-
ses geschöpff des HErrn zu seinen ehren richten möge: Hingegen sich hüten
müsse/ weder sich selbs darinn zum kützel des hochmuths wol zu gefallen (wie
solches wolgefallen auch in andern irrdischen gütern unrecht ist) noch andere
deswegen zu verachten/ noch allzuviel sorge an dasselbige zu wenden/ noch et-
was anders (massen die schönheit unter den leiblichen gaben die allergeringste
achte/ weswegen sie auch den letzten rang behalten muß) um derselben willen
zu versäumen oder hindanzusetzen/ noch vielweniger anderer augen zu unzim-
lichem zweck auf sich zu ziehen. Als welche stücke alle unter die mißbräuche
dieser gabe GOttes gehören: Wo nun das hertz also gesinnet ist gegen seine
schönheit/ und auf solche art damit umgehet/ so wird alle daran wendende sor-
ge zur sünde. Hingegen tragen christliche seelen/ was ihnen der HErr ihr
Schöpffer auch in leiblicher schönheit gegeben/ in wahrer demuth an sich/ zu
seinem preiß/ wie er in aller schönheit der creaturen die seinige erkant und ge-
ehret zu werden begehret/ dancken ihm dafür/ und sind willig/ welche stunde/
und auf was art/ er dieselbige durch kranckheit/ alter/ zufälle/ und dergleichen/
wiederum von ihnen nehmen wolte/ sie ihm ohne murren und so willig als sie
sie vorhin getragen/ wiederum zu überlassen: Welcherley sinn allerdings in
einer seelen seyn muß/ da sie ohne sünde so dieses als andere leibliche güter be-
sitzen und gebrauchen sollen/ nachdem GOTT allerdings erfordert/ daß das
hertz an keinem derselben hange oder beruhe. Vorausgesetzt dessen/ wird die
antwort auf die 3. absonderliche fragen gar leicht von selbsten folgen.

1.
Ob ein Christ/ wenn er in seinem gesicht etwas bekommet/ als fle-
cken/ es sey nun von der sonnen oder andern zufällen oder aus-
fahren/ mit gutem gewissen etwas gebrauchen kan/ selbiges
wieder zu vertreiben?

Hierauf dienet nun/ daß wo ein Christ also in seinem gemüth gesinnet
ist/ wie bereits zum grunde voraus gesetzet worden/ er dergleichen/ was sein ge-
sicht ausser der natürlichen gestalt/ die es haben solle/ die an andern sich zeiget/
und bey ihm vorher gewesen ist/ setzet/ mit gutem gewissen durch natürliche
mittel vertreiben könne. Jndem er darinn nichts anders thut/ als daß er
das geschöpff GOttes von demjenigen befreyet/ was ihm ausser der ordnung
zu gestossen war. So wenig also unrecht ist/ eine zustossende unpäßlichkeit/

oder

Das dritte Capitel.
nen ſchoͤne geſtalt zu ruͤhmen wuͤrdiget/ als Saraͤ 1. Moſ. 12/ 11. Rebeccaͤ
1. Moſ. 26/ 7. Rahel/ 1. Moſ. 29/ 27. Joſephs. 1. Moſ. 39/ 6. Sauls.
1. Sam. 9/ 2. Eſther. c. 2/ 7. Jobs toͤchter. c. 42/ 15.) ſo bleiben die all-
gemeine regeln/ daß man alſo auch dieſelbe an ſich ſelbs durch natuͤrliche mit-
tel erhalten/ bewahren/ was zu ſolcher behaltung dienet/ gebrauchen/ und die-
ſes geſchoͤpff des HErrn zu ſeinen ehren richten moͤge: Hingegen ſich huͤten
muͤſſe/ weder ſich ſelbs darinn zum kuͤtzel des hochmuths wol zu gefallen (wie
ſolches wolgefallen auch in andern irrdiſchen guͤtern unrecht iſt) noch andere
deswegen zu verachten/ noch allzuviel ſorge an daſſelbige zu wenden/ noch et-
was anders (maſſen die ſchoͤnheit unter den leiblichen gaben die allergeringſte
achte/ weswegen ſie auch den letzten rang behalten muß) um derſelben willen
zu verſaͤumen oder hindanzuſetzen/ noch vielweniger anderer augen zu unzim-
lichem zweck auf ſich zu ziehen. Als welche ſtuͤcke alle unter die mißbraͤuche
dieſer gabe GOttes gehoͤren: Wo nun das hertz alſo geſinnet iſt gegen ſeine
ſchoͤnheit/ und auf ſolche art damit umgehet/ ſo wird alle daran wendende ſor-
ge zur ſuͤnde. Hingegen tragen chriſtliche ſeelen/ was ihnen der HErr ihr
Schoͤpffer auch in leiblicher ſchoͤnheit gegeben/ in wahrer demuth an ſich/ zu
ſeinem preiß/ wie er in aller ſchoͤnheit der creaturen die ſeinige erkant und ge-
ehret zu werden begehret/ dancken ihm dafuͤr/ und ſind willig/ welche ſtunde/
und auf was art/ er dieſelbige durch kranckheit/ alter/ zufaͤlle/ und dergleichen/
wiederum von ihnen nehmen wolte/ ſie ihm ohne murren und ſo willig als ſie
ſie vorhin getragen/ wiederum zu uͤberlaſſen: Welcherley ſinn allerdings in
einer ſeelen ſeyn muß/ da ſie ohne ſuͤnde ſo dieſes als andere leibliche guͤter be-
ſitzen und gebrauchen ſollen/ nachdem GOTT allerdings erfordert/ daß das
hertz an keinem derſelben hange oder beruhe. Vorausgeſetzt deſſen/ wird die
antwort auf die 3. abſonderliche fragen gar leicht von ſelbſten folgen.

1.
Ob ein Chriſt/ wenn er in ſeinem geſicht etwas bekommet/ als fle-
cken/ es ſey nun von der ſonnen oder andern zufaͤllen oder aus-
fahren/ mit gutem gewiſſen etwas gebrauchen kan/ ſelbiges
wieder zu vertreiben?

Hierauf dienet nun/ daß wo ein Chriſt alſo in ſeinem gemuͤth geſinnet
iſt/ wie bereits zum grunde voraus geſetzet worden/ er dergleichen/ was ſein ge-
ſicht auſſer der natuͤrlichen geſtalt/ die es haben ſolle/ die an andern ſich zeiget/
und bey ihm vorher geweſen iſt/ ſetzet/ mit gutem gewiſſen durch natuͤrliche
mittel vertreiben koͤnne. Jndem er darinn nichts anders thut/ als daß er
das geſchoͤpff GOttes von demjenigen befreyet/ was ihm auſſer der ordnung
zu geſtoſſen war. So wenig alſo unrecht iſt/ eine zuſtoſſende unpaͤßlichkeit/

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[474/0482] Das dritte Capitel. nen ſchoͤne geſtalt zu ruͤhmen wuͤrdiget/ als Saraͤ 1. Moſ. 12/ 11. Rebeccaͤ 1. Moſ. 26/ 7. Rahel/ 1. Moſ. 29/ 27. Joſephs. 1. Moſ. 39/ 6. Sauls. 1. Sam. 9/ 2. Eſther. c. 2/ 7. Jobs toͤchter. c. 42/ 15.) ſo bleiben die all- gemeine regeln/ daß man alſo auch dieſelbe an ſich ſelbs durch natuͤrliche mit- tel erhalten/ bewahren/ was zu ſolcher behaltung dienet/ gebrauchen/ und die- ſes geſchoͤpff des HErrn zu ſeinen ehren richten moͤge: Hingegen ſich huͤten muͤſſe/ weder ſich ſelbs darinn zum kuͤtzel des hochmuths wol zu gefallen (wie ſolches wolgefallen auch in andern irrdiſchen guͤtern unrecht iſt) noch andere deswegen zu verachten/ noch allzuviel ſorge an daſſelbige zu wenden/ noch et- was anders (maſſen die ſchoͤnheit unter den leiblichen gaben die allergeringſte achte/ weswegen ſie auch den letzten rang behalten muß) um derſelben willen zu verſaͤumen oder hindanzuſetzen/ noch vielweniger anderer augen zu unzim- lichem zweck auf ſich zu ziehen. Als welche ſtuͤcke alle unter die mißbraͤuche dieſer gabe GOttes gehoͤren: Wo nun das hertz alſo geſinnet iſt gegen ſeine ſchoͤnheit/ und auf ſolche art damit umgehet/ ſo wird alle daran wendende ſor- ge zur ſuͤnde. Hingegen tragen chriſtliche ſeelen/ was ihnen der HErr ihr Schoͤpffer auch in leiblicher ſchoͤnheit gegeben/ in wahrer demuth an ſich/ zu ſeinem preiß/ wie er in aller ſchoͤnheit der creaturen die ſeinige erkant und ge- ehret zu werden begehret/ dancken ihm dafuͤr/ und ſind willig/ welche ſtunde/ und auf was art/ er dieſelbige durch kranckheit/ alter/ zufaͤlle/ und dergleichen/ wiederum von ihnen nehmen wolte/ ſie ihm ohne murren und ſo willig als ſie ſie vorhin getragen/ wiederum zu uͤberlaſſen: Welcherley ſinn allerdings in einer ſeelen ſeyn muß/ da ſie ohne ſuͤnde ſo dieſes als andere leibliche guͤter be- ſitzen und gebrauchen ſollen/ nachdem GOTT allerdings erfordert/ daß das hertz an keinem derſelben hange oder beruhe. Vorausgeſetzt deſſen/ wird die antwort auf die 3. abſonderliche fragen gar leicht von ſelbſten folgen. 1. Ob ein Chriſt/ wenn er in ſeinem geſicht etwas bekommet/ als fle- cken/ es ſey nun von der ſonnen oder andern zufaͤllen oder aus- fahren/ mit gutem gewiſſen etwas gebrauchen kan/ ſelbiges wieder zu vertreiben? Hierauf dienet nun/ daß wo ein Chriſt alſo in ſeinem gemuͤth geſinnet iſt/ wie bereits zum grunde voraus geſetzet worden/ er dergleichen/ was ſein ge- ſicht auſſer der natuͤrlichen geſtalt/ die es haben ſolle/ die an andern ſich zeiget/ und bey ihm vorher geweſen iſt/ ſetzet/ mit gutem gewiſſen durch natuͤrliche mittel vertreiben koͤnne. Jndem er darinn nichts anders thut/ als daß er das geſchoͤpff GOttes von demjenigen befreyet/ was ihm auſſer der ordnung zu geſtoſſen war. So wenig alſo unrecht iſt/ eine zuſtoſſende unpaͤßlichkeit/ oder

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/482>, abgerufen am 22.11.2024.