Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. IV. SECTIO XXIX.
alldieweil Jsrael noch in Egypten war/ sondern da ihre feinde im
rothen Meer ersoffen waren. David auch nicht/ alldieweil die la-
de GOttes unter den feinden und nicht an ihrem gebräuchlichen or-
te war. Auch hat David nicht eine schöne
Venus (wie die welt-tän-
tzer) an der hand geführet; so hat auch kein
Adonis oder Cupido Mi-
riam vorgetantzet; Wie solte ein Christ tantzen/ dieweil Pharao
und Egyptus/ die feinde des Evangelii Christi/ das volck GOttes je
länger und härter beträngen und ängstigen? Ja daß die Ebreer/ das
ist/ die Christen/ den Propheten GOttes nicht glauben noch folgen/
und daß die/ so jetzt aus Egypten geführet/ wieder zurück nach den
Egyptischen fleisch-häfen sehen. Darzu die jetzt des verheissenen
landes güter geschmeckt/ und an den gräntzenhinein zu kommen
wohneten/ mit den abgöttischen Moabitern und mit der hüpschen
huren
Casbi eingehen/ heyrath machen und huren. Ja jetzt ist die
zeit zu klagen und weinen/ nicht zu tantzen. Wenn aber GOTT
wird wiederbringen/ daß er sein volck aus gefängnüß (des antichri-
stischen reichs) führet. Denn sich Jsrael erfreuen wird/ und Jacob
sich erspringen. Denn wird das volck GOttes frölich paucken/ und
heraus gehen/ an der reigen/ denn wird sich der bräutigam Christus
freuen mit seiner gesponß der christlichen gemeine: Die aber diesen
spruch Esaiä Cap. 62. auff das welt-tantzen ziehen/ solten vor geler-
net haben/ daß der Prophet Jesaias vom 40. cap. biß ans ende/ dar-
zu auch Jeremias von CHristo/ seiner gemein und reich (welches
nicht von dieser welt/ sondern frommkeit/ fried/ freud in dem Heil.
Geist/ nicht im fleisch ist) weissagende. Man wolte denn der Jüden
und Chiliasten fleischlich und falsche
Opinion annehmen. Denn die-
se sprüche der Propheten/ also auff das fleischlich/ unzüchtig/ leicht-
fertig und epicurisch tantzen anziehen/ reimet sich gar nichts/ ob sie
schon auch von dieser zeit freude (welche GOtt seinen kindern auch
etwa gibet) geredet hätten/ würden sie dennoch der jetzigen welt-üp-
pigs/ sardanapalisch tantzen in keinen weg billigen? Wie möcht
der Geist aller Heiligkeit des fleisches geilheit und kützel/ das er töd-
tet und ihm gehorsam macht/ billigen?
Nun der HErr gebe uns in al-
lem seinen willen und die heiligkeit unsers beruffs also einzusehen/ daß wir
darinn nach seines Geistes trieb wandeln/ und in die freude unsers HErrn
zu seiner zeit eingehen. Amen. 1680.

SECTIO

ARTIC. IV. SECTIO XXIX.
alldieweil Jſrael noch in Egypten war/ ſondern da ihre feinde im
rothen Meer erſoffen waren. David auch nicht/ alldieweil die la-
de GOttes unter den feinden und nicht an ihrem gebraͤuchlichen or-
te war. Auch hat David nicht eine ſchoͤne
Venus (wie die welt-taͤn-
tzer) an der hand gefuͤhret; ſo hat auch kein
Adonis oder Cupido Mi-
riam vorgetantzet; Wie ſolte ein Chriſt tantzen/ dieweil Pharao
und Egyptus/ die feinde des Evangelii Chriſti/ das volck GOttes je
laͤnger und haͤrter betraͤngen und aͤngſtigen? Ja daß die Ebreer/ das
iſt/ die Chriſten/ den Propheten GOttes nicht glauben noch folgen/
und daß die/ ſo jetzt aus Egypten gefuͤhret/ wieder zuruͤck nach den
Egyptiſchen fleiſch-haͤfen ſehen. Darzu die jetzt des verheiſſenen
landes guͤter geſchmeckt/ und an den graͤntzenhinein zu kommen
wohneten/ mit den abgoͤttiſchen Moabitern und mit der huͤpſchen
huren
Casbi eingehen/ heyrath machen und huren. Ja jetzt iſt die
zeit zu klagen und weinen/ nicht zu tantzen. Wenn aber GOTT
wird wiederbringen/ daß er ſein volck aus gefaͤngnuͤß (des antichri-
ſtiſchen reichs) fuͤhret. Denn ſich Jſrael erfreuen wird/ und Jacob
ſich erſpringen. Denn wird das volck GOttes froͤlich paucken/ und
heraus gehen/ an der reigen/ denn wird ſich der braͤutigam Chriſtus
freuen mit ſeiner geſponß der chriſtlichen gemeine: Die aber dieſen
ſpruch Eſaiaͤ Cap. 62. auff das welt-tantzen ziehen/ ſolten vor geler-
net haben/ daß der Prophet Jeſaias vom 40. cap. biß ans ende/ dar-
zu auch Jeremias von CHriſto/ ſeiner gemein und reich (welches
nicht von dieſer welt/ ſondern frommkeit/ fried/ freud in dem Heil.
Geiſt/ nicht im fleiſch iſt) weiſſagende. Man wolte denn der Juͤden
und Chiliaſten fleiſchlich und falſche
Opinion annehmen. Denn die-
ſe ſpruͤche der Propheten/ alſo auff das fleiſchlich/ unzuͤchtig/ leicht-
fertig und epicuriſch tantzen anziehen/ reimet ſich gar nichts/ ob ſie
ſchon auch von dieſer zeit freude (welche GOtt ſeinen kindern auch
etwa gibet) geredet haͤtten/ wuͤrden ſie dennoch der jetzigen welt-uͤp-
pigs/ ſardanapaliſch tantzen in keinen weg billigen? Wie moͤcht
der Geiſt aller Heiligkeit des fleiſches geilheit und kuͤtzel/ das er toͤd-
tet und ihm gehorſam macht/ billigen?
Nun der HErr gebe uns in al-
lem ſeinen willen und die heiligkeit unſers beruffs alſo einzuſehen/ daß wir
darinn nach ſeines Geiſtes trieb wandeln/ und in die freude unſers HErrn
zu ſeiner zeit eingehen. Amen. 1680.

SECTIO
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0503" n="495"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. IV. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXIX.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">alldieweil J&#x017F;rael noch in Egypten war/ &#x017F;ondern da ihre feinde im<lb/>
rothen Meer er&#x017F;offen waren. David auch nicht/ alldieweil die la-<lb/>
de GOttes unter den feinden und nicht an ihrem gebra&#x0364;uchlichen or-<lb/>
te war. Auch hat David nicht eine &#x017F;cho&#x0364;ne</hi><hi rendition="#aq">Venus</hi><hi rendition="#fr">(wie die welt-ta&#x0364;n-<lb/>
tzer) an der hand gefu&#x0364;hret; &#x017F;o hat auch kein</hi><hi rendition="#aq">Adonis</hi><hi rendition="#fr">oder</hi><hi rendition="#aq">Cupido</hi><hi rendition="#fr">Mi-<lb/>
riam vorgetantzet; Wie &#x017F;olte ein Chri&#x017F;t tantzen/ dieweil Pharao<lb/>
und Egyptus/ die feinde des Evangelii Chri&#x017F;ti/ das volck GOttes je<lb/>
la&#x0364;nger und ha&#x0364;rter betra&#x0364;ngen und a&#x0364;ng&#x017F;tigen? Ja daß die Ebreer/ das<lb/>
i&#x017F;t/ die Chri&#x017F;ten/ den Propheten GOttes nicht glauben noch folgen/<lb/>
und daß die/ &#x017F;o jetzt aus Egypten gefu&#x0364;hret/ wieder zuru&#x0364;ck nach den<lb/>
Egypti&#x017F;chen flei&#x017F;ch-ha&#x0364;fen &#x017F;ehen. Darzu die jetzt des verhei&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
landes gu&#x0364;ter ge&#x017F;chmeckt/ und an den gra&#x0364;ntzenhinein zu kommen<lb/>
wohneten/ mit den abgo&#x0364;tti&#x017F;chen Moabitern und mit der hu&#x0364;p&#x017F;chen<lb/>
huren</hi><hi rendition="#aq">Casbi</hi><hi rendition="#fr">eingehen/ heyrath machen und huren. Ja jetzt i&#x017F;t die<lb/>
zeit zu klagen und weinen/ nicht zu tantzen. Wenn aber GOTT<lb/>
wird wiederbringen/ daß er &#x017F;ein volck aus gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß (des antichri-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;chen reichs) fu&#x0364;hret. Denn &#x017F;ich J&#x017F;rael erfreuen wird/ und Jacob<lb/>
&#x017F;ich er&#x017F;pringen. Denn wird das volck GOttes fro&#x0364;lich paucken/ und<lb/>
heraus gehen/ an der reigen/ denn wird &#x017F;ich der bra&#x0364;utigam Chri&#x017F;tus<lb/>
freuen mit &#x017F;einer ge&#x017F;ponß der chri&#x017F;tlichen gemeine: Die aber die&#x017F;en<lb/>
&#x017F;pruch E&#x017F;aia&#x0364; Cap. 62. auff das welt-tantzen ziehen/ &#x017F;olten vor geler-<lb/>
net haben/ daß der Prophet Je&#x017F;aias vom 40. cap. biß ans ende/ dar-<lb/>
zu auch Jeremias von CHri&#x017F;to/ &#x017F;einer gemein und reich (welches<lb/>
nicht von die&#x017F;er welt/ &#x017F;ondern frommkeit/ fried/ freud in dem Heil.<lb/>
Gei&#x017F;t/ nicht im flei&#x017F;ch i&#x017F;t) wei&#x017F;&#x017F;agende. Man wolte denn der Ju&#x0364;den<lb/>
und Chilia&#x017F;ten flei&#x017F;chlich und fal&#x017F;che</hi><hi rendition="#aq">Opinion</hi><hi rendition="#fr">annehmen. Denn die-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;pru&#x0364;che der Propheten/ al&#x017F;o auff das flei&#x017F;chlich/ unzu&#x0364;chtig/ leicht-<lb/>
fertig und epicuri&#x017F;ch tantzen anziehen/ reimet &#x017F;ich gar nichts/ ob &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chon auch von die&#x017F;er zeit freude (welche GOtt &#x017F;einen kindern auch<lb/>
etwa gibet) geredet ha&#x0364;tten/ wu&#x0364;rden &#x017F;ie dennoch der jetzigen welt-u&#x0364;p-<lb/>
pigs/ &#x017F;ardanapali&#x017F;ch tantzen in keinen weg billigen? Wie mo&#x0364;cht<lb/>
der Gei&#x017F;t aller Heiligkeit des flei&#x017F;ches geilheit und ku&#x0364;tzel/ das er to&#x0364;d-<lb/>
tet und ihm gehor&#x017F;am macht/ billigen?</hi> Nun der HErr gebe uns in al-<lb/>
lem &#x017F;einen willen und die heiligkeit un&#x017F;ers beruffs al&#x017F;o einzu&#x017F;ehen/ daß wir<lb/>
darinn nach &#x017F;eines Gei&#x017F;tes trieb wandeln/ und in die freude un&#x017F;ers HErrn<lb/>
zu &#x017F;einer zeit eingehen. Amen. 1680.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">SECTIO</hi> </hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0503] ARTIC. IV. SECTIO XXIX. alldieweil Jſrael noch in Egypten war/ ſondern da ihre feinde im rothen Meer erſoffen waren. David auch nicht/ alldieweil die la- de GOttes unter den feinden und nicht an ihrem gebraͤuchlichen or- te war. Auch hat David nicht eine ſchoͤne Venus (wie die welt-taͤn- tzer) an der hand gefuͤhret; ſo hat auch kein Adonis oder Cupido Mi- riam vorgetantzet; Wie ſolte ein Chriſt tantzen/ dieweil Pharao und Egyptus/ die feinde des Evangelii Chriſti/ das volck GOttes je laͤnger und haͤrter betraͤngen und aͤngſtigen? Ja daß die Ebreer/ das iſt/ die Chriſten/ den Propheten GOttes nicht glauben noch folgen/ und daß die/ ſo jetzt aus Egypten gefuͤhret/ wieder zuruͤck nach den Egyptiſchen fleiſch-haͤfen ſehen. Darzu die jetzt des verheiſſenen landes guͤter geſchmeckt/ und an den graͤntzenhinein zu kommen wohneten/ mit den abgoͤttiſchen Moabitern und mit der huͤpſchen huren Casbi eingehen/ heyrath machen und huren. Ja jetzt iſt die zeit zu klagen und weinen/ nicht zu tantzen. Wenn aber GOTT wird wiederbringen/ daß er ſein volck aus gefaͤngnuͤß (des antichri- ſtiſchen reichs) fuͤhret. Denn ſich Jſrael erfreuen wird/ und Jacob ſich erſpringen. Denn wird das volck GOttes froͤlich paucken/ und heraus gehen/ an der reigen/ denn wird ſich der braͤutigam Chriſtus freuen mit ſeiner geſponß der chriſtlichen gemeine: Die aber dieſen ſpruch Eſaiaͤ Cap. 62. auff das welt-tantzen ziehen/ ſolten vor geler- net haben/ daß der Prophet Jeſaias vom 40. cap. biß ans ende/ dar- zu auch Jeremias von CHriſto/ ſeiner gemein und reich (welches nicht von dieſer welt/ ſondern frommkeit/ fried/ freud in dem Heil. Geiſt/ nicht im fleiſch iſt) weiſſagende. Man wolte denn der Juͤden und Chiliaſten fleiſchlich und falſche Opinion annehmen. Denn die- ſe ſpruͤche der Propheten/ alſo auff das fleiſchlich/ unzuͤchtig/ leicht- fertig und epicuriſch tantzen anziehen/ reimet ſich gar nichts/ ob ſie ſchon auch von dieſer zeit freude (welche GOtt ſeinen kindern auch etwa gibet) geredet haͤtten/ wuͤrden ſie dennoch der jetzigen welt-uͤp- pigs/ ſardanapaliſch tantzen in keinen weg billigen? Wie moͤcht der Geiſt aller Heiligkeit des fleiſches geilheit und kuͤtzel/ das er toͤd- tet und ihm gehorſam macht/ billigen? Nun der HErr gebe uns in al- lem ſeinen willen und die heiligkeit unſers beruffs alſo einzuſehen/ daß wir darinn nach ſeines Geiſtes trieb wandeln/ und in die freude unſers HErrn zu ſeiner zeit eingehen. Amen. 1680. SECTIO

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/503
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/503>, abgerufen am 22.11.2024.