Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. I. SECTIO VIII. göttlichen regierung/ welche in dieser sache hervorleuchtet/ inbrünstigen danck/ungezweiffelt/ daß in solcher sache GOtt noch ein mehrers und weiters angese- hen/ als wir jetzo sehen können/ wiewol auch unterschiedlicher nutzen offenbahrlich vor augen liget: Wann ich erwege/ daß nicht allein E. Hochfürstl. Durchl. hiedurch unterschiedlicher nicht nur beschwehrlicher/ sondern auch/ obwol nicht zu hemmung/ iedoch unterbrechung dero übungen der gottseligkeit/ gefährlicher conversation allerdings befreyet/ sondern in den stand gesetzet wird/ in wel- chem sie hinkünfftig dasjenige/ wornach ihre seele biß dahin verlanget/ viel unge- hinderter thun und üben möge. Also daß da sonsten gewöhnlich der ledige stand diesen vortheil vor dem verheyratheten hat/ daß in jenem Gott freyer gedienet wer- den möge/ gleichwol die betrachtung bißheriger unterschiedlicher dem geführten ledigen stand angehengter beschwehrde/ mich hoffen macht/ daß vorstehender hey- rath mit einem solchen Fürsten/ dessen lob der gottseeligkeit sowol sonsten mir an- dertwertlich bekant gewesen/ als dißmal von E. Hochfl. Durchl. selbs zur gnüge erkant worden/ unvergleichlich mehr gelegenheit geben wird/ GOtt ungehinder- ter zu dienen/ und sowol sich selbs als andere offters/ ja täglich/ zuerbauen. Es hat der liebste Heyland austrücklich so viel gewissere erhörung zugesagt/ wo zwey oder drey in seinem nahmen versamlet sind/ wie nun solches von allen sich bey- sammen findenden gottseligen hertzen zuverstehen/ also ist nicht zweiffel/ daß die zusammensetzende andacht zweyer von GOtt und in seiner ordnung zusammen- gegatteter Christlicher personen dem gütigsten Vater im himmel so viel unzweif- fentlicher gefalle und erhöret werde; auch der ehestand selbs/ wegen genauest mit einander führenden lebens/ zu übung solcher andacht so viel offtere gelegenheit gebe. Und weilen E. Hochfl. Durchl. dero Frauenzimmer nach dem eigen gutbefin- den anzuordnen haben werden/ so wird vermittels göttlichen segens deroselben nicht schwehr werden/ es sowol also zubesetzen/ als auch unter denselben dergleichen ü- bungen anzustellen/ daß sie selbs in ihrem stand gleich als eine vorsteherin eines auserwehlten jungfräulichen klosters an ihrem hoff werden und seyn möge. Wie vor dem die so gepriesene Pulcheria, des jungen Käysers Theodosii schwester/ es dahin gebracht/ daß der käyserliche hoff einem kloster ähnlich geach- tet wurde. Welches so viel leichter seyn mag/ weil auch die wohlseelige vorige Fürstin den stattlichen ruhm der gottseligkeit getragen/ und daher/ was auch die- selbe ausgesäet noch reiche erndte hoffen machet/ welche E. Hochfl. Durchl. samt demjenigen was sie selbs ausstreuet/ zugleich einerndten und samlen mag. Wie aber das exempel derjenigen/ welche über andere zubesehlen haben/ sehr vieles/ andere zuerbauen oder andere auch zuverderben/ vermag/ also stehe in der guten zuversicht/ daß E. Hochfl. Durchl. Christlicher eyffer/ den sie an sich selbs und die regierung der absonderlich ihro anbefohlenen zeigen mag/ solglich durch gött- liche N n n n 3
ARTIC. I. SECTIO VIII. goͤttlichen regierung/ welche in dieſer ſache hervorleuchtet/ inbruͤnſtigen danck/ungezweiffelt/ daß in ſolcher ſache GOtt noch ein mehrers und weiters angeſe- hen/ als wir jetzo ſehen koͤnnen/ wiewol auch unterſchiedlicher nutzen offenbahrlich vor augen liget: Wann ich erwege/ daß nicht allein E. Hochfuͤrſtl. Durchl. hiedurch unterſchiedlicher nicht nur beſchwehrlicher/ ſondern auch/ obwol nicht zu hemmung/ iedoch unterbrechung dero uͤbungen der gottſeligkeit/ gefaͤhrlicher converſation allerdings befreyet/ ſondern in den ſtand geſetzet wird/ in wel- chem ſie hinkuͤnfftig dasjenige/ wornach ihre ſeele biß dahin verlanget/ viel unge- hinderter thun und uͤben moͤge. Alſo daß da ſonſten gewoͤhnlich der ledige ſtand dieſen vortheil vor dem verheyratheten hat/ daß in jenem Gott freyer gedienet wer- den moͤge/ gleichwol die betrachtung bißheriger unterſchiedlicher dem gefuͤhrten ledigen ſtand angehengter beſchwehrde/ mich hoffen macht/ daß vorſtehender hey- rath mit einem ſolchen Fuͤrſten/ deſſen lob der gottſeeligkeit ſowol ſonſten mir an- dertwertlich bekant geweſen/ als dißmal von E. Hochfl. Durchl. ſelbs zur gnuͤge erkant worden/ unvergleichlich mehr gelegenheit geben wird/ GOtt ungehinder- ter zu dienen/ und ſowol ſich ſelbs als andere offters/ ja taͤglich/ zuerbauen. Es hat der liebſte Heyland austruͤcklich ſo viel gewiſſere erhoͤrung zugeſagt/ wo zwey oder drey in ſeinem nahmen verſamlet ſind/ wie nun ſolches von allen ſich bey- ſammen findenden gottſeligen hertzen zuverſtehen/ alſo iſt nicht zweiffel/ daß die zuſammenſetzende andacht zweyer von GOtt und in ſeiner ordnung zuſammen- gegatteter Chriſtlicher perſonen dem guͤtigſten Vater im himmel ſo viel unzweif- fentlicher gefalle und erhoͤret werde; auch der eheſtand ſelbs/ wegen genaueſt mit einander fuͤhrenden lebens/ zu uͤbung ſolcher andacht ſo viel offtere gelegenheit gebe. Und weilen E. Hochfl. Durchl. dero Frauenzimmer nach dem eigen gutbefin- den anzuordnen haben werden/ ſo wird vermittels goͤttlichen ſegens deroſelben nicht ſchwehr werden/ es ſowol alſo zubeſetzen/ als auch unter denſelben dergleichen uͤ- bungen anzuſtellen/ daß ſie ſelbs in ihrem ſtand gleich als eine vorſteherin eines auserwehlten jungfraͤulichen kloſters an ihrem hoff werden und ſeyn moͤge. Wie vor dem die ſo geprieſene Pulcheria, des jungen Kaͤyſers Theodoſii ſchweſter/ es dahin gebracht/ daß der kaͤyſerliche hoff einem kloſter aͤhnlich geach- tet wurde. Welches ſo viel leichter ſeyn mag/ weil auch die wohlſeelige vorige Fuͤrſtin den ſtattlichen ruhm der gottſeligkeit getragen/ und daher/ was auch die- ſelbe ausgeſaͤet noch reiche erndte hoffen machet/ welche E. Hochfl. Durchl. ſamt demjenigen was ſie ſelbs ausſtreuet/ zugleich einerndten und ſamlen mag. Wie aber das exempel derjenigen/ welche uͤber andere zubeſehlen haben/ ſehr vieles/ andere zuerbauen oder andere auch zuverderben/ vermag/ alſo ſtehe in der guten zuverſicht/ daß E. Hochfl. Durchl. Chriſtlicher eyffer/ den ſie an ſich ſelbs und die regierung der abſonderlich ihro anbefohlenen zeigen mag/ ſolglich durch goͤtt- liche N n n n 3
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ARTIC. I. SECTIO VIII.
goͤttlichen regierung/ welche in dieſer ſache hervorleuchtet/ inbruͤnſtigen danck/
ungezweiffelt/ daß in ſolcher ſache GOtt noch ein mehrers und weiters angeſe-
hen/ als wir jetzo ſehen koͤnnen/ wiewol auch unterſchiedlicher nutzen offenbahrlich
vor augen liget: Wann ich erwege/ daß nicht allein E. Hochfuͤrſtl. Durchl.
hiedurch unterſchiedlicher nicht nur beſchwehrlicher/ ſondern auch/ obwol nicht zu
hemmung/ iedoch unterbrechung dero uͤbungen der gottſeligkeit/ gefaͤhrlicher
converſation allerdings befreyet/ ſondern in den ſtand geſetzet wird/ in wel-
chem ſie hinkuͤnfftig dasjenige/ wornach ihre ſeele biß dahin verlanget/ viel unge-
hinderter thun und uͤben moͤge. Alſo daß da ſonſten gewoͤhnlich der ledige ſtand
dieſen vortheil vor dem verheyratheten hat/ daß in jenem Gott freyer gedienet wer-
den moͤge/ gleichwol die betrachtung bißheriger unterſchiedlicher dem gefuͤhrten
ledigen ſtand angehengter beſchwehrde/ mich hoffen macht/ daß vorſtehender hey-
rath mit einem ſolchen Fuͤrſten/ deſſen lob der gottſeeligkeit ſowol ſonſten mir an-
dertwertlich bekant geweſen/ als dißmal von E. Hochfl. Durchl. ſelbs zur gnuͤge
erkant worden/ unvergleichlich mehr gelegenheit geben wird/ GOtt ungehinder-
ter zu dienen/ und ſowol ſich ſelbs als andere offters/ ja taͤglich/ zuerbauen. Es
hat der liebſte Heyland austruͤcklich ſo viel gewiſſere erhoͤrung zugeſagt/ wo zwey
oder drey in ſeinem nahmen verſamlet ſind/ wie nun ſolches von allen ſich bey-
ſammen findenden gottſeligen hertzen zuverſtehen/ alſo iſt nicht zweiffel/ daß die
zuſammenſetzende andacht zweyer von GOtt und in ſeiner ordnung zuſammen-
gegatteter Chriſtlicher perſonen dem guͤtigſten Vater im himmel ſo viel unzweif-
fentlicher gefalle und erhoͤret werde; auch der eheſtand ſelbs/ wegen genaueſt mit
einander fuͤhrenden lebens/ zu uͤbung ſolcher andacht ſo viel offtere gelegenheit
gebe. Und weilen E. Hochfl. Durchl. dero Frauenzimmer nach dem eigen gutbefin-
den anzuordnen haben werden/ ſo wird vermittels goͤttlichen ſegens deroſelben nicht
ſchwehr werden/ es ſowol alſo zubeſetzen/ als auch unter denſelben dergleichen uͤ-
bungen anzuſtellen/ daß ſie ſelbs in ihrem ſtand gleich als eine vorſteherin eines
auserwehlten jungfraͤulichen kloſters an ihrem hoff werden und ſeyn moͤge.
Wie vor dem die ſo geprieſene Pulcheria, des jungen Kaͤyſers Theodoſii
ſchweſter/ es dahin gebracht/ daß der kaͤyſerliche hoff einem kloſter aͤhnlich geach-
tet wurde. Welches ſo viel leichter ſeyn mag/ weil auch die wohlſeelige vorige
Fuͤrſtin den ſtattlichen ruhm der gottſeligkeit getragen/ und daher/ was auch die-
ſelbe ausgeſaͤet noch reiche erndte hoffen machet/ welche E. Hochfl. Durchl. ſamt
demjenigen was ſie ſelbs ausſtreuet/ zugleich einerndten und ſamlen mag. Wie
aber das exempel derjenigen/ welche uͤber andere zubeſehlen haben/ ſehr vieles/
andere zuerbauen oder andere auch zuverderben/ vermag/ alſo ſtehe in der guten
zuverſicht/ daß E. Hochfl. Durchl. Chriſtlicher eyffer/ den ſie an ſich ſelbs und
die regierung der abſonderlich ihro anbefohlenen zeigen mag/ ſolglich durch goͤtt-
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