Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
ARTIC. I. SECTIO XX.
SECTIO XX.
Summa des Christenthums/ bußfertige erkäntnüs
der sünden/ gläubige ergreiffung der seeligkeit/ und dar-
aus entstehende kindliche gehorsam.

JCh antworte zwahr meiner gewohnheit nach/ so dann aus noth
der geschäfften etwas spatt/ aber bezeuge nichts destoweniger
hertzlich/ daß mir sein neuliches schreiben sehr angenehm gewe-
sen/ als ein liebes zeugnüß sowol seines gottseeligen hertzens/
und wie er sich mit solcher gläubigen demuth in die gnade und liebe sei-
nes Heylandes gibet/ als auch absonderlich seiner gegen mich tragenden
liebe und zuneigung. Dieses freuet mich deswegen hertzlich/ weiln er be-
zeuget/ daß GOtt meinen armen und aus mir unmögenden dienst gleich-
wol auch bey ihm habe lassen zu einer geistlichen stärckung und auffmun-
terung einigmal gedeyen/ auch dafür seinem GOTT hertzlich dancket:
Nun was kan uns mehr erfreuen/ als wo uns GOTT die gnade thut/
zusehen/ daß auch umb unsert willen/ ihme von andern brüdern danck ge-
bracht werde? Jenes zeugnüß aber des guten selbs/ so der HErr in
ihm gewircket hat/ freuet mich so vielmehr/ und sage auch ich mit ihm
dem HErrn dafür demüthigen danck. Es ist freylich also/ wie er schrei-
bet/ und bestehet darinn die gantze summa des Christenthums/ daß wir
uns erstlich unserer sünden wegen rechtschaffen vor dem HErrn demüthi-
gen/ und dieser abscheulichkeit wahrhafftig erkennen/ worzu unsere prü-
fung und erforschung des gewissens/ so dann eine fleißige erwegung gött-
lichen gesetzes/ samt vorstellung der göttlichen wolthaten/ so uns unserer
undanckbarkeit überzeugen/ folglich die demuth so viel befördern/ die kräff-

tige
R r r r 3
ARTIC. I. SECTIO XX.
SECTIO XX.
Summa des Chriſtenthums/ bußfertige erkaͤntnuͤs
der ſuͤnden/ glaͤubige ergreiffung der ſeeligkeit/ und dar-
aus entſtehende kindliche gehorſam.

JCh antworte zwahr meiner gewohnheit nach/ ſo dann aus noth
der geſchaͤfften etwas ſpatt/ aber bezeuge nichts deſtoweniger
hertzlich/ daß mir ſein neuliches ſchreiben ſehr angenehm gewe-
ſen/ als ein liebes zeugnuͤß ſowol ſeines gottſeeligen hertzens/
und wie er ſich mit ſolcher glaͤubigen demuth in die gnade und liebe ſei-
nes Heylandes gibet/ als auch abſonderlich ſeiner gegen mich tragenden
liebe und zuneigung. Dieſes freuet mich deswegen hertzlich/ weiln er be-
zeuget/ daß GOtt meinen armen und aus mir unmoͤgenden dienſt gleich-
wol auch bey ihm habe laſſen zu einer geiſtlichen ſtaͤrckung und auffmun-
terung einigmal gedeyen/ auch dafuͤr ſeinem GOTT hertzlich dancket:
Nun was kan uns mehr erfreuen/ als wo uns GOTT die gnade thut/
zuſehen/ daß auch umb unſert willen/ ihme von andern bruͤdern danck ge-
bracht werde? Jenes zeugnuͤß aber des guten ſelbs/ ſo der HErr in
ihm gewircket hat/ freuet mich ſo vielmehr/ und ſage auch ich mit ihm
dem HErrn dafuͤr demuͤthigen danck. Es iſt freylich alſo/ wie er ſchrei-
bet/ und beſtehet darinn die gantze ſumma des Chriſtenthums/ daß wir
uns erſtlich unſerer ſuͤnden wegen rechtſchaffen vor dem HErrn demuͤthi-
gen/ und dieſer abſcheulichkeit wahrhafftig erkennen/ worzu unſere pruͤ-
fung und erforſchung des gewiſſens/ ſo dann eine fleißige erwegung goͤtt-
lichen geſetzes/ ſamt vorſtellung der goͤttlichen wolthaten/ ſo uns unſerer
undanckbarkeit uͤberzeugen/ folglich die demuth ſo viel befoͤrdern/ die kraͤff-

tige
R r r r 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0693" n="685"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XX.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XX.</hi><lb/>
Summa des Chri&#x017F;tenthums/ bußfertige erka&#x0364;ntnu&#x0364;s<lb/>
der &#x017F;u&#x0364;nden/ gla&#x0364;ubige ergreiffung der &#x017F;eeligkeit/ und dar-<lb/>
aus ent&#x017F;tehende kindliche gehor&#x017F;am.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch antworte zwahr meiner gewohnheit nach/ &#x017F;o dann aus noth<lb/>
der ge&#x017F;cha&#x0364;fften etwas &#x017F;patt/ aber bezeuge nichts de&#x017F;toweniger<lb/>
hertzlich/ daß mir &#x017F;ein neuliches &#x017F;chreiben &#x017F;ehr angenehm gewe-<lb/>
&#x017F;en/ als ein liebes zeugnu&#x0364;ß &#x017F;owol &#x017F;eines gott&#x017F;eeligen hertzens/<lb/>
und wie er &#x017F;ich mit &#x017F;olcher gla&#x0364;ubigen demuth in die gnade und liebe &#x017F;ei-<lb/>
nes Heylandes gibet/ als auch ab&#x017F;onderlich &#x017F;einer gegen mich tragenden<lb/>
liebe und zuneigung. Die&#x017F;es freuet mich deswegen hertzlich/ weiln er be-<lb/>
zeuget/ daß GOtt meinen armen und aus mir unmo&#x0364;genden dien&#x017F;t gleich-<lb/>
wol auch bey ihm habe la&#x017F;&#x017F;en zu einer gei&#x017F;tlichen &#x017F;ta&#x0364;rckung und auffmun-<lb/>
terung einigmal gedeyen/ auch dafu&#x0364;r &#x017F;einem <hi rendition="#g">GOTT</hi> hertzlich dancket:<lb/>
Nun was kan uns mehr erfreuen/ als wo uns <hi rendition="#g">GOTT</hi> die gnade thut/<lb/>
zu&#x017F;ehen/ daß auch umb un&#x017F;ert willen/ ihme von andern bru&#x0364;dern danck ge-<lb/>
bracht werde? Jenes zeugnu&#x0364;ß aber des guten &#x017F;elbs/ &#x017F;o der HErr in<lb/>
ihm gewircket hat/ freuet mich &#x017F;o vielmehr/ und &#x017F;age auch ich mit ihm<lb/>
dem HErrn dafu&#x0364;r demu&#x0364;thigen danck. Es i&#x017F;t freylich al&#x017F;o/ wie er &#x017F;chrei-<lb/>
bet/ und be&#x017F;tehet darinn die gantze &#x017F;umma des Chri&#x017F;tenthums/ daß wir<lb/>
uns er&#x017F;tlich un&#x017F;erer &#x017F;u&#x0364;nden wegen recht&#x017F;chaffen vor dem HErrn demu&#x0364;thi-<lb/>
gen/ und die&#x017F;er ab&#x017F;cheulichkeit wahrhafftig erkennen/ worzu un&#x017F;ere pru&#x0364;-<lb/>
fung und erfor&#x017F;chung des gewi&#x017F;&#x017F;ens/ &#x017F;o dann eine fleißige erwegung go&#x0364;tt-<lb/>
lichen ge&#x017F;etzes/ &#x017F;amt vor&#x017F;tellung der go&#x0364;ttlichen wolthaten/ &#x017F;o uns un&#x017F;erer<lb/>
undanckbarkeit u&#x0364;berzeugen/ folglich die demuth &#x017F;o viel befo&#x0364;rdern/ die kra&#x0364;ff-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r r r 3</fw><fw place="bottom" type="catch">tige</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[685/0693] ARTIC. I. SECTIO XX. SECTIO XX. Summa des Chriſtenthums/ bußfertige erkaͤntnuͤs der ſuͤnden/ glaͤubige ergreiffung der ſeeligkeit/ und dar- aus entſtehende kindliche gehorſam. JCh antworte zwahr meiner gewohnheit nach/ ſo dann aus noth der geſchaͤfften etwas ſpatt/ aber bezeuge nichts deſtoweniger hertzlich/ daß mir ſein neuliches ſchreiben ſehr angenehm gewe- ſen/ als ein liebes zeugnuͤß ſowol ſeines gottſeeligen hertzens/ und wie er ſich mit ſolcher glaͤubigen demuth in die gnade und liebe ſei- nes Heylandes gibet/ als auch abſonderlich ſeiner gegen mich tragenden liebe und zuneigung. Dieſes freuet mich deswegen hertzlich/ weiln er be- zeuget/ daß GOtt meinen armen und aus mir unmoͤgenden dienſt gleich- wol auch bey ihm habe laſſen zu einer geiſtlichen ſtaͤrckung und auffmun- terung einigmal gedeyen/ auch dafuͤr ſeinem GOTT hertzlich dancket: Nun was kan uns mehr erfreuen/ als wo uns GOTT die gnade thut/ zuſehen/ daß auch umb unſert willen/ ihme von andern bruͤdern danck ge- bracht werde? Jenes zeugnuͤß aber des guten ſelbs/ ſo der HErr in ihm gewircket hat/ freuet mich ſo vielmehr/ und ſage auch ich mit ihm dem HErrn dafuͤr demuͤthigen danck. Es iſt freylich alſo/ wie er ſchrei- bet/ und beſtehet darinn die gantze ſumma des Chriſtenthums/ daß wir uns erſtlich unſerer ſuͤnden wegen rechtſchaffen vor dem HErrn demuͤthi- gen/ und dieſer abſcheulichkeit wahrhafftig erkennen/ worzu unſere pruͤ- fung und erforſchung des gewiſſens/ ſo dann eine fleißige erwegung goͤtt- lichen geſetzes/ ſamt vorſtellung der goͤttlichen wolthaten/ ſo uns unſerer undanckbarkeit uͤberzeugen/ folglich die demuth ſo viel befoͤrdern/ die kraͤff- tige R r r r 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/693
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/693>, abgerufen am 22.11.2024.