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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECTIO XXVII.
weg des heils ihm nicht unbekant ist/ wie ich unter andern auch aus der mit-
gegebenen schrifft der darinnen stehenden gesängen und wiederholung dessen/
was er aus meinen predigten gefasset/ zur gnüge absehe/ daß es also auffs we-
nigste an der buchstäblichen erkäntnüß nicht mangelt: Jch dancke ihm auch/
daß so wol aus diesem sehe/ als auch aus allem demjenigen gesehen/ was mit
demselben amtshalben zu thun gehabt habe/ wie auch sein Geist ihn wahrhaff-
tig in seiner seele offt gerühret/ und also auch sein wort in das hertz zu bringen
sich bemühet/ davon auch vieles hineingekommen zu seyn nicht zweiffle: Jch
dancke auch seiner väterlichen langmuth/ welche/ da er eine geraume zeit gar
nicht auf der richtigen bahn gewandelt/ sondern sich ziemlich in die welt ver-
wickelt/ und auf solche wege begeben hatte/ wo er an seiner seelen hätte verder-
ben sollen/ seiner barmhertziglich geschonet/ seiner busse gewartet/ und ihn in
sünden noch nicht verlohren hat gehen lassen: Jch dancke GOTT/ welcher ihn
sonderlich vor solchem meinem abschied durch seinen Geist kräfftig gerühret/
und worinnen er gesündiget/ empfindlich erkennen hat lassen/ daraus auch sol-
che gegen mich gethane schrifftliche bekäntnüß gefolget/ welche mich nicht nur
deßwegen erfreuet/ weil ich auffs neue draus sehe/ daß der HErr seinem wor-
te in meinem munde krafft gegeben/ sondern auch um seinetwillen/ weil es mir
die hoffnung gibet/ es werde auffs neue ein guter grund einer rechtschaffenen
besserung geleget seyn. So seye vor solches alles dem himmlischen Vater
ewiger danck gesaget/ welcher zeiget/ daß er sich seiner seelen auffs kräfftigste
noch annehme. Nechst deme versichere denselben hiermit auch vor GOttes
angesicht/ daß ihm willig vergebe/ worinnen er sich gegen mir in meinem amt
versündiget/ da er einige mal auf mein erfordern nicht willig erschienen/ noch
mit demjenigen gehorsam/ wie es sich billich geziemet hätte/ die treugemeinte
erinnerung angenommen hat. Ob nun wol es mich damal geschmertzet/ nicht
um meinet willen/ deme vor sich so groß nicht daran gelegen wäre/ sondern um
seiner eigenen seele willen/ dero heil mir von hertzen angelegen ist/ so ist mir
schon genug/ daß derselbe nunmehro in sich gegangen/ und versichere also von
meiner seiten williger vergebung/ die auch GOTT nicht weniger wiederfah-
ren lassen wird. Ferner habe ich noch zu guter letzt und gleichsam zu meinem
abschied/ hiermit zu vermahnen/ und um Christi und seiner seligkeit willen fle-
hentlich zu bitten/ daß er das übrige seines lebens/ welches ich noch vieles zu
seyn gerne wünsche/ wolle so viel treulicher in der furcht GOttes und nach sei-
nen geboten zubringen: So wol in allen übrigen stücken insgesamt gegen
GOTT und den nechsten sich genau nach seinen christlichen regeln anzuschi-
cken/ hingegen mit willen nimmermehr wider dieselbe oder seines eignen ge-
wissens erinnerung zu thun/ als auch absonderlich vor allem demjenigen zu hü-
ten/ worinnen er findet/ meistens biß dahin sträfflich sich gehalten zu haben.

Ob

ARTIC. I. SECTIO XXVII.
weg des heils ihm nicht unbekant iſt/ wie ich unter andern auch aus der mit-
gegebenen ſchrifft der darinnen ſtehenden geſaͤngen und wiederholung deſſen/
was er aus meinen predigten gefaſſet/ zur gnuͤge abſehe/ daß es alſo auffs we-
nigſte an der buchſtaͤblichen erkaͤntnuͤß nicht mangelt: Jch dancke ihm auch/
daß ſo wol aus dieſem ſehe/ als auch aus allem demjenigen geſehen/ was mit
demſelben amtshalben zu thun gehabt habe/ wie auch ſein Geiſt ihn wahrhaff-
tig in ſeiner ſeele offt geruͤhret/ und alſo auch ſein wort in das hertz zu bringen
ſich bemuͤhet/ davon auch vieles hineingekommen zu ſeyn nicht zweiffle: Jch
dancke auch ſeiner vaͤterlichen langmuth/ welche/ da er eine geraume zeit gar
nicht auf der richtigen bahn gewandelt/ ſondern ſich ziemlich in die welt ver-
wickelt/ und auf ſolche wege begeben hatte/ wo er an ſeiner ſeelen haͤtte verder-
ben ſollen/ ſeiner barmhertziglich geſchonet/ ſeiner buſſe gewartet/ und ihn in
ſuͤnden noch nicht verlohren hat gehen laſſen: Jch dancke GOTT/ welcher ihn
ſonderlich vor ſolchem meinem abſchied durch ſeinen Geiſt kraͤfftig geruͤhret/
und worinnen er geſuͤndiget/ empfindlich erkennen hat laſſen/ daraus auch ſol-
che gegen mich gethane ſchrifftliche bekaͤntnuͤß gefolget/ welche mich nicht nur
deßwegen erfreuet/ weil ich auffs neue draus ſehe/ daß der HErr ſeinem wor-
te in meinem munde krafft gegeben/ ſondern auch um ſeinetwillen/ weil es mir
die hoffnung gibet/ es werde auffs neue ein guter grund einer rechtſchaffenen
beſſerung geleget ſeyn. So ſeye vor ſolches alles dem himmliſchen Vater
ewiger danck geſaget/ welcher zeiget/ daß er ſich ſeiner ſeelen auffs kraͤfftigſte
noch annehme. Nechſt deme verſichere denſelben hiermit auch vor GOttes
angeſicht/ daß ihm willig vergebe/ worinnen er ſich gegen mir in meinem amt
verſuͤndiget/ da er einige mal auf mein erfordern nicht willig erſchienen/ noch
mit demjenigen gehorſam/ wie es ſich billich geziemet haͤtte/ die treugemeinte
erinnerung angenommen hat. Ob nun wol es mich damal geſchmertzet/ nicht
um meinet willen/ deme vor ſich ſo groß nicht daran gelegen waͤre/ ſondern um
ſeiner eigenen ſeele willen/ dero heil mir von hertzen angelegen iſt/ ſo iſt mir
ſchon genug/ daß derſelbe nunmehro in ſich gegangen/ und verſichere alſo von
meiner ſeiten williger vergebung/ die auch GOTT nicht weniger wiederfah-
ren laſſen wird. Ferner habe ich noch zu guter letzt und gleichſam zu meinem
abſchied/ hiermit zu vermahnen/ und um Chriſti und ſeiner ſeligkeit willen fle-
hentlich zu bitten/ daß er das uͤbrige ſeines lebens/ welches ich noch vieles zu
ſeyn gerne wuͤnſche/ wolle ſo viel treulicher in der furcht GOttes und nach ſei-
nen geboten zubringen: So wol in allen uͤbrigen ſtuͤcken insgeſamt gegen
GOTT und den nechſten ſich genau nach ſeinen chriſtlichen regeln anzuſchi-
cken/ hingegen mit willen nimmermehr wider dieſelbe oder ſeines eignen ge-
wiſſens erinnerung zu thun/ als auch abſonderlich vor allem demjenigen zu huͤ-
ten/ worinnen er findet/ meiſtens biß dahin ſtraͤfflich ſich gehalten zu haben.

Ob
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[703/0711] ARTIC. I. SECTIO XXVII. weg des heils ihm nicht unbekant iſt/ wie ich unter andern auch aus der mit- gegebenen ſchrifft der darinnen ſtehenden geſaͤngen und wiederholung deſſen/ was er aus meinen predigten gefaſſet/ zur gnuͤge abſehe/ daß es alſo auffs we- nigſte an der buchſtaͤblichen erkaͤntnuͤß nicht mangelt: Jch dancke ihm auch/ daß ſo wol aus dieſem ſehe/ als auch aus allem demjenigen geſehen/ was mit demſelben amtshalben zu thun gehabt habe/ wie auch ſein Geiſt ihn wahrhaff- tig in ſeiner ſeele offt geruͤhret/ und alſo auch ſein wort in das hertz zu bringen ſich bemuͤhet/ davon auch vieles hineingekommen zu ſeyn nicht zweiffle: Jch dancke auch ſeiner vaͤterlichen langmuth/ welche/ da er eine geraume zeit gar nicht auf der richtigen bahn gewandelt/ ſondern ſich ziemlich in die welt ver- wickelt/ und auf ſolche wege begeben hatte/ wo er an ſeiner ſeelen haͤtte verder- ben ſollen/ ſeiner barmhertziglich geſchonet/ ſeiner buſſe gewartet/ und ihn in ſuͤnden noch nicht verlohren hat gehen laſſen: Jch dancke GOTT/ welcher ihn ſonderlich vor ſolchem meinem abſchied durch ſeinen Geiſt kraͤfftig geruͤhret/ und worinnen er geſuͤndiget/ empfindlich erkennen hat laſſen/ daraus auch ſol- che gegen mich gethane ſchrifftliche bekaͤntnuͤß gefolget/ welche mich nicht nur deßwegen erfreuet/ weil ich auffs neue draus ſehe/ daß der HErr ſeinem wor- te in meinem munde krafft gegeben/ ſondern auch um ſeinetwillen/ weil es mir die hoffnung gibet/ es werde auffs neue ein guter grund einer rechtſchaffenen beſſerung geleget ſeyn. So ſeye vor ſolches alles dem himmliſchen Vater ewiger danck geſaget/ welcher zeiget/ daß er ſich ſeiner ſeelen auffs kraͤfftigſte noch annehme. Nechſt deme verſichere denſelben hiermit auch vor GOttes angeſicht/ daß ihm willig vergebe/ worinnen er ſich gegen mir in meinem amt verſuͤndiget/ da er einige mal auf mein erfordern nicht willig erſchienen/ noch mit demjenigen gehorſam/ wie es ſich billich geziemet haͤtte/ die treugemeinte erinnerung angenommen hat. Ob nun wol es mich damal geſchmertzet/ nicht um meinet willen/ deme vor ſich ſo groß nicht daran gelegen waͤre/ ſondern um ſeiner eigenen ſeele willen/ dero heil mir von hertzen angelegen iſt/ ſo iſt mir ſchon genug/ daß derſelbe nunmehro in ſich gegangen/ und verſichere alſo von meiner ſeiten williger vergebung/ die auch GOTT nicht weniger wiederfah- ren laſſen wird. Ferner habe ich noch zu guter letzt und gleichſam zu meinem abſchied/ hiermit zu vermahnen/ und um Chriſti und ſeiner ſeligkeit willen fle- hentlich zu bitten/ daß er das uͤbrige ſeines lebens/ welches ich noch vieles zu ſeyn gerne wuͤnſche/ wolle ſo viel treulicher in der furcht GOttes und nach ſei- nen geboten zubringen: So wol in allen uͤbrigen ſtuͤcken insgeſamt gegen GOTT und den nechſten ſich genau nach ſeinen chriſtlichen regeln anzuſchi- cken/ hingegen mit willen nimmermehr wider dieſelbe oder ſeines eignen ge- wiſſens erinnerung zu thun/ als auch abſonderlich vor allem demjenigen zu huͤ- ten/ worinnen er findet/ meiſtens biß dahin ſtraͤfflich ſich gehalten zu haben. Ob

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/711>, abgerufen am 22.11.2024.