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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XIV.
von statten gienge. Wiewohl ich sorge/ GOtt werde nebens dieser vielleicht eine
gantz andere und unbeliebige vorbereitung brauchen/ und seiner kirchen eine re-
formation
gedeyen lassen/ nicht durch die hand der gewöhnlichen pfleger u. Obrig-
keiten/ sondern durch die feinde/ daß er ein gebäu/ welches sich schier kaum mehr fli-
cken lässet/ über einen hauffen werffen/ und von neuen wieder aufbauen. Wie ich
dann die itzigen conjuncturen und der Päbstischen consilia nicht wohl anders
ansehe/ als daß sie den gesamten ruin unserer kirchen vorhaben: so wolte ich auch
keinem darvor gut seyn/ ob nicht GOtt dem hochmüthigen und mächtigen Babel
zulassen werde/ sein verderbtes Jerusalem gar zu zustören/ und aufs neue das äus-
serliche desselben grossen theils unter sich zubringen/ damit es das maaß seiner sün-
den erfülle/ und also sein angetrohetes gericht ihm selbst völlig über den hals zie-
he/ hingegen damit wiederum aufs neue aufgerichtet werde/ was kaum auf eine
gelindere art hat mögen zurecht gebracht werden. Nun gerecht/ weiß/ gütig
und heilig ist der HErr/ der alle seine trohungen und verheissungen erfüllen wird/
auf eine art und weise/ die wir etwa nicht genugsam vorher sehen mögen/ aber end-
lich erkennen werden/ daß es nicht weißlicher und herrlicher hätte hinaus geführet
werden können. Jndessen lasset uns arbeiten/ was wir aus seiner gnade vermö-
gen/ gewiß daß wir entweder aus Gottes gnade und segen manches ausrichten
werden/ nach treuem anhalten/ was wir ietzo nicht möglich halten/ und darauf se-
hende die hände sincken lassen möchten: oder wo wir ja nicht bey andern ausrich-
ten/ was wir verlangen/ so werden doch die treugemeinte consilia, conatus und
fleiß bey GOtt so angenehm seyn/ als Davids einfältige intention, dem HErrn
ein hauß zubauen/ gewesen ist/ ob wohl der HERR den effect nicht folgen lassen
wolte/ als der ihn nicht darzu bestimmet hatte. Wird also keine arbeit in dem
HErren vergebens seyn/ so uns schon muthig und freudig machen kan. Dieses
sind die wenige gedancken/ so mir bey den pie cogitatis beygefallen/ und ich mich
habe erkühnen wollen/ dieselbe nach begehren freundlich und in brüderlichem ver-
trauen zu communiciren: Jm übrigen weiß ich nicht/ weil nichts dabey gemeldet
worden/ ob die intention seye/ daß solches wercklein durch öffentlichen truck auch
andern gemein gemachet werden solte. Würde sonsten auf dessen erhaltenden
bericht versuchen/ was sich damit thun und ausrichten liesse. Der HErr HErr
nehme sich selbst seiner kirche und gemeinde an/ wie er verheissen hat/ erwecke solche
leute/ welche geist/ weißheit/ muth und krafft haben/ alles dasjenige auszurichten/
wie viel er noch derselben gutes zuthun bestimmet hat: Er erhalte auch die bereits
gegebene werckzeuge seiner gnaden/ und unter denselben meinen wehrtesten bruder/
zu desselben consiliis, vorhaben und arbeit verlangten und reichen segen mit-
diglich zugeben/ ja die freude zuverleyhen/ daß er selbst noch sehen möge die früchte
und erndte seiner saat hier in dieser zeit/ über welche freude ein treuer diener Got-
tes in dieser welt schwerlich eine grössere haben oder erlangen kan. 1680. 14. Jul.

SECTIO

ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XIV.
von ſtatten gienge. Wiewohl ich ſorge/ GOtt werde nebens dieſer vielleicht eine
gantz andere und unbeliebige vorbereitung brauchen/ und ſeiner kirchen eine re-
formation
gedeyen laſſen/ nicht durch die hand der gewoͤhnlichen pfleger u. Obrig-
keiten/ ſondern durch die feinde/ daß er ein gebaͤu/ welches ſich ſchier kaum mehr fli-
cken laͤſſet/ uͤber einen hauffen werffen/ und von neuen wieder aufbauen. Wie ich
dann die itzigen conjuncturen und der Paͤbſtiſchen conſilia nicht wohl anders
anſehe/ als daß ſie den geſamten ruin unſerer kirchen vorhaben: ſo wolte ich auch
keinem darvor gut ſeyn/ ob nicht GOtt dem hochmuͤthigen und maͤchtigen Babel
zulaſſen werde/ ſein verderbtes Jeruſalem gar zu zuſtoͤren/ und aufs neue das aͤuſ-
ſerliche deſſelben groſſen theils unter ſich zubringen/ damit es das maaß ſeiner ſuͤn-
den erfuͤlle/ und alſo ſein angetrohetes gericht ihm ſelbſt voͤllig uͤber den hals zie-
he/ hingegen damit wiederum aufs neue aufgerichtet werde/ was kaum auf eine
gelindere art hat moͤgen zurecht gebracht werden. Nun gerecht/ weiß/ guͤtig
und heilig iſt der HErr/ der alle ſeine trohungen und verheiſſungen erfuͤllen wird/
auf eine art und weiſe/ die wir etwa nicht genugſam vorher ſehen moͤgen/ aber end-
lich erkennen werden/ daß es nicht weißlicher und herrlicher haͤtte hinaus gefuͤhret
werden koͤnnen. Jndeſſen laſſet uns arbeiten/ was wir aus ſeiner gnade vermoͤ-
gen/ gewiß daß wir entweder aus Gottes gnade und ſegen manches ausrichten
werden/ nach treuem anhalten/ was wir ietzo nicht moͤglich halten/ und darauf ſe-
hende die haͤnde ſincken laſſen moͤchten: oder wo wir ja nicht bey andern ausrich-
ten/ was wir verlangen/ ſo werden doch die treugemeinte conſilia, conatus und
fleiß bey GOtt ſo angenehm ſeyn/ als Davids einfaͤltige intention, dem HErrn
ein hauß zubauen/ geweſen iſt/ ob wohl der HERR den effect nicht folgen laſſen
wolte/ als der ihn nicht darzu beſtimmet hatte. Wird alſo keine arbeit in dem
HErren vergebens ſeyn/ ſo uns ſchon muthig und freudig machen kan. Dieſes
ſind die wenige gedancken/ ſo mir bey den pie cogitatis beygefallen/ und ich mich
habe erkuͤhnen wollen/ dieſelbe nach begehren freundlich und in bruͤderlichem ver-
trauen zu communiciren: Jm uͤbrigen weiß ich nicht/ weil nichts dabey gemeldet
worden/ ob die intention ſeye/ daß ſolches wercklein durch oͤffentlichen truck auch
andern gemein gemachet werden ſolte. Wuͤrde ſonſten auf deſſen erhaltenden
bericht verſuchen/ was ſich damit thun und ausrichten lieſſe. Der HErr HErr
nehme ſich ſelbſt ſeiner kirche und gemeinde an/ wie er verheiſſen hat/ erwecke ſolche
leute/ welche geiſt/ weißheit/ muth und krafft haben/ alles dasjenige auszurichten/
wie viel er noch derſelben gutes zuthun beſtimmet hat: Er erhalte auch die bereits
gegebene werckzeuge ſeiner gnaden/ und unter denſelben meinen wehrteſten bruder/
zu deſſelben conſiliis, vorhaben und arbeit verlangten und reichen ſegen mit-
diglich zugeben/ ja die freude zuverleyhen/ daß er ſelbſt noch ſehen moͤge die fruͤchte
und erndte ſeiner ſaat hier in dieſer zeit/ uͤber welche freude ein treuer diener Got-
tes in dieſer welt ſchwerlich eine groͤſſere haben oder erlangen kan. 1680. 14. Jul.

SECTIO
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[399/0417] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XIV. von ſtatten gienge. Wiewohl ich ſorge/ GOtt werde nebens dieſer vielleicht eine gantz andere und unbeliebige vorbereitung brauchen/ und ſeiner kirchen eine re- formation gedeyen laſſen/ nicht durch die hand der gewoͤhnlichen pfleger u. Obrig- keiten/ ſondern durch die feinde/ daß er ein gebaͤu/ welches ſich ſchier kaum mehr fli- cken laͤſſet/ uͤber einen hauffen werffen/ und von neuen wieder aufbauen. Wie ich dann die itzigen conjuncturen und der Paͤbſtiſchen conſilia nicht wohl anders anſehe/ als daß ſie den geſamten ruin unſerer kirchen vorhaben: ſo wolte ich auch keinem darvor gut ſeyn/ ob nicht GOtt dem hochmuͤthigen und maͤchtigen Babel zulaſſen werde/ ſein verderbtes Jeruſalem gar zu zuſtoͤren/ und aufs neue das aͤuſ- ſerliche deſſelben groſſen theils unter ſich zubringen/ damit es das maaß ſeiner ſuͤn- den erfuͤlle/ und alſo ſein angetrohetes gericht ihm ſelbſt voͤllig uͤber den hals zie- he/ hingegen damit wiederum aufs neue aufgerichtet werde/ was kaum auf eine gelindere art hat moͤgen zurecht gebracht werden. Nun gerecht/ weiß/ guͤtig und heilig iſt der HErr/ der alle ſeine trohungen und verheiſſungen erfuͤllen wird/ auf eine art und weiſe/ die wir etwa nicht genugſam vorher ſehen moͤgen/ aber end- lich erkennen werden/ daß es nicht weißlicher und herrlicher haͤtte hinaus gefuͤhret werden koͤnnen. Jndeſſen laſſet uns arbeiten/ was wir aus ſeiner gnade vermoͤ- gen/ gewiß daß wir entweder aus Gottes gnade und ſegen manches ausrichten werden/ nach treuem anhalten/ was wir ietzo nicht moͤglich halten/ und darauf ſe- hende die haͤnde ſincken laſſen moͤchten: oder wo wir ja nicht bey andern ausrich- ten/ was wir verlangen/ ſo werden doch die treugemeinte conſilia, conatus und fleiß bey GOtt ſo angenehm ſeyn/ als Davids einfaͤltige intention, dem HErrn ein hauß zubauen/ geweſen iſt/ ob wohl der HERR den effect nicht folgen laſſen wolte/ als der ihn nicht darzu beſtimmet hatte. Wird alſo keine arbeit in dem HErren vergebens ſeyn/ ſo uns ſchon muthig und freudig machen kan. Dieſes ſind die wenige gedancken/ ſo mir bey den pie cogitatis beygefallen/ und ich mich habe erkuͤhnen wollen/ dieſelbe nach begehren freundlich und in bruͤderlichem ver- trauen zu communiciren: Jm uͤbrigen weiß ich nicht/ weil nichts dabey gemeldet worden/ ob die intention ſeye/ daß ſolches wercklein durch oͤffentlichen truck auch andern gemein gemachet werden ſolte. Wuͤrde ſonſten auf deſſen erhaltenden bericht verſuchen/ was ſich damit thun und ausrichten lieſſe. Der HErr HErr nehme ſich ſelbſt ſeiner kirche und gemeinde an/ wie er verheiſſen hat/ erwecke ſolche leute/ welche geiſt/ weißheit/ muth und krafft haben/ alles dasjenige auszurichten/ wie viel er noch derſelben gutes zuthun beſtimmet hat: Er erhalte auch die bereits gegebene werckzeuge ſeiner gnaden/ und unter denſelben meinen wehrteſten bruder/ zu deſſelben conſiliis, vorhaben und arbeit verlangten und reichen ſegen mit- diglich zugeben/ ja die freude zuverleyhen/ daß er ſelbſt noch ſehen moͤge die fruͤchte und erndte ſeiner ſaat hier in dieſer zeit/ uͤber welche freude ein treuer diener Got- tes in dieſer welt ſchwerlich eine groͤſſere haben oder erlangen kan. 1680. 14. Jul. SECTIO

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/417>, abgerufen am 22.11.2024.