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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
ziehenden gefahr. Die materie von der ehscheidung ist excoliret zu werden so
viel würdiger/ weil noch erst vor anderthalb jahren der vermummte Daphneus
Arcuarius
dergleichen dinge wiederum auf das tapet gebracht/ welche die warheit
zu verdunckeln trachten/ dem in etwas/ was seiner Theologischen gedancken ret-
tung anlanget L. Slutor nechsthin geantwortet oder antworten hat lassen. Mich
deucht/ der teuffel fange in diesem unseren halben seculo fast mehr als vormahls
diesem articul des ehstands und dessen heilige einsetzungen an anzugreiffen/ damit er
alles in eine ungezähmte licenz bringen und die göttliche bande zerreissen möge.
Der HERR trete ihn unter unsere füsse in kurtzen. Jch komme nun auf den
dritten und letzten brieff. Die Chursächsische hoff-praedicatur belangend/ ist mir
solche niemahl angetragen worden/ obs wol nicht ohne ist/ daß neben 3. Sächsischen
Theologis/ als D. Lucio, D. Pfeiffero und D. Carpzovio, Herr Scriverius
und ich im vorschlag sollen gebracht worden seyn: Es bliebe aber so bald/ wie mans
billich dencken mögen/ bey dem ersten/ als der ohne das des selig verstorbenen D.
Geyers in Consistorio Collega gewesen/ und also die grösseste erfahrung hatte.
GOTT erfülle ihn mit zweyfachern Geistes maaß und mit hundertfältigen segen.
Solte von mir mit ernst gehandelt worden seyn/ leugne ich nicht/ daß die betrach-
tung oder anscheinungen der hofnung von vielem guten hätte mögen einen starcken
kampff verursachen/ aber die erkäntnüß der eigenen schwachheit die keiner an mir
so erkennen kan/ als ich sie selbstfühle und erfahre/ hätte mich nothwendig müssen
zurück treiben/ und mich dessen erinneren was dorten bey Jeremia stehet XII. 5.
Nun auf das communicirte MS. zu kommen/ so habe dasselbe mit guten vergnü-
gen gelesen und andern etzlichen wenigen guten freunden in geheim communici-
ret/ liebe des autoris hertzliches wohlmeinen und Christlichen so fleiß und eyf-
fer/ was aber die publication anlangt/ so stehe fast an/ ob es rathsam seye; Die
vornehmste rationes setze ich hier bey nicht propriis sondern alienis verbis, wie
ein guter und verständiger freund/ so ein grosses theil Teutschlandes bey etzlichen
jahren durchreiset hat/ deßwegen die beschaffenheit der gemüther hin und wieder
wol kennet/ folglich von solchen sachen gründlich zu urtheilen vermag/ sein judi-
cium
uber dasselbe mir zugesand hat. Da zu ich noch ferner setze/ weil dem guten
freund/ daß er nicht verrathen werde/ gleichsam seine zeitliche fortun darauf stehet
daß weil der nahme der Pietisten fast nirgend in Teutschland als bey ihnen droben
in solcher revier gebräuchlich/ der verdacht erstlich den ort/ nachmahl leicht den au-
torem
selbst treffen und finden würde. Welcher ursach wegen ich annoch mit
publication des werckleins zurück gehalten/ und ferner zu erfahen verlangt/
was etwa auf diese momenta ihre jetzige gedancken seyn möchten; Solte also auch
ihnen belieben/ daß es nicht an das offentliche tages liecht komme/ so wolte es doch
noch weiter hin und wieder guten freunden herum schicken/ daß es unter denselben
bekant würde. Die sache selbst belangend/ habe nichts darinnen zu desideriren,

ohne

Das ſechſte Capitel.
ziehenden gefahr. Die materie von der ehſcheidung iſt excoliret zu werden ſo
viel wuͤrdiger/ weil noch erſt vor anderthalb jahren der vermummte Daphneus
Arcuarius
dergleichen dinge wiederum auf das tapet gebracht/ welche die warheit
zu verdunckeln trachten/ dem in etwas/ was ſeiner Theologiſchen gedancken ret-
tung anlanget L. Slutor nechſthin geantwortet oder antworten hat laſſen. Mich
deucht/ der teuffel fange in dieſem unſeren halben ſeculo faſt mehr als vormahls
dieſem articul des ehſtands und deſſen heilige einſetzungen an anzugreiffen/ damit er
alles in eine ungezaͤhmte licenz bringen und die goͤttliche bande zerreiſſen moͤge.
Der HERR trete ihn unter unſere fuͤſſe in kurtzen. Jch komme nun auf den
dritten und letzten brieff. Die Churſaͤchſiſche hoff-prædicatur belangend/ iſt mir
ſolche niemahl angetragen worden/ obs wol nicht ohne iſt/ daß neben 3. Saͤchſiſchen
Theologis/ als D. Lucio, D. Pfeiffero und D. Carpzovio, Herr Scriverius
und ich im vorſchlag ſollen gebracht worden ſeyn: Es bliebe aber ſo bald/ wie mans
billich dencken moͤgen/ bey dem erſten/ als der ohne das des ſelig verſtorbenen D.
Geyers in Conſiſtorio Collega geweſen/ und alſo die groͤſſeſte erfahrung hatte.
GOTT erfuͤlle ihn mit zweyfachern Geiſtes maaß und mit hundertfaͤltigen ſegen.
Solte von mir mit ernſt gehandelt worden ſeyn/ leugne ich nicht/ daß die betrach-
tung oder anſcheinungen der hofnung von vielem guten haͤtte moͤgen einen ſtarcken
kampff verurſachen/ aber die erkaͤntnuͤß der eigenen ſchwachheit die keiner an mir
ſo erkennen kan/ als ich ſie ſelbſtfuͤhle und erfahre/ haͤtte mich nothwendig muͤſſen
zuruͤck treiben/ und mich deſſen erinneren was dorten bey Jeremia ſtehet XII. 5.
Nun auf das communicirte MS. zu kommen/ ſo habe daſſelbe mit guten vergnuͤ-
gen geleſen und andern etzlichen wenigen guten freunden in geheim communici-
ret/ liebe des autoris hertzliches wohlmeinen und Chriſtlichen ſo fleiß und eyf-
fer/ was aber die publication anlangt/ ſo ſtehe faſt an/ ob es rathſam ſeye; Die
vornehmſte rationes ſetze ich hier bey nicht propriis ſondern alienis verbis, wie
ein guter und verſtaͤndiger freund/ ſo ein groſſes theil Teutſchlandes bey etzlichen
jahren durchreiſet hat/ deßwegen die beſchaffenheit der gemuͤther hin und wieder
wol kennet/ folglich von ſolchen ſachen gruͤndlich zu urtheilen vermag/ ſein judi-
cium
uber daſſelbe mir zugeſand hat. Da zu ich noch ferner ſetze/ weil dem guten
freund/ daß er nicht verrathen werde/ gleichſam ſeine zeitliche fortun darauf ſtehet
daß weil der nahme der Pietiſten faſt nirgend in Teutſchland als bey ihnen droben
in ſolcher revier gebraͤuchlich/ der verďacht erſtlich den ort/ nachmahl leicht den au-
torem
ſelbſt treffen und finden wuͤrde. Welcher urſach wegen ich annoch mit
publication des werckleins zuruͤck gehalten/ und ferner zu erfahen verlangt/
was etwa auf dieſe momenta ihre jetzige gedancken ſeyn moͤchten; Solte alſo auch
ihnen belieben/ daß es nicht an das offentliche tages liecht komme/ ſo wolte es doch
noch weiter hin und wieder guten freunden herum ſchicken/ daß es unter denſelben
bekant wuͤrde. Die ſache ſelbſt belangend/ habe nichts darinnen zu deſideriren,

ohne
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[434/0452] Das ſechſte Capitel. ziehenden gefahr. Die materie von der ehſcheidung iſt excoliret zu werden ſo viel wuͤrdiger/ weil noch erſt vor anderthalb jahren der vermummte Daphneus Arcuarius dergleichen dinge wiederum auf das tapet gebracht/ welche die warheit zu verdunckeln trachten/ dem in etwas/ was ſeiner Theologiſchen gedancken ret- tung anlanget L. Slutor nechſthin geantwortet oder antworten hat laſſen. Mich deucht/ der teuffel fange in dieſem unſeren halben ſeculo faſt mehr als vormahls dieſem articul des ehſtands und deſſen heilige einſetzungen an anzugreiffen/ damit er alles in eine ungezaͤhmte licenz bringen und die goͤttliche bande zerreiſſen moͤge. Der HERR trete ihn unter unſere fuͤſſe in kurtzen. Jch komme nun auf den dritten und letzten brieff. Die Churſaͤchſiſche hoff-prædicatur belangend/ iſt mir ſolche niemahl angetragen worden/ obs wol nicht ohne iſt/ daß neben 3. Saͤchſiſchen Theologis/ als D. Lucio, D. Pfeiffero und D. Carpzovio, Herr Scriverius und ich im vorſchlag ſollen gebracht worden ſeyn: Es bliebe aber ſo bald/ wie mans billich dencken moͤgen/ bey dem erſten/ als der ohne das des ſelig verſtorbenen D. Geyers in Conſiſtorio Collega geweſen/ und alſo die groͤſſeſte erfahrung hatte. GOTT erfuͤlle ihn mit zweyfachern Geiſtes maaß und mit hundertfaͤltigen ſegen. Solte von mir mit ernſt gehandelt worden ſeyn/ leugne ich nicht/ daß die betrach- tung oder anſcheinungen der hofnung von vielem guten haͤtte moͤgen einen ſtarcken kampff verurſachen/ aber die erkaͤntnuͤß der eigenen ſchwachheit die keiner an mir ſo erkennen kan/ als ich ſie ſelbſtfuͤhle und erfahre/ haͤtte mich nothwendig muͤſſen zuruͤck treiben/ und mich deſſen erinneren was dorten bey Jeremia ſtehet XII. 5. Nun auf das communicirte MS. zu kommen/ ſo habe daſſelbe mit guten vergnuͤ- gen geleſen und andern etzlichen wenigen guten freunden in geheim communici- ret/ liebe des autoris hertzliches wohlmeinen und Chriſtlichen ſo fleiß und eyf- fer/ was aber die publication anlangt/ ſo ſtehe faſt an/ ob es rathſam ſeye; Die vornehmſte rationes ſetze ich hier bey nicht propriis ſondern alienis verbis, wie ein guter und verſtaͤndiger freund/ ſo ein groſſes theil Teutſchlandes bey etzlichen jahren durchreiſet hat/ deßwegen die beſchaffenheit der gemuͤther hin und wieder wol kennet/ folglich von ſolchen ſachen gruͤndlich zu urtheilen vermag/ ſein judi- cium uber daſſelbe mir zugeſand hat. Da zu ich noch ferner ſetze/ weil dem guten freund/ daß er nicht verrathen werde/ gleichſam ſeine zeitliche fortun darauf ſtehet daß weil der nahme der Pietiſten faſt nirgend in Teutſchland als bey ihnen droben in ſolcher revier gebraͤuchlich/ der verďacht erſtlich den ort/ nachmahl leicht den au- torem ſelbſt treffen und finden wuͤrde. Welcher urſach wegen ich annoch mit publication des werckleins zuruͤck gehalten/ und ferner zu erfahen verlangt/ was etwa auf dieſe momenta ihre jetzige gedancken ſeyn moͤchten; Solte alſo auch ihnen belieben/ daß es nicht an das offentliche tages liecht komme/ ſo wolte es doch noch weiter hin und wieder guten freunden herum ſchicken/ daß es unter denſelben bekant wuͤrde. Die ſache ſelbſt belangend/ habe nichts darinnen zu deſideriren, ohne

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/452>, abgerufen am 25.11.2024.