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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
ben der arbeit offters mir obligen/ dieses mir eine der vornehmsten ergötzlichkeiten
ist/ daß durch eine sich weit erbreitende correspondenz fast wochentlich und mo-
natlich noch einige mögen an fremden orten kunt werden/ von welchen ich entwe-
der durch ihr eigen zuschreiben oder durch anderer zeugnüß erfahre/ was GOTT
gutes in sie geleget habe/ sonderlich aber was die jenige anlangt/ so meines amts
sind/ daß dergleichen mehrere kennen lerne/ die sich treue diener JEsu CHristi dar-
zu stellen beflissen sind: woraus ich abnehme/ daß der HERR noch nicht sein an-
gesicht von uns gewendet habe/ sondern durch seine treue werckzeuge noch einiges
heyl seiner kirchen wiederfahren zu lassen mag bestimmet haben: von dero treuen
rath und mit hand-anlegung als nicht weniger auch andächtigem gebet/ ich auch
hoffen kan/ daß noch mehr gutes zugewarten seye; welches ja die einige hoffnung
und vergnügung unseres lebens seyn mag/ ausser dero sonsten daß übrige ansehen
deß in dem gegentheil hinwiederum an allen orten überhandnehmenden verderbens
meine seele fast gar niderschlagen solte. Also freue ich mich darüber hertzlich/ daß
auch in diesen stücken mein außerwehlte freundin mit mir eines sinnes ist/ und über die
kundschafft mit Herr N. N. und seiner liebsten/ wegen der an ihnen verspüreten göttli-
chen gnade/ ihre hertzliche vergnügung bezeuget. Wie dann dieses rechte materi-
en sind/ der freude würdig/ alß die biß in die ewigkeit sich erstrecken/ da hingegen
die übrige meiste dinge/ die sonsten den menschen freude machen/ mit der zeit verge-
hen/ und also die freude davon nicht durchdringender seyn kan. GOtt lasse auch
die theure Fürstin in seiner himmlischen huld und hut allezeit bleiben/ und erfreue
sie an allen dem/ was ihr hertz verlangen kan/ sonderlich an völliger erfüllung des
so viele jahr schmertzlich gebet denen/ welche sich nun anfängt zu zeigen. Daß im
übrigen es hart und nicht ohne schmertzen abgehe/ laßt uns nicht wundern. Die
selige geburt hat ihre wehen/ und so lang sie gleichsam verschoben worden/ so viel
empfindlicher sind diese. So ist der trost nicht allemahl der jenige/ daß uns zu je-
derzeit nutz ist/ sondern zu weilen wircket die bange trostloßigkeit mehrers und be-
ständigeres gutes. Ja es ist so zuweilen nicht nutzlich/ vor der zeit entweder den
trost allzubegierig zu verlangen/ noch sich zu viel darnach zu bestreben/ wie man ihn
ins hertz bringe: sondern es müssen zuweilen die hertzen erst durch eine lang anhal-
tende angst zu den wahren trost recht geschickt gemacht werden/ bey denen der trost
vor der zeit etwa mehr hinderlich wäre. Jch werde nicht vergessen/ auch dieses geist-
liche anligen der göttlichen weißheit und gütigkeit in meiner einfalt vorzutragen:
welche nach den finstern werck das gnaden liecht wieder blicken und offenbahr
scheinen lasse. So der HERR gewißlich wird geschehen lassen/ wo nur seine gna-
de lauterlich gesuchet/ und die liebe der welt nicht auffs neue erwehlet wird. 30. Aug.
1681.

SECT.

Das ſechſte Capitel.
ben der arbeit offters mir obligen/ dieſes mir eine der vornehmſten ergoͤtzlichkeiten
iſt/ daß durch eine ſich weit erbreitende correſpondenz faſt wochentlich und mo-
natlich noch einige moͤgen an fremden orten kunt werden/ von welchen ich entwe-
der durch ihr eigen zuſchreiben oder durch anderer zeugnuͤß erfahre/ was GOTT
gutes in ſie geleget habe/ ſonderlich aber was die jenige anlangt/ ſo meines amts
ſind/ daß dergleichen mehrere kennen lerne/ die ſich treue diener JEſu CHriſti dar-
zu ſtellen befliſſen ſind: woraus ich abnehme/ daß der HERR noch nicht ſein an-
geſicht von uns gewendet habe/ ſondern durch ſeine treue werckzeuge noch einiges
heyl ſeiner kirchen wiederfahren zu laſſen mag beſtimmet haben: von dero treuen
rath und mit hand-anlegung als nicht weniger auch andaͤchtigem gebet/ ich auch
hoffen kan/ daß noch mehr gutes zugewarten ſeye; welches ja die einige hoffnung
und vergnuͤgung unſeres lebens ſeyn mag/ auſſer dero ſonſten daß uͤbrige anſehen
deß in dem gegentheil hinwiederum an allen orten uͤberhandnehmenden verderbens
meine ſeele faſt gar niderſchlagen ſolte. Alſo freue ich mich daruͤber hertzlich/ daß
auch in dieſen ſtuͤcken mein außerwehlte freundin mit mir eines ſiñes iſt/ und uͤber die
kundſchafft mit Heꝛr N. N. uñ ſeiner liebſten/ wegen der an ihnen verſpuͤreten goͤttli-
chen gnade/ ihre hertzliche vergnuͤgung bezeuget. Wie dann dieſes rechte materi-
en ſind/ der freude wuͤrdig/ alß die biß in die ewigkeit ſich erſtrecken/ da hingegen
die uͤbrige meiſte dinge/ die ſonſten den menſchen freude machen/ mit der zeit verge-
hen/ und alſo die freude davon nicht durchdringender ſeyn kan. GOtt laſſe auch
die theure Fuͤrſtin in ſeiner himmliſchen huld und hut allezeit bleiben/ und erfreue
ſie an allen dem/ was ihr hertz verlangen kan/ ſonderlich an voͤlliger erfuͤllung des
ſo viele jahr ſchmertzlich gebet denen/ welche ſich nun anfaͤngt zu zeigen. Daß im
uͤbrigen es hart und nicht ohne ſchmertzen abgehe/ laßt uns nicht wundern. Die
ſelige geburt hat ihre wehen/ und ſo lang ſie gleichſam verſchoben worden/ ſo viel
empfindlicher ſind dieſe. So iſt der troſt nicht allemahl der jenige/ daß uns zu je-
derzeit nutz iſt/ ſondern zu weilen wircket die bange troſtloßigkeit mehrers und be-
ſtaͤndigeres gutes. Ja es iſt ſo zuweilen nicht nutzlich/ vor der zeit entweder den
troſt allzubegierig zu verlangen/ noch ſich zu viel darnach zu beſtreben/ wie man ihn
ins hertz bringe: ſondern es muͤſſen zuweilen die hertzen erſt durch eine lang anhal-
tende angſt zu den wahren troſt recht geſchickt gemacht werden/ bey denen der troſt
vor der zeit etwa mehr hinderlich waͤre. Jch werde nicht vergeſſen/ auch dieſes geiſt-
liche anligen der goͤttlichen weißheit und guͤtigkeit in meiner einfalt vorzutragen:
welche nach den finſtern werck das gnaden liecht wieder blicken und offenbahr
ſcheinen laſſe. So der HERR gewißlich wird geſchehen laſſen/ wo nur ſeine gna-
de lauterlich geſuchet/ und die liebe der welt nicht auffs neue erwehlet wird. 30. Aug.
1681.

SECT.
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[476/0494] Das ſechſte Capitel. ben der arbeit offters mir obligen/ dieſes mir eine der vornehmſten ergoͤtzlichkeiten iſt/ daß durch eine ſich weit erbreitende correſpondenz faſt wochentlich und mo- natlich noch einige moͤgen an fremden orten kunt werden/ von welchen ich entwe- der durch ihr eigen zuſchreiben oder durch anderer zeugnuͤß erfahre/ was GOTT gutes in ſie geleget habe/ ſonderlich aber was die jenige anlangt/ ſo meines amts ſind/ daß dergleichen mehrere kennen lerne/ die ſich treue diener JEſu CHriſti dar- zu ſtellen befliſſen ſind: woraus ich abnehme/ daß der HERR noch nicht ſein an- geſicht von uns gewendet habe/ ſondern durch ſeine treue werckzeuge noch einiges heyl ſeiner kirchen wiederfahren zu laſſen mag beſtimmet haben: von dero treuen rath und mit hand-anlegung als nicht weniger auch andaͤchtigem gebet/ ich auch hoffen kan/ daß noch mehr gutes zugewarten ſeye; welches ja die einige hoffnung und vergnuͤgung unſeres lebens ſeyn mag/ auſſer dero ſonſten daß uͤbrige anſehen deß in dem gegentheil hinwiederum an allen orten uͤberhandnehmenden verderbens meine ſeele faſt gar niderſchlagen ſolte. Alſo freue ich mich daruͤber hertzlich/ daß auch in dieſen ſtuͤcken mein außerwehlte freundin mit mir eines ſiñes iſt/ und uͤber die kundſchafft mit Heꝛr N. N. uñ ſeiner liebſten/ wegen der an ihnen verſpuͤreten goͤttli- chen gnade/ ihre hertzliche vergnuͤgung bezeuget. Wie dann dieſes rechte materi- en ſind/ der freude wuͤrdig/ alß die biß in die ewigkeit ſich erſtrecken/ da hingegen die uͤbrige meiſte dinge/ die ſonſten den menſchen freude machen/ mit der zeit verge- hen/ und alſo die freude davon nicht durchdringender ſeyn kan. GOtt laſſe auch die theure Fuͤrſtin in ſeiner himmliſchen huld und hut allezeit bleiben/ und erfreue ſie an allen dem/ was ihr hertz verlangen kan/ ſonderlich an voͤlliger erfuͤllung des ſo viele jahr ſchmertzlich gebet denen/ welche ſich nun anfaͤngt zu zeigen. Daß im uͤbrigen es hart und nicht ohne ſchmertzen abgehe/ laßt uns nicht wundern. Die ſelige geburt hat ihre wehen/ und ſo lang ſie gleichſam verſchoben worden/ ſo viel empfindlicher ſind dieſe. So iſt der troſt nicht allemahl der jenige/ daß uns zu je- derzeit nutz iſt/ ſondern zu weilen wircket die bange troſtloßigkeit mehrers und be- ſtaͤndigeres gutes. Ja es iſt ſo zuweilen nicht nutzlich/ vor der zeit entweder den troſt allzubegierig zu verlangen/ noch ſich zu viel darnach zu beſtreben/ wie man ihn ins hertz bringe: ſondern es muͤſſen zuweilen die hertzen erſt durch eine lang anhal- tende angſt zu den wahren troſt recht geſchickt gemacht werden/ bey denen der troſt vor der zeit etwa mehr hinderlich waͤre. Jch werde nicht vergeſſen/ auch dieſes geiſt- liche anligen der goͤttlichen weißheit und guͤtigkeit in meiner einfalt vorzutragen: welche nach den finſtern werck das gnaden liecht wieder blicken und offenbahr ſcheinen laſſe. So der HERR gewißlich wird geſchehen laſſen/ wo nur ſeine gna- de lauterlich geſuchet/ und die liebe der welt nicht auffs neue erwehlet wird. 30. Aug. 1681. SECT.

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/494>, abgerufen am 23.11.2024.