Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. P. 14. So gut wird nicht eben einem jeden/ und muß man daGOttes weißheit und unerforschliche gerechtigkeit walten lassen. p. 396. Ob darnach unter etlich tausenden möchten ein paar gefun- den werden/ die GOtt aus geheimen unbegreifflichen rath noch erst am ende mit rechter busse und glauben beschenckte/ daß benimt drum der ordentlichen allgemeinen regul gantz nichts. Man kan auch die leuthe nicht darauf weisen/ und sie solcher gnade GOTTes ver- sichern. Und Einschärff. p. 28. je länger man GOTT verachtet/ desto mehr vortheil wächset dem Satan zu/ aus dessen Stricken hernach zuentkommen/ bedarff einer sonderbahren gnade GOttes/ über die allgemeine/ da nun aber nicht verheisung vorhanden. Welches alles zwar nicht dahin zuverstehen ist/ ob wäre es eine andere gnade an sich selbs/ durch welche solche leuthe selig würden gegen andern. Denn es ist eine gnade/ dadurch alle selig werden müssen/ welche sich gründet auff die allge- meine barmhertzigkeit des Vaters/ Christi allgemein verdienst/ des heiligen Geistes allgemeine beruffung/ und der göttlichen mittel krafft. Aber die wiederholung o- der offtere anerbietung der vorhin verstossenen gnade ist etwas sonderliches/ in dem es nicht allen wieder fähret; Deßwegen kan ich einen boßhafftigen sünder aus ansehung der allgemeinen verheissungen dessen nicht versichern/ daß er am letzten ende werde busse thun. Da hab ich keine verheissung/ welche ich ihm zeigen kan. Aber da er am letzten ende göttlicher gnade begierig ist/ darff ich ihn auf keine son- derbahre und ungewisse gnade/ sondern die allgemeine verheissungen/ darunter er auch begriffen ist/ weisen: Aber eben solche begierde/ und daß er noch nicht versto- cket/ keine gnade nicht sucht/ das ist bereits eine sonderbahre gnade/ weil sie nicht allen/ ja vielmehr wenigen/ wiederfähret. Zu dieser materie aber gehöret auch die jenige formul, praef. p. 8. welche wir/ wie sie vor augen ligt/ zu hart und ei- ner änderung nöthig zu haben achten: Wo es solte zuverstehen seyn von dem ungehorsam gegen die gebot Christi/ da kan sich der sterbende ordentlicher weise nicht so beruffen auf Christi verdienst. Denn obs wol nicht ordentli- cher weise und gewöhnlich geschicht/ daß solche leute zur busse erleuchtet werden (daher er ordentlicher weise bey verharrenden seinen sünden/ daß er gleichwol der- maleins werde des verdiensts Christi theilhafftig werden/ ihm nicht versprechen kan) So kan doch der jenige/ der nunmehr um solche zeit sich auff Christi verdienst be- ruffet/ ordentlicher weise sich dessen getrösten/ daß es an ihm so wol als eini- gen andern kräfftig seyn werde/ vorausgesetzt/ daß sein hertz/ wie bey allen/ die da gläuben sollen/ erfordert wird/ in wahrer busse stehe. So bedörffen auch die folgende wort: Dann Christus hat uns zwar mit seinem verdienst erlöset von
Das ſechſte Capitel. P. 14. So gut wird nicht eben einem jeden/ und muß man daGOttes weißheit und unerforſchliche gerechtigkeit walten laſſen. p. 396. Ob darnach unter etlich tauſenden moͤchten ein paar gefun- den werden/ die GOtt aus geheimen unbegreifflichen rath noch erſt am ende mit rechter buſſe und glauben beſchenckte/ daß benimt drum der ordentlichen allgemeinen regul gantz nichts. Man kan auch die leuthe nicht darauf weiſen/ und ſie ſolcher gnade GOTTes ver- ſichern. Und Einſchaͤrff. p. 28. je laͤnger man GOTT verachtet/ deſto mehr vortheil waͤchſet dem Satan zu/ aus deſſen Stricken hernach zuentkommen/ bedarff einer ſonderbahren gnade GOttes/ uͤber die allgemeine/ da nun aber nicht verheiſung vorhanden. Welches alles zwar nicht dahin zuverſtehen iſt/ ob waͤre es eine andere gnade an ſich ſelbs/ durch welche ſolche leuthe ſelig wuͤrden gegen andern. Denn es iſt eine gnade/ dadurch alle ſelig werden muͤſſen/ welche ſich gruͤndet auff die allge- meine barmhertzigkeit des Vaters/ Chriſti allgemein verdienſt/ des heiligen Geiſtes allgemeine beruffung/ und der goͤttlichen mittel krafft. Aber die wiederholung o- der offtere anerbietung der vorhin verſtoſſenen gnade iſt etwas ſonderliches/ in dem es nicht allen wieder faͤhret; Deßwegen kan ich einen boßhafftigen ſuͤnder aus anſehung der allgemeinen verheiſſungen deſſen nicht verſichern/ daß er am letzten ende werde buſſe thun. Da hab ich keine verheiſſung/ welche ich ihm zeigen kan. Aber da er am letzten ende goͤttlicher gnade begierig iſt/ darff ich ihn auf keine ſon- derbahre und ungewiſſe gnade/ ſondern die allgemeine verheiſſungen/ darunter er auch begriffen iſt/ weiſen: Aber eben ſolche begierde/ und daß er noch nicht verſto- cket/ keine gnade nicht ſucht/ das iſt bereits eine ſonderbahre gnade/ weil ſie nicht allen/ ja vielmehr wenigen/ wiederfaͤhret. Zu dieſer materie aber gehoͤret auch die jenige formul, præf. p. 8. welche wir/ wie ſie vor augen ligt/ zu hart und ei- ner aͤnderung noͤthig zu haben achten: Wo es ſolte zuverſtehen ſeyn von dem ungehorſam gegen die gebot Chriſti/ da kan ſich der ſterbende ordentlicher weiſe nicht ſo beruffen auf Chriſti verdienſt. Denn obs wol nicht ordentli- cher weiſe und gewoͤhnlich geſchicht/ daß ſolche leute zur buſſe erleuchtet werden (daher er ordentlicher weiſe bey verharrenden ſeinen ſuͤnden/ daß er gleichwol der- maleins werde des verdienſts Chriſti theilhafftig werdẽ/ ihm nicht verſprechen kan) So kan doch der jenige/ der nunmehr um ſolche zeit ſich auff Chriſti verdienſt be- ruffet/ ordentlicher weiſe ſich deſſen getroͤſten/ daß es an ihm ſo wol als eini- gen andern kraͤfftig ſeyn werde/ vorausgeſetzt/ daß ſein hertz/ wie bey allen/ die da glaͤuben ſollen/ erfordert wird/ in wahrer buſſe ſtehe. So bedoͤrffen auch die folgende wort: Dann Chriſtus hat uns zwar mit ſeinem verdienſt erloͤſet von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0052" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das ſechſte Capitel.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">P. 14.</hi><hi rendition="#fr">So gut wird nicht eben einem jeden/ und muß man da<lb/> GOttes weißheit und unerforſchliche gerechtigkeit walten laſſen.</hi><lb/><hi rendition="#aq">p. 396.</hi><hi rendition="#fr">Ob darnach unter etlich tauſenden moͤchten ein paar gefun-<lb/> den werden/ die GOtt aus geheimen unbegreifflichen rath noch erſt<lb/> am ende mit rechter buſſe und glauben beſchenckte/ daß benimt drum<lb/> der ordentlichen allgemeinen regul gantz nichts. Man kan auch<lb/> die leuthe nicht darauf weiſen/ und ſie ſolcher gnade GOTTes ver-<lb/> ſichern. Und Einſchaͤrff.</hi><hi rendition="#aq">p. 28.</hi><hi rendition="#fr">je laͤnger man GOTT verachtet/<lb/> deſto mehr vortheil waͤchſet dem Satan zu/ aus deſſen Stricken<lb/> hernach zuentkommen/ bedarff einer ſonderbahren gnade GOttes/<lb/> uͤber die allgemeine/ da nun aber nicht verheiſung vorhanden.</hi><lb/> Welches alles zwar nicht dahin zuverſtehen iſt/ ob waͤre es eine andere gnade an<lb/> ſich ſelbs/ durch welche ſolche leuthe ſelig wuͤrden gegen andern. Denn es iſt<lb/> eine gnade/ dadurch alle ſelig werden muͤſſen/ welche ſich gruͤndet auff die allge-<lb/> meine barmhertzigkeit des Vaters/ Chriſti allgemein verdienſt/ des heiligen Geiſtes<lb/> allgemeine beruffung/ und der goͤttlichen mittel krafft. Aber die wiederholung o-<lb/> der offtere anerbietung der vorhin verſtoſſenen gnade iſt etwas ſonderliches/ in<lb/> dem es nicht allen wieder faͤhret; Deßwegen kan ich einen boßhafftigen ſuͤnder aus<lb/> anſehung der allgemeinen verheiſſungen deſſen nicht verſichern/ daß er am letzten<lb/> ende werde buſſe thun. Da hab ich keine verheiſſung/ welche ich ihm zeigen kan.<lb/> Aber da er am letzten ende goͤttlicher gnade begierig iſt/ darff ich ihn auf keine ſon-<lb/> derbahre und ungewiſſe gnade/ ſondern die allgemeine verheiſſungen/ darunter er<lb/> auch begriffen iſt/ weiſen: Aber eben ſolche begierde/ und daß er noch nicht verſto-<lb/> cket/ keine gnade nicht ſucht/ das iſt bereits eine ſonderbahre gnade/ weil ſie nicht<lb/> allen/ ja vielmehr wenigen/ wiederfaͤhret. Zu dieſer <hi rendition="#aq">materi</hi>e aber gehoͤret auch<lb/> die jenige <hi rendition="#aq">formul, præf. p. 8.</hi> welche wir/ wie ſie vor augen ligt/ zu hart und ei-<lb/> ner aͤnderung noͤthig zu haben achten: <hi rendition="#fr">Wo es ſolte zuverſtehen ſeyn von dem<lb/> ungehorſam gegen die gebot Chriſti/ da kan ſich der ſterbende ordentlicher<lb/> weiſe nicht ſo beruffen auf Chriſti verdienſt.</hi> Denn obs wol nicht ordentli-<lb/> cher weiſe und gewoͤhnlich geſchicht/ daß ſolche leute zur buſſe erleuchtet werden<lb/> (daher er ordentlicher weiſe bey verharrenden ſeinen ſuͤnden/ daß er gleichwol der-<lb/> maleins werde des verdienſts Chriſti theilhafftig werdẽ/ ihm nicht verſprechen kan)<lb/> So kan doch der jenige/ der nunmehr um ſolche zeit ſich auff Chriſti verdienſt be-<lb/> ruffet/ ordentlicher weiſe ſich deſſen getroͤſten/ daß es an ihm ſo wol als eini-<lb/> gen andern kraͤfftig ſeyn werde/ vorausgeſetzt/ daß ſein hertz/ wie bey allen/ die da<lb/> glaͤuben ſollen/ erfordert wird/ in wahrer buſſe ſtehe. So bedoͤrffen auch die<lb/> folgende wort: <hi rendition="#fr">Dann Chriſtus hat uns zwar mit ſeinem verdienſt erloͤſet</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">von</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0052]
Das ſechſte Capitel.
P. 14. So gut wird nicht eben einem jeden/ und muß man da
GOttes weißheit und unerforſchliche gerechtigkeit walten laſſen.
p. 396. Ob darnach unter etlich tauſenden moͤchten ein paar gefun-
den werden/ die GOtt aus geheimen unbegreifflichen rath noch erſt
am ende mit rechter buſſe und glauben beſchenckte/ daß benimt drum
der ordentlichen allgemeinen regul gantz nichts. Man kan auch
die leuthe nicht darauf weiſen/ und ſie ſolcher gnade GOTTes ver-
ſichern. Und Einſchaͤrff. p. 28. je laͤnger man GOTT verachtet/
deſto mehr vortheil waͤchſet dem Satan zu/ aus deſſen Stricken
hernach zuentkommen/ bedarff einer ſonderbahren gnade GOttes/
uͤber die allgemeine/ da nun aber nicht verheiſung vorhanden.
Welches alles zwar nicht dahin zuverſtehen iſt/ ob waͤre es eine andere gnade an
ſich ſelbs/ durch welche ſolche leuthe ſelig wuͤrden gegen andern. Denn es iſt
eine gnade/ dadurch alle ſelig werden muͤſſen/ welche ſich gruͤndet auff die allge-
meine barmhertzigkeit des Vaters/ Chriſti allgemein verdienſt/ des heiligen Geiſtes
allgemeine beruffung/ und der goͤttlichen mittel krafft. Aber die wiederholung o-
der offtere anerbietung der vorhin verſtoſſenen gnade iſt etwas ſonderliches/ in
dem es nicht allen wieder faͤhret; Deßwegen kan ich einen boßhafftigen ſuͤnder aus
anſehung der allgemeinen verheiſſungen deſſen nicht verſichern/ daß er am letzten
ende werde buſſe thun. Da hab ich keine verheiſſung/ welche ich ihm zeigen kan.
Aber da er am letzten ende goͤttlicher gnade begierig iſt/ darff ich ihn auf keine ſon-
derbahre und ungewiſſe gnade/ ſondern die allgemeine verheiſſungen/ darunter er
auch begriffen iſt/ weiſen: Aber eben ſolche begierde/ und daß er noch nicht verſto-
cket/ keine gnade nicht ſucht/ das iſt bereits eine ſonderbahre gnade/ weil ſie nicht
allen/ ja vielmehr wenigen/ wiederfaͤhret. Zu dieſer materie aber gehoͤret auch
die jenige formul, præf. p. 8. welche wir/ wie ſie vor augen ligt/ zu hart und ei-
ner aͤnderung noͤthig zu haben achten: Wo es ſolte zuverſtehen ſeyn von dem
ungehorſam gegen die gebot Chriſti/ da kan ſich der ſterbende ordentlicher
weiſe nicht ſo beruffen auf Chriſti verdienſt. Denn obs wol nicht ordentli-
cher weiſe und gewoͤhnlich geſchicht/ daß ſolche leute zur buſſe erleuchtet werden
(daher er ordentlicher weiſe bey verharrenden ſeinen ſuͤnden/ daß er gleichwol der-
maleins werde des verdienſts Chriſti theilhafftig werdẽ/ ihm nicht verſprechen kan)
So kan doch der jenige/ der nunmehr um ſolche zeit ſich auff Chriſti verdienſt be-
ruffet/ ordentlicher weiſe ſich deſſen getroͤſten/ daß es an ihm ſo wol als eini-
gen andern kraͤfftig ſeyn werde/ vorausgeſetzt/ daß ſein hertz/ wie bey allen/ die da
glaͤuben ſollen/ erfordert wird/ in wahrer buſſe ſtehe. So bedoͤrffen auch die
folgende wort: Dann Chriſtus hat uns zwar mit ſeinem verdienſt erloͤſet
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |