Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. blosser dings nothwendig seyn/ wie dann unterschiedliche pflichten uns GOTTeswegen obligen/ die nicht anders als privatim etwa unter zweyen ver ichtet wer- den können/ deswegen dann solche zusammen trettungen schlechter dings nöthig sind: Wo wir aber absonderlich handlen von der jenigen art der privatorum congressuum da ihrer mehrere unter der inspection eines Predigers zu einem Gottseligen gespräch zusammen kommen/ so wolte ich nicht eben schlechter dings die nothwendigkeit behaupten/ sondern ihre nutzbarkeit/ rühmen/ welche sie so fern nothwendig machet/ wo man nehmlich/ wie billich ist/ alles das jenige thun soll und will/ was die erbauung befordert/ so mag auch dieses nicht mit fug ausgelassen wer- den. Ferner wird an einem ort zum argument angeführt der spruch Matth. 13/ 15. wo der HERR seine jünger fragt/ ob sie alles verstanden hätten. Vielleicht aber möchte zu solchem scopo aus solchem capitel der v. 10. sonderlich aber Marc. 4/ 10. dienlicher seyn/ wo die Jünger selbs den HERRN privatim gefragt/ und so zu reden in collegio privato die sache weiter untersucht/ was in offentlicher pre- digt gehandelt worden. So hielte auch/ daß mit fleiß vermeidet werde/ worin- nen Herr Dilfeld seine meiste subtilität suchet/ obs privati oder publici congres- sus zu nennen seyen: nehmlich daß man bezeuge/ es liege an solchem nahmen das geringste/ und gelte gleich ob die versammlungen publicae oder privatae nach ge- wissen respecten genennet würden. Ja es mache auch keinen gewissen unter- scheid/ ob sie in loco publico oder privato geschehen: da ich auch nicht leugne/ daß ich/ wo es eine ziemlich numerose anzahl von leuten ist/ die sich zu einer solchen er- bauung einfinden/ lieber sehe/ daß als dann die selbe/ dafern man dessen erlaubnüß von Christlicher Obrigkeit hat in einem loco publico angestellet werde/ wo zu auch bessre bequemlichkeit sich allemahl finden wird/ massen ich es auch vor eine sonder- bahre Göttliche wohlthat halte/ daß ich neulich von unserer Christlichen Obrigkeit die erlaubnüß erlangt/ daß meinige collegium/ so in das 12. jahr in dem hauß gehal- ten worden/ aber der platz den leuten zu enge wurde/ in der öffentlichen kirchen zu halten. Die gantze macht aber der frage komme dahin/ ob es in der kirchen 1. nöthig 2. Ob es nicht dabey auch nützlich und an den orten/ wo man solches haben loco
Das ſechſte Capitel. bloſſer dings nothwendig ſeyn/ wie dann unterſchiedliche pflichten uns GOTTeswegen obligen/ die nicht anders als privatim etwa unter zweyen ver ichtet wer- den koͤnnen/ deswegen dann ſolche zuſammen trettungen ſchlechter dings noͤthig ſind: Wo wir aber abſonderlich handlen von der jenigen art der privatorum congreſſuum da ihrer mehrere unter der inſpection eines Predigers zu einem Gottſeligen geſpraͤch zuſammen kommen/ ſo wolte ich nicht eben ſchlechter dings die nothwendigkeit behaupten/ ſondern ihre nutzbarkeit/ ruͤhmen/ welche ſie ſo fern nothwendig machet/ wo man nehmlich/ wie billich iſt/ alles das jenige thun ſoll und will/ was die erbauung befordert/ ſo mag auch dieſes nicht mit fug ausgelaſſen wer- den. Ferner wird an einem ort zum argument angefuͤhrt der ſpruch Matth. 13/ 15. wo der HERR ſeine juͤnger fragt/ ob ſie alles verſtanden haͤtten. Vielleicht aber moͤchte zu ſolchem ſcopo aus ſolchem capitel der v. 10. ſonderlich aber Marc. 4/ 10. dienlicher ſeyn/ wo die Juͤnger ſelbs den HERRN privatim gefragt/ und ſo zu reden in collegio privato die ſache weiter unterſucht/ was in offentlicher pre- digt gehandelt worden. So hielte auch/ daß mit fleiß vermeidet werde/ worin- nen Herr Dilfeld ſeine meiſte ſubtilitaͤt ſuchet/ obs privati oder publici congreſ- ſus zu nennen ſeyen: nehmlich daß man bezeuge/ es liege an ſolchem nahmen das geringſte/ und gelte gleich ob die verſammlungen publicæ oder privatæ nach ge- wiſſen reſpecten genennet wuͤrden. Ja es mache auch keinen gewiſſen unter- ſcheid/ ob ſie in loco publico oder privato geſchehen: da ich auch nicht leugne/ daß ich/ wo es eine ziemlich numeroſe anzahl von leuten iſt/ die ſich zu einer ſolchen er- bauung einfinden/ lieber ſehe/ daß als dann die ſelbe/ dafern man deſſen erlaubnuͤß von Chriſtlicher Obrigkeit hat in einem loco publico angeſtellet werde/ wo zu auch beſſre bequemlichkeit ſich allemahl finden wird/ maſſen ich es auch vor eine ſonder- bahre Goͤttliche wohlthat halte/ daß ich neulich von unſerer Chriſtlichen Obrigkeit die erlaubnuͤß erlangt/ daß meinige collegium/ ſo in das 12. jahr in dem hauß gehal- ten worden/ aber der platz den leuten zu enge wurde/ in der oͤffentlichen kirchen zu halten. Die gantze macht aber der frage komme dahin/ ob es in der kirchen 1. noͤthig 2. Ob es nicht dabey auch nuͤtzlich und an den orten/ wo man ſolches haben loco
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Das ſechſte Capitel.
bloſſer dings nothwendig ſeyn/ wie dann unterſchiedliche pflichten uns GOTTes
wegen obligen/ die nicht anders als privatim etwa unter zweyen ver ichtet wer-
den koͤnnen/ deswegen dann ſolche zuſammen trettungen ſchlechter dings noͤthig
ſind: Wo wir aber abſonderlich handlen von der jenigen art der privatorum
congreſſuum da ihrer mehrere unter der inſpection eines Predigers zu einem
Gottſeligen geſpraͤch zuſammen kommen/ ſo wolte ich nicht eben ſchlechter dings die
nothwendigkeit behaupten/ ſondern ihre nutzbarkeit/ ruͤhmen/ welche ſie ſo fern
nothwendig machet/ wo man nehmlich/ wie billich iſt/ alles das jenige thun ſoll und
will/ was die erbauung befordert/ ſo mag auch dieſes nicht mit fug ausgelaſſen wer-
den. Ferner wird an einem ort zum argument angefuͤhrt der ſpruch Matth. 13/
15. wo der HERR ſeine juͤnger fragt/ ob ſie alles verſtanden haͤtten. Vielleicht
aber moͤchte zu ſolchem ſcopo aus ſolchem capitel der v. 10. ſonderlich aber Marc.
4/ 10. dienlicher ſeyn/ wo die Juͤnger ſelbs den HERRN privatim gefragt/ und ſo
zu reden in collegio privato die ſache weiter unterſucht/ was in offentlicher pre-
digt gehandelt worden. So hielte auch/ daß mit fleiß vermeidet werde/ worin-
nen Herr Dilfeld ſeine meiſte ſubtilitaͤt ſuchet/ obs privati oder publici congreſ-
ſus zu nennen ſeyen: nehmlich daß man bezeuge/ es liege an ſolchem nahmen das
geringſte/ und gelte gleich ob die verſammlungen publicæ oder privatæ nach ge-
wiſſen reſpecten genennet wuͤrden. Ja es mache auch keinen gewiſſen unter-
ſcheid/ ob ſie in loco publico oder privato geſchehen: da ich auch nicht leugne/ daß
ich/ wo es eine ziemlich numeroſe anzahl von leuten iſt/ die ſich zu einer ſolchen er-
bauung einfinden/ lieber ſehe/ daß als dann die ſelbe/ dafern man deſſen erlaubnuͤß
von Chriſtlicher Obrigkeit hat in einem loco publico angeſtellet werde/ wo zu auch
beſſre bequemlichkeit ſich allemahl finden wird/ maſſen ich es auch vor eine ſonder-
bahre Goͤttliche wohlthat halte/ daß ich neulich von unſerer Chriſtlichen Obrigkeit
die erlaubnuͤß erlangt/ daß meinige collegium/ ſo in das 12. jahr in dem hauß gehal-
ten worden/ aber der platz den leuten zu enge wurde/ in der oͤffentlichen kirchen zu
halten.
Die gantze macht aber der frage komme dahin/ ob es in der kirchen 1. noͤthig
ſeye/ daß ohne die oͤffentliche und ſolenne congreſſus einige recht eigendlich pri-
vati congreſſus angeſtellet werden/ welches abſolute zu bejahen; in dem aller
privat-zuſpruch/ alle privat-erinnerung/ da Prediger oder andere ihren nechſten
erinnern/ ſtraffen/ warnen/ troͤſten/ alle hauß-uͤbung und hauß-kirchen-dienſt/ un-
ter ſolchem genere ſtehet/ an dero notwendigkeit niemand zweiffelen mag.
2. Ob es nicht dabey auch nuͤtzlich und an den orten/ wo man ſolches haben
kan/ nun alles das jenige wo zu uns der HERR gelegenheit zeiget/ zu thun (ſihe
Jaeob. 4/ 17.) in ſolcherer maß noͤthig ſeye/ daß ohne die jenige oͤffentliche ver ſam-
lungen/ darinnen allein einer lehret/ die andere aber allein zu hoͤren/ wie unſere pre-
digt-verſamlungen ſind/ auch andere verſamlungen (es geſchehe nun abermahl in
loco
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/564>, abgerufen am 29.06.2024. |