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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
brauchen könten; deßwegen einer seits die rechtfertigung allein aus dem glauben
mit außschliessung aller wercke ernstlich und fleißig zu inculciren, aber eben so
fleißig zu treiben/ wie der glaube keine menschliche persuasion seye/ so bey einem
fleischlichen leben stehen könte/ sondern wie er in einen solchen göttlichen licht und
würckung bestehe/ souns warhafftig allerdings zu andern menschen machet: und
wo diese frucht/ sich nicht in auffrichtigkeit des hertzens befinde/ daß alle hoffnung
des glaubens nur einbildung und betrug/ diese lehre aber die lehre der schrifften
Lutheri, und unserer Evangelischen kirchen seye.

12. Jn den predigten immer den zuhörern anlaß zu geben/ daß sie sich gewehn-
ten in der schrifft auch zu hauß fleißig zulesen/ dahero einige dazu persuadiret wor-
den/ die hauptsprüche in der Bibel so bald in der kirche auffzuschlagen/ um diesel-
be zu hauß zu wiederhohlen/ so dann habe ich in jeder predigt ein capitel zur hauß-le-
ction recommandiret,
darinnen die verfaste materie vor andern enthalten.
Auch sonsten insgesamt/ bey ihnen eine begierde zu erwecken/ daß sie gerne ihren
glauben selbs in GOttes wort zu gründen lerneten/ und sich nicht nur auff ihre
lehre zu beruffen nöthig hätten.

4. Wegen des Catechismi.

1. Zwar allezeit zu erst die worte des Catechismi von den kleinen her erzehlen
zulassen/ aber das meiste auff das examen des verstandes zu wenden/ und dabey
nicht zu foderen/ daß die auditores etwas weiters außwendig als die worte Lu-
theri
wissen müsten/ ohne daß/ die fertigere auch billich mehr sprüche der schrifft sol-
ten suchen in die gedächtnüß zu fassen.

2. Jn dem examine nie ordentlich und von person zu person zu fragen/ son-
dern bald da bald dort/ damit die examinandi immer munter bleiben/ und gefra-
get zu werden gedencken.

3. Niemand in den examine der antwort wegen zu beschämen/ sondern wo
es möglich/ daß die antwort auff einigen nur ein wenig leidlichen verstand gezogen
werden kan/ denselben zur enschuldigung zeigen/ und hingegen die eigentlichere ant-
wort hin zu zuthun/ wo sich aber dieselbe gar nicht zu rechte bringen lässet/ beschei-
dentlich die antwort selbst zu sagen: um die examinandos behertzt zu machen/ daß
sie gerne kommen und ohne furcht antworten.

4. Allemahl zu letzt einige vermahnung hinzu zu thun/ wie man die materie
nun trachten solle in das werck zu richten/ und zu zeigen/ was wir auch dabey
von GOTT zu bitten haben.

ARTIC.

Das ſechſte Capitel.
brauchen koͤnten; deßwegen einer ſeits die rechtfertigung allein aus dem glauben
mit außſchlieſſung aller wercke ernſtlich und fleißig zu inculciren, aber eben ſo
fleißig zu treiben/ wie der glaube keine menſchliche perſuaſion ſeye/ ſo bey einem
fleiſchlichen leben ſtehen koͤnte/ ſondern wie er in einen ſolchen goͤttlichen licht und
wuͤrckung beſtehe/ ſouns warhafftig allerdings zu andern menſchen machet: und
wo dieſe frucht/ ſich nicht in auffrichtigkeit des hertzens befinde/ daß alle hoffnung
des glaubens nur einbildung und betrug/ dieſe lehre aber die lehre der ſchrifften
Lutheri, und unſerer Evangeliſchen kirchen ſeye.

12. Jn den predigten immer den zuhoͤrern anlaß zu geben/ daß ſie ſich gewehn-
ten in der ſchrifft auch zu hauß fleißig zuleſen/ dahero einige dazu perſuadiret wor-
den/ die hauptſpruͤche in der Bibel ſo bald in der kirche auffzuſchlagen/ um dieſel-
be zu hauß zu wiederhohlen/ ſo dann habe ich in jeder pꝛedigt ein capitel zuꝛ hauß-le-
ction recommandiret,
darinnen die verfaſte materie vor andern enthalten.
Auch ſonſten insgeſamt/ bey ihnen eine begierde zu erwecken/ daß ſie gerne ihren
glauben ſelbs in GOttes wort zu gruͤnden lerneten/ und ſich nicht nur auff ihre
lehre zu beruffen noͤthig haͤtten.

4. Wegen des Catechiſmi.

1. Zwar allezeit zu erſt die worte des Catechiſmi von den kleinen her erzehlen
zulaſſen/ aber das meiſte auff das examen des verſtandes zu wenden/ und dabey
nicht zu foderen/ daß die auditores etwas weiters außwendig als die worte Lu-
theri
wiſſen muͤſten/ ohne daß/ die fertigere auch billich mehr ſpruͤche der ſchrifft ſol-
ten ſuchen in die gedaͤchtnuͤß zu faſſen.

2. Jn dem examine nie ordentlich und von perſon zu perſon zu fragen/ ſon-
dern bald da bald dort/ damit die examinandi immer munter bleiben/ und gefra-
get zu werden gedencken.

3. Niemand in den examine der antwort wegen zu beſchaͤmen/ ſondern wo
es moͤglich/ daß die antwort auff einigen nur ein wenig leidlichen verſtand gezogen
werden kan/ denſelben zur enſchuldigung zeigen/ und hingegen die eigentlichere ant-
wort hin zu zuthun/ wo ſich aber dieſelbe gar nicht zu rechte bringen laͤſſet/ beſchei-
dentlich die antwort ſelbſt zu ſagen: um die examinandos behertzt zu machen/ daß
ſie gerne kommen und ohne furcht antworten.

4. Allemahl zu letzt einige vermahnung hinzu zu thun/ wie man die materie
nun trachten ſolle in das werck zu richten/ und zu zeigen/ was wir auch dabey
von GOTT zu bitten haben.

ARTIC.
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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/676>, abgerufen am 22.11.2024.