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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
schär-meister bey sich im hertzen/ der geräth offt über sie und bringet
sie auff/ treibet sie fort und führet sie offt/ dahin sie nicht gedencken/
wie denn GOtt auch zu ihren wegen glück und seegen spricht/ und
führet ihre reise wunderbarlich hinaus/ daß sich iedermann darüber
zu creutzigen und zu segnen hat. Als der
Doctor von der Rebecca
Gen. 27.
im 41. jahr lase/ die wider ihres mannes willen und befehl
ihm ihren jüngern sohn den Jacob einschleichte/ habe ich diese worte
von ihm gehöret: Rebecca fähet es unordentlich an/ aber sie führets
hinaus. Also hab ich oft auch aus der fuhr-strasse gesetzet/ u. ein starck
Vater Unser fürgelegt/ oder zur brücken gebraucht/ hinaus bin ich
mit GOtt kommen/ aber ich raths euer keinem/ bleibet auff dem
gebahnten wege/ und handelt nach der regel/ so verzäunet man euch
nicht. Mancher hat zu unser zeit diesem wagen und reuter
Jsraelis nachfolgen wollen/ aber er ist besteckt/ darum lasset uns
nach der regul handeln. m. f. w.
Jch meyne/ der herr solte hieraus
sehen/ ob mir und andern zu rathen seye/ daß wir GOtt versuchen/ und uns der-
gleichen geist anmassen/ der uns nicht gegeben ist. Anderwärts
f. 35. b. vertheidiget er auch unsers theuren lehrers harte wort/ wegen der hölli-
schen grund-suppe des damahligen Pabstthums/ die GOtt durch seinen Mosen
wolte straffen lassen. Nachmahl conc. 12. p. 138. als er von des Doctors
platz-regen und wolcken-brüchen geredet/ sagt er: Laufft bißweilen
was mit unter/ wie alle heiligen ihre fehl und gebrechlichkeit gehabt/
und allein aus gnaden vergebung der sünden bekommen/ das ge-
hört ins Vater Unser/ und Helias mantel. u. s. f.
Diese ort von
einem Christlichen freund gezeiget/ erinnerten mich auch einer praefation, die der
theure mann vor Brentii explication des Amos gemacht/ so Tom. 5. Alt. fol. 275.
befindlich: wo er sagt/ daß gegen Brentii und derg/ eichen arbeit die seinige ihm
gantz und gar stincken: sagt ferner/ ich heuchle dir hierinnen nicht/ ich
ertich[t]e auch nichts/ noch rede etwas schimpfliches/ so werde ich mit
meinem urtheil auch nicht betrogen. Denn ich lobe nicht den
Brentium,
sondern den geist/ der in ihm viel freundlicher/ lieblicher u. friedlicher
ist/ denn mein geist/ mit allerley künsten der wohlredenheit gezieret/
so fleust auch daher seine rede viel reiner/ heller und deutlicher/ denn
anderer leute/ darum es dem leser auch mehr geliebet und zu hertzen
gehet. Aber mein geist/ über das/ daß er in den freyen künsten un-
erfahren u. unpolirt ist/ thut nichts/ denn daß er einen grossen wald
und hauffen der worte ausspeyet. So hat er auch das glück/ daß

er

Das ſechſte Capitel.
ſchaͤr-meiſter bey ſich im hertzen/ der geraͤth offt uͤber ſie und bringet
ſie auff/ treibet ſie fort und fuͤhret ſie offt/ dahin ſie nicht gedencken/
wie denn GOtt auch zu ihren wegen gluͤck und ſeegen ſpricht/ und
fuͤhret ihre reiſe wunderbarlich hinaus/ daß ſich iedeꝛmann daruͤber
zu creutzigen und zu ſegnen hat. Als der
Doctor von der Rebecca
Gen. 27.
im 41. jahr laſe/ die wider ihres mannes willen und befehl
ihm ihren juͤngern ſohn den Jacob einſchleichte/ habe ich dieſe worte
von ihm gehoͤret: Rebecca faͤhet es unordentlich an/ aber ſie fuͤhrets
hinaus. Alſo hab ich oft auch aus der fuhr-ſtraſſe geſetzet/ u. ein ſtaꝛck
Vater Unſer fuͤrgelegt/ oder zur bruͤcken gebraucht/ hinaus bin ich
mit GOtt kommen/ aber ich raths euer keinem/ bleibet auff dem
gebahnten wege/ und handelt nach der regel/ ſo verzaͤunet man euch
nicht. Mancher hat zu unſer zeit dieſem wagen und reuter
Jſraelis nachfolgen wollen/ aber er iſt beſteckt/ darum laſſet uns
nach der regul handeln. m. f. w.
Jch meyne/ der herr ſolte hieraus
ſehen/ ob mir und andern zu rathen ſeye/ daß wir GOtt verſuchen/ und uns der-
gleichen geiſt anmaſſen/ der uns nicht gegeben iſt. Anderwaͤrts
f. 35. b. vertheidiget er auch unſers theuren lehrers harte wort/ wegen der hoͤlli-
ſchen grund-ſuppe des damahligen Pabſtthums/ die GOtt durch ſeinen Moſen
wolte ſtraffen laſſen. Nachmahl conc. 12. p. 138. als er von des Doctors
platz-regen und wolcken-bruͤchen geredet/ ſagt er: Laufft bißweilen
was mit unter/ wie alle heiligen ihre fehl und gebrechlichkeit gehabt/
und allein aus gnaden vergebung der ſuͤnden bekommen/ das ge-
hoͤrt ins Vater Unſer/ und Helias mantel. u. ſ. f.
Dieſe ort von
einem Chriſtlichen freund gezeiget/ erinnerten mich auch einer præfation, die der
theure mann vor Brentii explication des Amos gemacht/ ſo Tom. 5. Alt. fol. 275.
befindlich: wo er ſagt/ daß gegen Brentii und derg/ eichen arbeit die ſeinige ihm
gantz und gar ſtincken: ſagt ferner/ ich heuchle dir hierinnen nicht/ ich
ertich[t]e auch nichts/ noch rede etwas ſchimpfliches/ ſo werde ich mit
meinem urtheil auch nicht betrogen. Deñ ich lobe nicht den
Brentium,
ſondern den geiſt/ der in ihm viel freundlicher/ lieblicher u. friedlicheꝛ
iſt/ denn mein geiſt/ mit allerley kuͤnſten der wohlredenheit gezieret/
ſo fleuſt auch daher ſeine rede viel reiner/ heller und deutlicher/ denn
anderer leute/ darum es dem leſer auch mehr geliebet und zu hertzen
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[716/0734] Das ſechſte Capitel. ſchaͤr-meiſter bey ſich im hertzen/ der geraͤth offt uͤber ſie und bringet ſie auff/ treibet ſie fort und fuͤhret ſie offt/ dahin ſie nicht gedencken/ wie denn GOtt auch zu ihren wegen gluͤck und ſeegen ſpricht/ und fuͤhret ihre reiſe wunderbarlich hinaus/ daß ſich iedeꝛmann daruͤber zu creutzigen und zu ſegnen hat. Als der Doctor von der Rebecca Gen. 27. im 41. jahr laſe/ die wider ihres mannes willen und befehl ihm ihren juͤngern ſohn den Jacob einſchleichte/ habe ich dieſe worte von ihm gehoͤret: Rebecca faͤhet es unordentlich an/ aber ſie fuͤhrets hinaus. Alſo hab ich oft auch aus der fuhr-ſtraſſe geſetzet/ u. ein ſtaꝛck Vater Unſer fuͤrgelegt/ oder zur bruͤcken gebraucht/ hinaus bin ich mit GOtt kommen/ aber ich raths euer keinem/ bleibet auff dem gebahnten wege/ und handelt nach der regel/ ſo verzaͤunet man euch nicht. Mancher hat zu unſer zeit dieſem wagen und reuter Jſraelis nachfolgen wollen/ aber er iſt beſteckt/ darum laſſet uns nach der regul handeln. m. f. w. Jch meyne/ der herr ſolte hieraus ſehen/ ob mir und andern zu rathen ſeye/ daß wir GOtt verſuchen/ und uns der- gleichen geiſt anmaſſen/ der uns nicht gegeben iſt. Anderwaͤrts f. 35. b. vertheidiget er auch unſers theuren lehrers harte wort/ wegen der hoͤlli- ſchen grund-ſuppe des damahligen Pabſtthums/ die GOtt durch ſeinen Moſen wolte ſtraffen laſſen. Nachmahl conc. 12. p. 138. als er von des Doctors platz-regen und wolcken-bruͤchen geredet/ ſagt er: Laufft bißweilen was mit unter/ wie alle heiligen ihre fehl und gebrechlichkeit gehabt/ und allein aus gnaden vergebung der ſuͤnden bekommen/ das ge- hoͤrt ins Vater Unſer/ und Helias mantel. u. ſ. f. Dieſe ort von einem Chriſtlichen freund gezeiget/ erinnerten mich auch einer præfation, die der theure mann vor Brentii explication des Amos gemacht/ ſo Tom. 5. Alt. fol. 275. befindlich: wo er ſagt/ daß gegen Brentii und derg/ eichen arbeit die ſeinige ihm gantz und gar ſtincken: ſagt ferner/ ich heuchle dir hierinnen nicht/ ich ertichte auch nichts/ noch rede etwas ſchimpfliches/ ſo werde ich mit meinem urtheil auch nicht betrogen. Deñ ich lobe nicht den Brentium, ſondern den geiſt/ der in ihm viel freundlicher/ lieblicher u. friedlicheꝛ iſt/ denn mein geiſt/ mit allerley kuͤnſten der wohlredenheit gezieret/ ſo fleuſt auch daher ſeine rede viel reiner/ heller und deutlicher/ denn anderer leute/ darum es dem leſer auch mehr geliebet und zu hertzen gehet. Aber mein geiſt/ uͤber das/ daß er in den freyen kuͤnſten un- erfahren u. unpolirt iſt/ thut nichts/ denn daß er einen groſſen wald und hauffen der worte ausſpeyet. So hat er auch das gluͤck/ daß er

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/734>, abgerufen am 29.06.2024.