Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. III. SECT. XI. funden/ die liebe leute in ihren guten vorhaben nicht allein nicht gehindert/ sondernvielmehr gelobet und und befordert haben. Welche Väterliche vorsorge vor das geistliche wachsthum ihrer anvertrauten kirchkinder von ihnen so viel rühmlicher ist/ als leider sich an andern orten von einer zeit her so viele finden/ welche so bald sich nur einige ihrer zuhörer ihrer Christlichen pflicht nach um der erbauung willen zu- sammen thun/ sich auffs hefftigste widersetzen/ und es vor dem gefährlichsten anfang allerley ketzerey und schwärmerey achten/ daher eher deroselben zusammenkünfften zu trincken und spielen als zu handlung Göttlichen worts leiden können: gerad als wenn das geistliche Priesterthum mit seinen übungen dem predigamt entgegen wä- re/ oder dieses sich jenem widersetzen müste/ da sie doch als zwey herrliche kleinoden immer neben einander stehen solten. Es ist nicht zu sagen/ was vor schaden jener blinde eiffer unbesonnener prediger thut/ in dem Gottselige hertzen denen in ihren löblichen vorhaben einhalt geschiehet/ und sie an statt des lobes gescholten werden/ darüber inniglich betrübt und irre gemacht/ andere nachläßige in ihrer trägheit ge- stärcket/ offenbahre weltkinder zulästern veranlasset werden/ daraus nichts anders als schwere gerichte GOttes über unsere kirche zu erwarten sind/ und sorglich bald ausbrechen werden. Ach daß wir stets an die wort Pauli gedächten: Den Geist dämpffet nicht: und Mosis: Wolte GOTT daß alles volck des HErrn weissaget/ und der HERR seinen Geist über sie gebe. Wo zu es gleichwol auch noch nach seiner verheissung kommen solte. Was ferner geliebter bruder klaget über des Politischen Antichrists eingriff herr-
ARTIC. III. SECT. XI. funden/ die liebe leute in ihren guten vorhaben nicht allein nicht gehindert/ ſondernvielmehr gelobet und und befordert haben. Welche Vaͤterliche vorſorge vor das geiſtliche wachsthum ihrer anvertrauten kirchkinder von ihnen ſo viel ruͤhmlicher iſt/ als leider ſich an andern orten von einer zeit her ſo viele finden/ welche ſo bald ſich nur einige ihrer zuhoͤrer ihrer Chriſtlichen pflicht nach um der erbauung willen zu- ſammen thun/ ſich auffs hefftigſte widerſetzen/ und es vor dem gefaͤhrlichſten anfang allerley ketzerey und ſchwaͤrmerey achten/ daher eher deroſelben zuſammenkuͤnfften zu trincken und ſpielen als zu handlung Goͤttlichen worts leiden koͤnnen: gerad als wenn das geiſtliche Prieſterthum mit ſeinen uͤbungen dem predigamt entgegen waͤ- re/ oder dieſes ſich jenem widerſetzen muͤſte/ da ſie doch als zwey herrliche kleinoden immer neben einander ſtehen ſolten. Es iſt nicht zu ſagen/ was vor ſchaden jener blinde eiffer unbeſonnener prediger thut/ in dem Gottſelige hertzen denen in ihren loͤblichen vorhaben einhalt geſchiehet/ und ſie an ſtatt des lobes geſcholten werden/ daruͤber inniglich betruͤbt und irre gemacht/ andere nachlaͤßige in ihrer traͤgheit ge- ſtaͤrcket/ offenbahre weltkinder zulaͤſtern veranlaſſet werden/ daraus nichts anders als ſchwere gerichte GOttes uͤber unſere kirche zu erwarten ſind/ und ſorglich bald ausbrechen werden. Ach daß wir ſtets an die wort Pauli gedaͤchten: Den Geiſt daͤmpffet nicht: und Moſis: Wolte GOTT daß alles volck des HErrn weiſſaget/ und der HERR ſeinen Geiſt uͤber ſie gebe. Wo zu es gleichwol auch noch nach ſeiner verheiſſung kommen ſolte. Was ferner geliebter bruder klaget uͤber des Politiſchen Antichriſts eingriff herr-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0897" n="879"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. III. <hi rendition="#g">SECT</hi>. XI.</hi></fw><lb/> funden/ die liebe leute in ihren guten vorhaben nicht allein nicht gehindert/ ſondern<lb/> vielmehr gelobet und und befordert haben. Welche Vaͤterliche vorſorge vor das<lb/> geiſtliche wachsthum ihrer anvertrauten kirchkinder von ihnen ſo viel ruͤhmlicher<lb/> iſt/ als leider ſich an andern orten von einer zeit her ſo viele finden/ welche ſo bald ſich<lb/> nur einige ihrer zuhoͤrer ihrer Chriſtlichen pflicht nach um der erbauung willen zu-<lb/> ſammen thun/ ſich auffs hefftigſte widerſetzen/ und es vor dem gefaͤhrlichſten anfang<lb/> allerley ketzerey und ſchwaͤrmerey achten/ daher eher deroſelben zuſammenkuͤnfften<lb/> zu trincken und ſpielen als zu handlung Goͤttlichen worts leiden koͤnnen: gerad als<lb/> wenn das geiſtliche Prieſterthum mit ſeinen uͤbungen dem predigamt entgegen waͤ-<lb/> re/ oder dieſes ſich jenem widerſetzen muͤſte/ da ſie doch als zwey herrliche kleinoden<lb/> immer neben einander ſtehen ſolten. Es iſt nicht zu ſagen/ was vor ſchaden jener<lb/> blinde eiffer unbeſonnener prediger thut/ in dem Gottſelige hertzen denen in ihren<lb/> loͤblichen vorhaben einhalt geſchiehet/ und ſie an ſtatt des lobes geſcholten werden/<lb/> daruͤber inniglich betruͤbt und irre gemacht/ andere nachlaͤßige in ihrer traͤgheit ge-<lb/> ſtaͤrcket/ offenbahre weltkinder zulaͤſtern veranlaſſet werden/ daraus nichts anders<lb/> als ſchwere gerichte GOttes uͤber unſere kirche zu erwarten ſind/ und ſorglich bald<lb/> ausbrechen werden. Ach daß wir ſtets an die wort Pauli gedaͤchten: <hi rendition="#fr">Den Geiſt<lb/> daͤmpffet nicht:</hi> und Moſis: <hi rendition="#fr">Wolte <hi rendition="#g">GOTT</hi> daß alles volck des HErrn<lb/> weiſſaget/ und der HERR ſeinen Geiſt uͤber ſie gebe.</hi> Wo zu es gleichwol<lb/> auch noch nach ſeiner verheiſſung kommen ſolte.</p><lb/> <p>Was ferner geliebter bruder klaget uͤber des <hi rendition="#aq">Politi</hi>ſchen <hi rendition="#aq">Antichriſts</hi> eingriff<lb/> und daher ſich bey unſerer kirchen befindenden mangel der kirchen <hi rendition="#aq">diſciplin</hi>/ iſts<lb/> freylich auch eine gerechte klage/ aber menſchlicher weiſe nicht abzuſehen/ wie zuhelf-<lb/> fen ſeye/ ſondern es gehoͤret nur Goͤttliche krafft darzu/ zurecht zu bringen/ was<lb/> durch und durch verdorben iſt; Daher ich offt in die furcht gerathen/ nachdem<lb/> unſre kirch dermaſſen verdorben/ daß kein flicken mehr hilfft/ GOTT werde unſer<lb/> gebaͤu mit einander niederſchmeiſſen/ und aus der beyſeit gebrachten ſteinen/ es ſo<lb/> viel herrlicher wider auffrichten. Dabey erinnere ich mich/ wie einmahl ein<lb/> Gottſeliger freund es vor eine heilige verhaͤngnuͤß GOttes hielte/ daß die haͤnde<lb/> dem predigamt wegen der <hi rendition="#aq">diſciplin</hi> von der Obrigkeit dermaſſen gehemmet waͤ-<lb/> ren/ weil leider die meiſte Prediger ſich einer mehrer macht/ da ſie dieſelbe haͤtren/<lb/> eher miß- und zur ausuͤbung ihrer <hi rendition="#aq">affecten</hi>/ als recht und zu der ſeelen beſten ge-<lb/> brauchen wuͤrden. Jch habe der ſache ſeither offt nachgedacht/ und ſolche gedan-<lb/> cken nicht ungegruͤndet/ und gewiß die meiſte unſers ordens von ſolchen ſinn befun-<lb/> den/ daß ihnen eine freyere gewalt in ſolchem wichtigen werck zu geben nicht nuͤtz-<lb/> lich waͤre. Wie dann die zeit uͤber in Sachſen bey dem Ober<hi rendition="#aq">-Conſiſtorio</hi> ſo viele<lb/> klagen uͤber die Prediger/ da dieſelbe in amts-geſchaͤfften ihre <hi rendition="#aq">affecten</hi> herrſchen<lb/> laſſen/ erfahren habe/ daß daraus ſchlieſſen koͤnnen/ wo ſie nicht eine andere gewalt<lb/> uͤber ſich haͤtten/ vor dero ſtraff ſie ſich fuͤrchten muͤſten/ wie unertraͤglich derſelben<lb/> <fw place="bottom" type="catch">herr-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [879/0897]
ARTIC. III. SECT. XI.
funden/ die liebe leute in ihren guten vorhaben nicht allein nicht gehindert/ ſondern
vielmehr gelobet und und befordert haben. Welche Vaͤterliche vorſorge vor das
geiſtliche wachsthum ihrer anvertrauten kirchkinder von ihnen ſo viel ruͤhmlicher
iſt/ als leider ſich an andern orten von einer zeit her ſo viele finden/ welche ſo bald ſich
nur einige ihrer zuhoͤrer ihrer Chriſtlichen pflicht nach um der erbauung willen zu-
ſammen thun/ ſich auffs hefftigſte widerſetzen/ und es vor dem gefaͤhrlichſten anfang
allerley ketzerey und ſchwaͤrmerey achten/ daher eher deroſelben zuſammenkuͤnfften
zu trincken und ſpielen als zu handlung Goͤttlichen worts leiden koͤnnen: gerad als
wenn das geiſtliche Prieſterthum mit ſeinen uͤbungen dem predigamt entgegen waͤ-
re/ oder dieſes ſich jenem widerſetzen muͤſte/ da ſie doch als zwey herrliche kleinoden
immer neben einander ſtehen ſolten. Es iſt nicht zu ſagen/ was vor ſchaden jener
blinde eiffer unbeſonnener prediger thut/ in dem Gottſelige hertzen denen in ihren
loͤblichen vorhaben einhalt geſchiehet/ und ſie an ſtatt des lobes geſcholten werden/
daruͤber inniglich betruͤbt und irre gemacht/ andere nachlaͤßige in ihrer traͤgheit ge-
ſtaͤrcket/ offenbahre weltkinder zulaͤſtern veranlaſſet werden/ daraus nichts anders
als ſchwere gerichte GOttes uͤber unſere kirche zu erwarten ſind/ und ſorglich bald
ausbrechen werden. Ach daß wir ſtets an die wort Pauli gedaͤchten: Den Geiſt
daͤmpffet nicht: und Moſis: Wolte GOTT daß alles volck des HErrn
weiſſaget/ und der HERR ſeinen Geiſt uͤber ſie gebe. Wo zu es gleichwol
auch noch nach ſeiner verheiſſung kommen ſolte.
Was ferner geliebter bruder klaget uͤber des Politiſchen Antichriſts eingriff
und daher ſich bey unſerer kirchen befindenden mangel der kirchen diſciplin/ iſts
freylich auch eine gerechte klage/ aber menſchlicher weiſe nicht abzuſehen/ wie zuhelf-
fen ſeye/ ſondern es gehoͤret nur Goͤttliche krafft darzu/ zurecht zu bringen/ was
durch und durch verdorben iſt; Daher ich offt in die furcht gerathen/ nachdem
unſre kirch dermaſſen verdorben/ daß kein flicken mehr hilfft/ GOTT werde unſer
gebaͤu mit einander niederſchmeiſſen/ und aus der beyſeit gebrachten ſteinen/ es ſo
viel herrlicher wider auffrichten. Dabey erinnere ich mich/ wie einmahl ein
Gottſeliger freund es vor eine heilige verhaͤngnuͤß GOttes hielte/ daß die haͤnde
dem predigamt wegen der diſciplin von der Obrigkeit dermaſſen gehemmet waͤ-
ren/ weil leider die meiſte Prediger ſich einer mehrer macht/ da ſie dieſelbe haͤtren/
eher miß- und zur ausuͤbung ihrer affecten/ als recht und zu der ſeelen beſten ge-
brauchen wuͤrden. Jch habe der ſache ſeither offt nachgedacht/ und ſolche gedan-
cken nicht ungegruͤndet/ und gewiß die meiſte unſers ordens von ſolchen ſinn befun-
den/ daß ihnen eine freyere gewalt in ſolchem wichtigen werck zu geben nicht nuͤtz-
lich waͤre. Wie dann die zeit uͤber in Sachſen bey dem Ober-Conſiſtorio ſo viele
klagen uͤber die Prediger/ da dieſelbe in amts-geſchaͤfften ihre affecten herrſchen
laſſen/ erfahren habe/ daß daraus ſchlieſſen koͤnnen/ wo ſie nicht eine andere gewalt
uͤber ſich haͤtten/ vor dero ſtraff ſie ſich fuͤrchten muͤſten/ wie unertraͤglich derſelben
herr-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |