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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECT. XX.
che gesetze streiten des/ erwiesen worden u. sie als rechtswegen aso unschuldige haben
absolviret werden sollen/ und billig noch zu absolviren sind. Hirmit nach einigen
linien fahre ich fort.
Jch erbiete mich auch/ da Ew. Churfürstliche Durchl. gnä-
digst geruhen solte meine beyde unterthänigste in den geheimen rath befindliche be-
dencken/ denen so widriger meinung sind zur beantwortung vorlegen zulassen/ sol-
che von allen dem/ was diese dagegen excipiren würden/ mit gutem grund zu ret-
ten/ als der ich weiß vor GOTT und vor der unpartheyischen welt eine gute sache/
und mich unschuldiger und von mächtigern hart gedruckter leute/ angenommen/ zu
haben: dessen mich auch nimmermehr gereuen solle. Also geschiehet Ew. Churf.
Durchl. kirche und lande von eigenen dero einwohnern und zwar solchen/ die viel-
mehr dessen guten nahmen und ruhm befördern solten/ unrecht/ mit der erdichtung
einer neuen in denselben entstandenen secte, davon der geringste doch nicht vorhanden
ist/ und mit oerwirrung der gemühter/ welche vor gefahr gewarnet werden/ da kei-
ne sich findet/ und sie deswegen nachmahl in verdacht das jenige ziehen/
was gantz ohne schuld ist. Daraus auch geschehen kan/ daß künfftig alle Theolo-
gi
und Prediger dero lande furcht haben werden/ einige Gottseligkeit von sich leuch-
ten zu lassen/ damit sie nicht den nahmen der Pietisten auff sich laden möchten.

5. Daß wo man die gantze sache nach der wahrheit/ wie sich endlich offenbah-
ren muß/ untersuchet/ sich nichts anders ergeben werde/ als daß in Leiptzig Christ-
liche studiosi gewefen die so wol selbst erkant/ als andere angewiesen haben eins-
theils/ daß einem studioso Theologiae das studium der heiligen Schrifft das aller-
nothwendigste seye/ und zwar ohne ausschliessung der übrigen studiorum/ nach
CHRJSTJ und der Apostel eigenen zeugnüß der vornehmste fleiß auff dasselbe
(wie dieses auch in denen alten ordnungen befohlen/ nicht aber wie sichs geziehmet
in acht genommen worden ist) gerichtet/ anderntheils daß die übung des rechtschaf-
fenen Christenthums zu der erudition hinzu gethan und nicht weniger auff jene als
auff diese getrieben werden müsse/ welche nun dieses gethan/ und in ihren so colle-
giis
nach der academischen freyheit als aller conversation getrieben haben/ die
hat man spotsweise Pietisten gennennet/ und sie darüber so hart gedrückt. Was
aber weiter ihnen schuld gegeben wird/ ist alles ohne grund/ und unerwiesen/ beste-
het auch zimlich theils in verkehrung an sich guter dinge/ welche ungleich und nicht
nach der regel der wahrheit und liebe auffgedeutet werden.

Wo auch E. Churfürstliche Durchlauchtigkeit gnädigst befehlen solten/ bin
ich bereit dergleichen dinge so in der sache vorgegangen/ deroselben vorzustellen/ dar-
an handgreifflich viele ungerechtigkeit/ welche verübet worden/ zu erkennen ist.
Wiewohl bey allen diesen ich bedinge/ wo von dem pietismo redet/ daß nichts mei-
ne/ als was die jenige und ihre actiones betrifft/ die zu Leipzig beschuldiget/ und ih-
[n]en des falls solcher nahme beygeleget ist worden/ vor dero unschuld ich stehen kan/

mich
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ARTIC. III. SECT. XX.
che geſetze ſtreiten des/ erwieſen worden u. ſie als rechtswegen aſo unſchuldige haben
abſolviret werden ſollen/ und billig noch zu abſolviren ſind. Hirmit nach einigen
linien fahre ich fort.
Jch erbiete mich auch/ da Ew. Churfuͤrſtliche Durchl. gnaͤ-
digſt geruhen ſolte meine beyde unterthaͤnigſte in den geheimen rath befindliche be-
dencken/ denen ſo widriger meinung ſind zur beantwortung vorlegen zulaſſen/ ſol-
che von allen dem/ was dieſe dagegen excipiren wuͤrden/ mit gutem grund zu ret-
ten/ als der ich weiß vor GOTT und vor der unpartheyiſchen welt eine gute ſache/
und mich unſchuldiger und von maͤchtigern hart gedruckter leute/ angenommen/ zu
haben: deſſen mich auch nimmermehr gereuen ſolle. Alſo geſchiehet Ew. Churf.
Durchl. kirche und lande von eigenen dero einwohnern und zwar ſolchen/ die viel-
mehr deſſen guten nahmen und ruhm befoͤrdern ſolten/ unrecht/ mit der erdichtung
einer neuen in denſelben entſtandenen ſecte, davon der geꝛingſte doch nicht voꝛhandẽ
iſt/ und mit oerwirrung der gemuͤhter/ welche vor gefahr gewarnet werden/ da kei-
ne ſich findet/ und ſie deswegen nachmahl in verdacht das jenige ziehen/
was gantz ohne ſchuld iſt. Daraus auch geſchehen kan/ daß kuͤnfftig alle Theolo-
gi
und Prediger dero lande furcht haben werden/ einige Gottſeligkeit von ſich leuch-
ten zu laſſen/ damit ſie nicht den nahmen der Pietiſten auff ſich laden moͤchten.

5. Daß wo man die gantze ſache nach der wahrheit/ wie ſich endlich offenbah-
ren muß/ unterſuchet/ ſich nichts anders ergeben werde/ als daß in Leiptzig Chriſt-
liche ſtudioſi gewefen die ſo wol ſelbſt erkant/ als andere angewieſen haben eins-
theils/ daß einem ſtudioſo Theologiæ das ſtudium der heiligen Schrifft das aller-
nothwendigſte ſeye/ und zwar ohne ausſchlieſſung der uͤbrigen ſtudiorum/ nach
CHRJSTJ und der Apoſtel eigenen zeugnuͤß der vornehmſte fleiß auff daſſelbe
(wie dieſes auch in denen alten ordnungen befohlen/ nicht aber wie ſichs geziehmet
in acht genommen worden iſt) gerichtet/ anderntheils daß die uͤbung des rechtſchaf-
fenen Chriſtenthums zu der erudition hinzu gethan und nicht weniger auff jene als
auff dieſe getrieben werden muͤſſe/ welche nun dieſes gethan/ und in ihren ſo colle-
giis
nach der academiſchen freyheit als aller converſation getrieben haben/ die
hat man ſpotsweiſe Pietiſten gẽnennet/ und ſie daruͤber ſo hart gedruͤckt. Was
aber weiter ihnen ſchuld gegeben wird/ iſt alles ohne grund/ und unerwieſen/ beſte-
het auch zimlich theils in verkehrung an ſich guter dinge/ welche ungleich und nicht
nach der regel der wahrheit und liebe auffgedeutet werden.

Wo auch E. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit gnaͤdigſt befehlen ſolten/ bin
ich bereit dergleichen dinge ſo in der ſache vorgegangen/ deroſelben vorzuſtellen/ dar-
an handgreifflich viele ungerechtigkeit/ welche veruͤbet worden/ zu erkennen iſt.
Wiewohl bey allen dieſen ich bedinge/ wo von dem pietismo redet/ daß nichts mei-
ne/ als was die jenige und ihre actiones betrifft/ die zu Leipzig beſchuldiget/ und ih-
[n]en des falls ſolcher nahme beygeleget iſt worden/ vor dero unſchuld ich ſtehen kan/

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[909/0927] ARTIC. III. SECT. XX. che geſetze ſtreiten des/ erwieſen worden u. ſie als rechtswegen aſo unſchuldige haben abſolviret werden ſollen/ und billig noch zu abſolviren ſind. Hirmit nach einigen linien fahre ich fort. Jch erbiete mich auch/ da Ew. Churfuͤrſtliche Durchl. gnaͤ- digſt geruhen ſolte meine beyde unterthaͤnigſte in den geheimen rath befindliche be- dencken/ denen ſo widriger meinung ſind zur beantwortung vorlegen zulaſſen/ ſol- che von allen dem/ was dieſe dagegen excipiren wuͤrden/ mit gutem grund zu ret- ten/ als der ich weiß vor GOTT und vor der unpartheyiſchen welt eine gute ſache/ und mich unſchuldiger und von maͤchtigern hart gedruckter leute/ angenommen/ zu haben: deſſen mich auch nimmermehr gereuen ſolle. Alſo geſchiehet Ew. Churf. Durchl. kirche und lande von eigenen dero einwohnern und zwar ſolchen/ die viel- mehr deſſen guten nahmen und ruhm befoͤrdern ſolten/ unrecht/ mit der erdichtung einer neuen in denſelben entſtandenen ſecte, davon der geꝛingſte doch nicht voꝛhandẽ iſt/ und mit oerwirrung der gemuͤhter/ welche vor gefahr gewarnet werden/ da kei- ne ſich findet/ und ſie deswegen nachmahl in verdacht das jenige ziehen/ was gantz ohne ſchuld iſt. Daraus auch geſchehen kan/ daß kuͤnfftig alle Theolo- gi und Prediger dero lande furcht haben werden/ einige Gottſeligkeit von ſich leuch- ten zu laſſen/ damit ſie nicht den nahmen der Pietiſten auff ſich laden moͤchten. 5. Daß wo man die gantze ſache nach der wahrheit/ wie ſich endlich offenbah- ren muß/ unterſuchet/ ſich nichts anders ergeben werde/ als daß in Leiptzig Chriſt- liche ſtudioſi gewefen die ſo wol ſelbſt erkant/ als andere angewieſen haben eins- theils/ daß einem ſtudioſo Theologiæ das ſtudium der heiligen Schrifft das aller- nothwendigſte ſeye/ und zwar ohne ausſchlieſſung der uͤbrigen ſtudiorum/ nach CHRJSTJ und der Apoſtel eigenen zeugnuͤß der vornehmſte fleiß auff daſſelbe (wie dieſes auch in denen alten ordnungen befohlen/ nicht aber wie ſichs geziehmet in acht genommen worden iſt) gerichtet/ anderntheils daß die uͤbung des rechtſchaf- fenen Chriſtenthums zu der erudition hinzu gethan und nicht weniger auff jene als auff dieſe getrieben werden muͤſſe/ welche nun dieſes gethan/ und in ihren ſo colle- giis nach der academiſchen freyheit als aller converſation getrieben haben/ die hat man ſpotsweiſe Pietiſten gẽnennet/ und ſie daruͤber ſo hart gedruͤckt. Was aber weiter ihnen ſchuld gegeben wird/ iſt alles ohne grund/ und unerwieſen/ beſte- het auch zimlich theils in verkehrung an ſich guter dinge/ welche ungleich und nicht nach der regel der wahrheit und liebe auffgedeutet werden. Wo auch E. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit gnaͤdigſt befehlen ſolten/ bin ich bereit dergleichen dinge ſo in der ſache vorgegangen/ deroſelben vorzuſtellen/ dar- an handgreifflich viele ungerechtigkeit/ welche veruͤbet worden/ zu erkennen iſt. Wiewohl bey allen dieſen ich bedinge/ wo von dem pietismo redet/ daß nichts mei- ne/ als was die jenige und ihre actiones betrifft/ die zu Leipzig beſchuldiget/ und ih- nen des falls ſolcher nahme beygeleget iſt worden/ vor dero unſchuld ich ſtehen kan/ mich Yyyyy 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/927>, abgerufen am 22.11.2024.