widerlegt werden könte. Jch habe jüngst aus Dantzig brieffe gehabt, daß das Ministerium daselbs nie einigen dessen revers extradiret habe. Ob nun solches ein anzeige, daß keiner vorhanden, oder daß er ea conditione ge- stellet, daß er nicht anders wohin solte communiciret werden, konte man mich nicht versichern. Gewiß seye es, obwol wegen Praetorii mit ihm gehandelt worden, so seye doch nichts davon auf cathedram Ecclesiasticam kommen, weniger zu einem schismate ausgeschlagen. Jndessen wäre die historie der gantzen begebnüß sehr nützlich, ja fast nöthig, wo man mit grund schreiben solte. Jch habe in beygehendem mit wenigem ihrer beyden meldung gethan, wie warheit und liebe erfordert. Die academische censuren betreffend, ists freylich eine betrübte sache, wie dieselbe mißbrauchet werden. Es schme- cket gewiß nach einem pabstthum, und wäre endlich ärger mehrere als einen Pabst zu haben. Meine klage habe ausgedruckt in dem neulichen tractat von dem gebrauch und mißbrauch der klagen 1. 2. §. 16.p. 87. GOtt erfülle alle derer, welche er mit gaben erfüllet, und in ansehnliche stellen gese- tzet, hertzen mit derjenigen demuth, daß niemand begehre Herr über der an- dern gewissen zu werden.
1685.
SECTIO XXIX. Von derberühmten Antoinette Bourignon.
MEine meinung von Ant. Bourignon ist aus langer überlegung al- les dessen, was mir von ihr bekant worden, diese gewest. 1. Daß sie eine person gewesen, dero es von jugend auf ein redlicher ernst vor GOTTES ehre, und ihm zu dienen gewest, hingegen die einen eckel und widerwillen an der welt eitelkeit gehabt. 2. War sie vor eine weibs- person von ziemlich scharffem judicio, deme sie aus guter persvasion vor sich desto mehr indulgirte. 3. Wie sie bey der Päbstischen Religion geboren und erzogen, auch zu solcher sich bis in den tod wird bekant haben, also hat sie eben deswegen wenig unterricht von glaubens-sachen bekommen; Wie sie denn bey solcher kirche die weibs personen dahin nicht, sondern mehr da- von abhalten. Hingegen 4. hat sie aus denselben principiis den pelagi- anismum de viribus lib. arb. sodann die opinion der seligkeit aus den guten wercken und der heiligung gesogen, und behalten. 5. Das ver- dieust CHristi hat sie erkant, aber in articulo pe justificatione dessen impu- tation nicht wollen unsere gerechtigkeit seyn lassen, sondern more suae eccle- siae davon statuiret, welche auch das verdienst CHristi zum fundament leget, aber doch in der rechtfertigung dabey nicht allein bleibet. Von dem verdienst CHristi habe mit Herrn Poiret vor 7. oder 8. oder mehr jahren
(denn
Das ſiebende Capitel.
widerlegt werden koͤnte. Jch habe juͤngſt aus Dantzig brieffe gehabt, daß das Miniſterium daſelbs nie einigen deſſen revers extradiret habe. Ob nun ſolches ein anzeige, daß keiner vorhanden, oder daß er ea conditione ge- ſtellet, daß er nicht anders wohin ſolte communiciret werden, konte man mich nicht veꝛſichern. Gewiß ſeye es, obwol wegen Prætorii mit ihm gehandelt worden, ſo ſeye doch nichts davon auf cathedram Eccleſiaſticam kommen, weniger zu einem ſchiſmate ausgeſchlagen. Jndeſſen waͤre die hiſtorie der gantzen begebnuͤß ſehr nuͤtzlich, ja faſt noͤthig, wo man mit grund ſchreiben ſolte. Jch habe in beygehendem mit wenigem ihrer beyden meldung gethan, wie warheit und liebe erfordert. Die academiſche cenſuren betreffend, iſts freylich eine betruͤbte ſache, wie dieſelbe mißbrauchet werden. Es ſchme- cket gewiß nach einem pabſtthum, und waͤre endlich aͤrger mehrere als einen Pabſt zu haben. Meine klage habe ausgedruckt in dem neulichen tractat von dem gebrauch und mißbrauch der klagen 1. 2. §. 16.p. 87. GOtt erfuͤlle alle derer, welche er mit gaben erfuͤllet, und in anſehnliche ſtellen geſe- tzet, hertzen mit derjenigen demuth, daß niemand begehre Herr uͤber der an- dern gewiſſen zu werden.
1685.
SECTIO XXIX. Von deꝛbeꝛuͤhmten Antoinette Bourignon.
MEine meinung von Ant. Bourignon iſt aus langer uͤberlegung al- les deſſen, was mir von ihr bekant worden, dieſe geweſt. 1. Daß ſie eine perſon geweſen, dero es von jugend auf ein redlicher ernſt vor GOTTES ehre, und ihm zu dienen geweſt, hingegen die einen eckel und widerwillen an der welt eitelkeit gehabt. 2. War ſie vor eine weibs- perſon von ziemlich ſcharffem judicio, deme ſie aus guter perſvaſion vor ſich deſto mehr indulgirte. 3. Wie ſie bey der Paͤbſtiſchen Religion geboren und erzogen, auch zu ſolcher ſich bis in den tod wird bekant haben, alſo hat ſie eben deswegen wenig unterricht von glaubens-ſachen bekommen; Wie ſie denn bey ſolcher kirche die weibs perſonen dahin nicht, ſondern mehr da- von abhalten. Hingegen 4. hat ſie aus denſelben principiis den pelagi- aniſmum de viribus lib. arb. ſodann die opinion der ſeligkeit aus den guten wercken und der heiligung geſogen, und behalten. 5. Das ver- dieuſt CHriſti hat ſie erkant, aber in articulo pe juſtificatione deſſen impu- tation nicht wollen unſere gerechtigkeit ſeyn laſſen, ſondern more ſuæ eccle- ſiæ davon ſtatuiret, welche auch das verdienſt CHriſti zum fundament leget, aber doch in der rechtfertigung dabey nicht allein bleibet. Von dem verdienſt CHriſti habe mit Herrn Poiret vor 7. oder 8. oder mehr jahren
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Das ſiebende Capitel.
widerlegt werden koͤnte. Jch habe juͤngſt aus Dantzig brieffe gehabt, daß
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nun ſolches ein anzeige, daß keiner vorhanden, oder daß er ea conditione ge-
ſtellet, daß er nicht anders wohin ſolte communiciret werden, konte man
mich nicht veꝛſichern. Gewiß ſeye es, obwol wegen Prætorii mit ihm gehandelt
worden, ſo ſeye doch nichts davon auf cathedram Eccleſiaſticam kommen,
weniger zu einem ſchiſmate ausgeſchlagen. Jndeſſen waͤre die hiſtorie der
gantzen begebnuͤß ſehr nuͤtzlich, ja faſt noͤthig, wo man mit grund ſchreiben
ſolte. Jch habe in beygehendem mit wenigem ihrer beyden meldung gethan,
wie warheit und liebe erfordert. Die academiſche cenſuren betreffend, iſts
freylich eine betruͤbte ſache, wie dieſelbe mißbrauchet werden. Es ſchme-
cket gewiß nach einem pabſtthum, und waͤre endlich aͤrger mehrere als einen
Pabſt zu haben. Meine klage habe ausgedruckt in dem neulichen tractat
von dem gebrauch und mißbrauch der klagen 1. 2. §. 16. p. 87. GOtt
erfuͤlle alle derer, welche er mit gaben erfuͤllet, und in anſehnliche ſtellen geſe-
tzet, hertzen mit derjenigen demuth, daß niemand begehre Herr uͤber der an-
dern gewiſſen zu werden.
1685.
SECTIO XXIX.
Von deꝛbeꝛuͤhmten Antoinette Bourignon.
MEine meinung von Ant. Bourignon iſt aus langer uͤberlegung al-
les deſſen, was mir von ihr bekant worden, dieſe geweſt. 1. Daß
ſie eine perſon geweſen, dero es von jugend auf ein redlicher ernſt
vor GOTTES ehre, und ihm zu dienen geweſt, hingegen die einen eckel
und widerwillen an der welt eitelkeit gehabt. 2. War ſie vor eine weibs-
perſon von ziemlich ſcharffem judicio, deme ſie aus guter perſvaſion vor ſich
deſto mehr indulgirte. 3. Wie ſie bey der Paͤbſtiſchen Religion geboren
und erzogen, auch zu ſolcher ſich bis in den tod wird bekant haben, alſo hat ſie
eben deswegen wenig unterricht von glaubens-ſachen bekommen; Wie ſie
denn bey ſolcher kirche die weibs perſonen dahin nicht, ſondern mehr da-
von abhalten. Hingegen 4. hat ſie aus denſelben principiis den pelagi-
aniſmum de viribus lib. arb. ſodann die opinion der ſeligkeit aus den
guten wercken und der heiligung geſogen, und behalten. 5. Das ver-
dieuſt CHriſti hat ſie erkant, aber in articulo pe juſtificatione deſſen impu-
tation nicht wollen unſere gerechtigkeit ſeyn laſſen, ſondern more ſuæ eccle-
ſiæ davon ſtatuiret, welche auch das verdienſt CHriſti zum fundament
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verdienſt CHriſti habe mit Herrn Poiret vor 7. oder 8. oder mehr jahren
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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