SECTIO I. An einen Professorem Theologiae: Von einer übung der gottseligkeit mit Studiosis auf ei- ner Universität.
ES hat mich daher allezeit hertzlich erfreuet, was durch andere mir von E. Excellenz christlicher intention und fleiß gerühmet worden, das rechtschaffene wesen in Christo, wie es Paulus nennet Ephes. 4, 21. alethaan, bey jederman sonderlich ihrer werthen universität nach vermö- gen zu befördern: Davon aus ihrem lieben brief ein neues zeugnüß herneh- me. Jch habe auch so vielmehr ursach über dergleichen mich zu erfreuen, in- dem eines theils leider die exempel derjenigen, die mit ernst und gottseligem eif- fer dieses ihnen angelegen seyn lassen, eben so gar viele nicht sind, wie ich wol wünschete, andern theils erkenne, daß auf universitäten durch ihrer mehrer zusammengesetzten treuen fleiß ein sehr grosses zur auferbauung und gemeiner besserung geschehen könte, ja daß wo dieses nicht geschiehet, viele andere auch sonsten beste vorschläge fruchtloß müssen abgehen. Daß E. Excellenz ein exercitium pietatis gehalten, freuet mich sonderlich inniglich, und will hof- fen, daß der nutzen etwa grösser seyn mag, als sich noch offenbaret, hinge- gen was darnach eingestreuet worden, kan nimmermehr der wichtigkeit seyn, daß solche heilsame intention wieder unterbrochen würde: Wie dann deswegen das verlangen dergleichen ferner zu continuiren sehr rühmlich ist, und nicht ohne segen bleiben wird. Daß aber E. Excellenz mein gutdüncken auch über den modum eines solchen exercitii begehren, ist vielmehr ein zeugnüß deroselben modestiae, als daß man meiner vorschläge nöthig haben solte. Gleichwol will ich zeigen, daß ich auch darinnen ge- horsam seyn wolle, was mir sonsten nicht zuzukommen gern bekenne, und al- so meine unvorgreifliche gedancken zu überschreiben, und dero beurtheilung zu überlassen mich erkühne. So hielte nun ein solches exercitium sehr erbaulich, da. ein christlicher Professor ein biblisches buch, sonderlich etwa eine epistel des neuen Testaments, vornehme, und nach demjenigen, was et- wa insgemein von dem allgemeinen scopo und disposition, auch cohaerenz der gantzen tractation, vorerst zu bemercken und den auditoribus deutlich vorzustellen wäre, folglich jeglichen versicul nach dem andern vornehme und handelte: und zwar 2. also, daß er erstlich jedesmal nach gewiesener conne- xion den einfältigen buchstäblichen verstand aufs deutlichste und kürtzeste erklärte: darauf den auditoribus freystellete, etwas auch vorzubringen wer da wolte, oder in der ordnung umfrage hielte, was jeglicher vor lehren,
es
IV. Theil. z
ARTIC. II. SECT. I.
SECTIO I. An einen Profeſſorem Theologiæ: Von einer uͤbung der gottſeligkeit mit Studioſis auf ei- ner Univerſitaͤt.
ES hat mich daher allezeit hertzlich erfreuet, was durch andere mir von E. Excellenz chriſtlicher intention und fleiß geruͤhmet worden, das rechtſchaffene weſen in Chriſto, wie es Paulus nennet Epheſ. 4, 21. ἀλήϑααν, bey jederman ſonderlich ihrer werthen univerſitaͤt nach vermoͤ- gen zu befoͤrdern: Davon aus ihrem lieben brief ein neues zeugnuͤß herneh- me. Jch habe auch ſo vielmehr urſach uͤber dergleichen mich zu erfreuen, in- dem eines theils leider die exempel derjenigen, die mit ernſt und gottſeligem eif- fer dieſes ihnen angelegen ſeyn laſſen, eben ſo gar viele nicht ſind, wie ich wol wuͤnſchete, andern theils erkenne, daß auf univerſitaͤten durch ihrer mehrer zuſammengeſetzten treuen fleiß ein ſehr groſſes zur auferbauung und gemeiner beſſerung geſchehen koͤnte, ja daß wo dieſes nicht geſchiehet, viele andere auch ſonſten beſte vorſchlaͤge fruchtloß muͤſſen abgehen. Daß E. Excellenz ein exercitium pietatis gehalten, freuet mich ſonderlich inniglich, und will hof- fen, daß der nutzen etwa groͤſſer ſeyn mag, als ſich noch offenbaret, hinge- gen was darnach eingeſtreuet worden, kan nimmermehr der wichtigkeit ſeyn, daß ſolche heilſame intention wieder unterbrochen wuͤrde: Wie dann deswegen das verlangen dergleichen ferner zu continuiren ſehr ruͤhmlich iſt, und nicht ohne ſegen bleiben wird. Daß aber E. Excellenz mein gutduͤncken auch uͤber den modum eines ſolchen exercitii begehren, iſt vielmehr ein zeugnuͤß deroſelben modeſtiæ, als daß man meiner vorſchlaͤge noͤthig haben ſolte. Gleichwol will ich zeigen, daß ich auch darinnen ge- horſam ſeyn wolle, was mir ſonſten nicht zuzukommen gern bekenne, und al- ſo meine unvorgreifliche gedancken zu uͤberſchreiben, und dero beurtheilung zu uͤberlaſſen mich erkuͤhne. So hielte nun ein ſolches exercitium ſehr erbaulich, da. ein chriſtlicher Profeſſor ein bibliſches buch, ſonderlich etwa eine epiſtel des neuen Teſtaments, vornehme, und nach demjenigen, was et- wa insgemein von dem allgemeinen ſcopo und diſpoſition, auch cohærenz der gantzen tractation, vorerſt zu bemercken und den auditoribus deutlich vorzuſtellen waͤre, folglich jeglichen verſicul nach dem andern vornehme und handelte: und zwar 2. alſo, daß er erſtlich jedesmal nach gewieſener conne- xion den einfaͤltigen buchſtaͤblichen verſtand aufs deutlichſte und kuͤrtzeſte erklaͤrte: darauf den auditoribus freyſtellete, etwas auch vorzubringen wer da wolte, oder in der ordnung umfrage hielte, was jeglicher vor lehren,
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IV. Theil. z
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ARTIC. II. SECT. I.
SECTIO I.
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einer uͤbung der gottſeligkeit mit Studioſis auf ei-
ner Univerſitaͤt.
ES hat mich daher allezeit hertzlich erfreuet, was durch andere mir von
E. Excellenz chriſtlicher intention und fleiß geruͤhmet worden, das
rechtſchaffene weſen in Chriſto, wie es Paulus nennet Epheſ. 4, 21.
ἀλήϑααν, bey jederman ſonderlich ihrer werthen univerſitaͤt nach vermoͤ-
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fer dieſes ihnen angelegen ſeyn laſſen, eben ſo gar viele nicht ſind, wie ich wol
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beſſerung geſchehen koͤnte, ja daß wo dieſes nicht geſchiehet, viele andere auch
ſonſten beſte vorſchlaͤge fruchtloß muͤſſen abgehen. Daß E. Excellenz ein
exercitium pietatis gehalten, freuet mich ſonderlich inniglich, und will hof-
fen, daß der nutzen etwa groͤſſer ſeyn mag, als ſich noch offenbaret, hinge-
gen was darnach eingeſtreuet worden, kan nimmermehr der wichtigkeit ſeyn,
daß ſolche heilſame intention wieder unterbrochen wuͤrde: Wie dann
deswegen das verlangen dergleichen ferner zu continuiren ſehr ruͤhmlich
iſt, und nicht ohne ſegen bleiben wird. Daß aber E. Excellenz mein
gutduͤncken auch uͤber den modum eines ſolchen exercitii begehren, iſt
vielmehr ein zeugnuͤß deroſelben modeſtiæ, als daß man meiner vorſchlaͤge
noͤthig haben ſolte. Gleichwol will ich zeigen, daß ich auch darinnen ge-
horſam ſeyn wolle, was mir ſonſten nicht zuzukommen gern bekenne, und al-
ſo meine unvorgreifliche gedancken zu uͤberſchreiben, und dero beurtheilung
zu uͤberlaſſen mich erkuͤhne. So hielte nun ein ſolches exercitium ſehr
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/189>, abgerufen am 25.11.2024.
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