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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. II. SECTIO XXVII.

WAs die gethane frage selbs anlangt/ achte ich nicht/ daß derselbe die
bewuste person noch zur zeit a communione abhalten könne. 1.
Glaube ich nicht/ daß solche macht bey dem predigamt bloß stehe/ son-
dern es könte nicht anders als mit gutachten und willen der gantzen gemein-
de solches wichtige werck vorgenommen werden. So lang aber die gantze
gemeinde eine person annoch vor ihr mit-glied erkennet/ mag der prediger
propria auctoritate deiselbe nicht excludiren von denjenigen gütern/ welche
der gantzen gemeinde und jeglichen dero gliedern gebühren. 2. Halte ich zwar
des mannes procedur in der sache gantz unrecht/ und der übrigen mit-glieder
klage gerecht gegen ihn/ es ist aber doch eine kützliche sache/ daß eine solche
praeconcepta opinio bey demselben seye/ daß er recht zu haben meynet; um
welcherley in unwissenheit begehender/ ob wol unbillichen that/ die ausschlies-
sung nicht vorgenommen werden kan/ als die allein durch offenbahre boßheit
und laster verdienet wird. 3. Wil sich am wenigsten dergleichen von dem
Herrn dißmal thun lassen/ da derselbe erst neulich in das amt getreten; Da-
her noch wenig mit ihm aus der sache gehandelt haben wird/ und hingegen
dessen vorgängere/ nachdem sie mit der person gehandelt/ sie noch alle zuge-
lassen haben. Daher hielte meines orts davor: Derselbe/ wo sich die per-
son auch zu solcher heiligen handlung anmelden wolte/ redete vorhin mit ihro
in geheim/ zeigte an/ was er wegen solcher sache vor klagen über sie gehöret/
und remonstrire/ wie ein gefährlicher stand es seye/ welchen er von derselben
besorgen müste/ in vorenthaltung derjenigen mittel/ dero gebrauch der kirchen
so nöthig wäre/ und hingegen die ermanglung unterschiedliches gutes hinde-
re/ so dann wegen der seufftzer der gesamten gemeinde gegen ihn/ welche dem/
der sie ausdrückte/ allezeit schwer würden. Daher er ihn um GOttes und sei-
ner seele willen treulich gewarnet und erinnert haben wolte/ ob er sich in sol-
chem stande getraue/ den leib und blut des HErrn zu geniessen. Er erkente sich
zwar schuldig/ hm als einem glied der gemeinde dasselbe auf begehren zu rei-
chen/ und wünschte daß seine seele in rechter bereitschafft stehen möge/ hoffte
aber durch solche erinnerung die seinige gerettet zu haben/ fals er schuldig/ und
solche seine schuld nicht erkennen wolte. Gäbe GOTT gnade/ daß er etwa
in sich gienge/ so hätte man GOTT inniglich zu dancken; geschähe aber sol-
ches nicht/ wolte ich/ daß man abwarte was aus NN. vor hoffnung an-
scheinen werde;

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ARTIC. II. SECTIO XXVII.

WAs die gethane frage ſelbs anlangt/ achte ich nicht/ daß derſelbe die
bewuſte perſon noch zur zeit a communione abhalten koͤnne. 1.
Glaube ich nicht/ daß ſolche macht bey dem pꝛedigamt bloß ſtehe/ ſon-
dern es koͤnte nicht anders als mit gutachten und willen der gantzen gemein-
de ſolches wichtige werck vorgenommen werden. So lang aber die gantze
gemeinde eine perſon annoch vor ihr mit-glied erkennet/ mag der prediger
propria auctoritate deiſelbe nicht excludiren von denjenigen guͤtern/ welche
der gantzen gemeinde und jeglichen dero gliedern gebuͤhren. 2. Halte ich zwar
des mannes procedur in der ſache gantz unrecht/ und der uͤbrigen mit-glieder
klage gerecht gegen ihn/ es iſt aber doch eine kuͤtzliche ſache/ daß eine ſolche
præconcepta opinio bey demſelben ſeye/ daß er recht zu haben meynet; um
welcherley in unwiſſenheit begehender/ ob wol unbillichen that/ die ausſchlieſ-
ſung nicht vorgenommen werden kan/ als die allein durch offenbahre boßheit
und laſter verdienet wird. 3. Wil ſich am wenigſten dergleichen von dem
Herrn dißmal thun laſſen/ da derſelbe erſt neulich in das amt getreten; Da-
her noch wenig mit ihm aus der ſache gehandelt haben wird/ und hingegen
deſſen vorgaͤngere/ nachdem ſie mit der perſon gehandelt/ ſie noch alle zuge-
laſſen haben. Daher hielte meines orts davor: Derſelbe/ wo ſich die per-
ſon auch zu ſolcher heiligen handlung anmelden wolte/ redete vorhin mit ihro
in geheim/ zeigte an/ was er wegen ſolcher ſache vor klagen uͤber ſie gehoͤret/
und remonſtrire/ wie ein gefaͤhrlicher ſtand es ſeye/ welchen er von derſelben
beſorgen muͤſte/ in vorenthaltung derjenigen mittel/ dero gebrauch der kirchen
ſo noͤthig waͤre/ und hingegen die ermanglung unterſchiedliches gutes hinde-
re/ ſo dann wegen der ſeufftzer der geſamten gemeinde gegen ihn/ welche dem/
der ſie ausdruͤckte/ allezeit ſchwer wuͤrden. Daher er ihn um GOttes und ſei-
ner ſeele willen treulich gewarnet und erinnert haben wolte/ ob er ſich in ſol-
chem ſtande getraue/ den leib und blut des HErrn zu genieſſen. Er erkente ſich
zwar ſchuldig/ hm als einem glied der gemeinde daſſelbe auf begehren zu rei-
chen/ und wuͤnſchte daß ſeine ſeele in rechter bereitſchafft ſtehen moͤge/ hoffte
aber durch ſolche erinnerung die ſeinige gerettet zu haben/ fals er ſchuldig/ und
ſolche ſeine ſchuld nicht erkennen wolte. Gaͤbe GOTT gnade/ daß er etwa
in ſich gienge/ ſo haͤtte man GOTT inniglich zu dancken; geſchaͤhe aber ſol-
ches nicht/ wolte ich/ daß man abwarte was aus NN. vor hoffnung an-
ſcheinen werde;

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[275/0287] ARTIC. II. SECTIO XXVII. WAs die gethane frage ſelbs anlangt/ achte ich nicht/ daß derſelbe die bewuſte perſon noch zur zeit a communione abhalten koͤnne. 1. Glaube ich nicht/ daß ſolche macht bey dem pꝛedigamt bloß ſtehe/ ſon- dern es koͤnte nicht anders als mit gutachten und willen der gantzen gemein- de ſolches wichtige werck vorgenommen werden. So lang aber die gantze gemeinde eine perſon annoch vor ihr mit-glied erkennet/ mag der prediger propria auctoritate deiſelbe nicht excludiren von denjenigen guͤtern/ welche der gantzen gemeinde und jeglichen dero gliedern gebuͤhren. 2. Halte ich zwar des mannes procedur in der ſache gantz unrecht/ und der uͤbrigen mit-glieder klage gerecht gegen ihn/ es iſt aber doch eine kuͤtzliche ſache/ daß eine ſolche præconcepta opinio bey demſelben ſeye/ daß er recht zu haben meynet; um welcherley in unwiſſenheit begehender/ ob wol unbillichen that/ die ausſchlieſ- ſung nicht vorgenommen werden kan/ als die allein durch offenbahre boßheit und laſter verdienet wird. 3. Wil ſich am wenigſten dergleichen von dem Herrn dißmal thun laſſen/ da derſelbe erſt neulich in das amt getreten; Da- her noch wenig mit ihm aus der ſache gehandelt haben wird/ und hingegen deſſen vorgaͤngere/ nachdem ſie mit der perſon gehandelt/ ſie noch alle zuge- laſſen haben. Daher hielte meines orts davor: Derſelbe/ wo ſich die per- ſon auch zu ſolcher heiligen handlung anmelden wolte/ redete vorhin mit ihro in geheim/ zeigte an/ was er wegen ſolcher ſache vor klagen uͤber ſie gehoͤret/ und remonſtrire/ wie ein gefaͤhrlicher ſtand es ſeye/ welchen er von derſelben beſorgen muͤſte/ in vorenthaltung derjenigen mittel/ dero gebrauch der kirchen ſo noͤthig waͤre/ und hingegen die ermanglung unterſchiedliches gutes hinde- re/ ſo dann wegen der ſeufftzer der geſamten gemeinde gegen ihn/ welche dem/ der ſie ausdruͤckte/ allezeit ſchwer wuͤrden. Daher er ihn um GOttes und ſei- ner ſeele willen treulich gewarnet und erinnert haben wolte/ ob er ſich in ſol- chem ſtande getraue/ den leib und blut des HErrn zu genieſſen. Er erkente ſich zwar ſchuldig/ hm als einem glied der gemeinde daſſelbe auf begehren zu rei- chen/ und wuͤnſchte daß ſeine ſeele in rechter bereitſchafft ſtehen moͤge/ hoffte aber durch ſolche erinnerung die ſeinige gerettet zu haben/ fals er ſchuldig/ und ſolche ſeine ſchuld nicht erkennen wolte. Gaͤbe GOTT gnade/ daß er etwa in ſich gienge/ ſo haͤtte man GOTT inniglich zu dancken; geſchaͤhe aber ſol- ches nicht/ wolte ich/ daß man abwarte was aus NN. vor hoffnung an- ſcheinen werde; 1683. SECT m m 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/287>, abgerufen am 22.11.2024.