Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. II. SECTIO XXIX. 6. Sondern daß es eigentlich darauf ankommt/ auf die dritte hand- lung/ nemlich auf das fällen des urtheils über einen sünder/ dessen sünde be- kant/ und er darüber von den predigern und elterlingen vergebens vermah- net worden/ ob das urtheil allein den predigern jure divino zukomme/ so daß sie solten alle macht haben/ denselben durch ihr alleiniges urtheil des excom- municirens würdig oder unwürdig zu erklären/ oder ob beyde prediger und eltesten darüber zu urtheilen haben. Antwort. §. 1. §. 2. Ob nun aber diese rationes sehr plausibel scheinen/ zweiffele ich §. 3. So
ARTIC. II. SECTIO XXIX. 6. Sondern daß es eigentlich darauf ankommt/ auf die dritte hand- lung/ nemlich auf das faͤllen des urtheils uͤber einen ſuͤnder/ deſſen ſuͤnde be- kant/ und er daruͤber von den predigern und elterlingen vergebens vermah- net worden/ ob das urtheil allein den predigern jure divino zukomme/ ſo daß ſie ſolten alle macht haben/ denſelben durch ihr alleiniges urtheil des excom- municirens wuͤrdig oder unwuͤrdig zu erklaͤren/ oder ob beyde prediger und elteſten daruͤber zu urtheilen haben. Antwort. §. 1. §. 2. Ob nun aber dieſe rationes ſehr plauſibel ſcheinen/ zweiffele ich §. 3. So
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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
6. Sondern daß es eigentlich darauf ankommt/ auf die dritte hand-
lung/ nemlich auf das faͤllen des urtheils uͤber einen ſuͤnder/ deſſen ſuͤnde be-
kant/ und er daruͤber von den predigern und elterlingen vergebens vermah-
net worden/ ob das urtheil allein den predigern jure divino zukomme/ ſo daß
ſie ſolten alle macht haben/ denſelben durch ihr alleiniges urtheil des excom-
municirens wuͤrdig oder unwuͤrdig zu erklaͤren/ oder ob beyde prediger und
elteſten daruͤber zu urtheilen haben.
Antwort.
§. 1.
AUf dieſe frage in der furcht des HERRN zu antworten/ ſolte wol
anfangs das anſehen es gewinnen/ daß das judicium uͤber die exclu-
ſion oder zulaſſung dem miniſterio gebuͤhre mit ausſchluͤſſung ande-
rer nicht in dem predigamt ſtehenden. 1. Weil demſelben von unſern Heyland
Joh. 20. die macht gegeben/ nicht nur zu loͤſen ſondern auch zu binden/ und
ſolche gewalt eine unmittelbare folge des dienſtes des Evangelii zu ſeyn ſchei-
net/ welcher ihnen ja unzweifentlich alſo gebuͤhret/ daß die elteſten an demſel-
ben kein theil haben. 2. Weil ſie die diſpenſatores der heiligen ſacramenten
ſeynd/ und alſo auch billig/ daß die cognitio der tuͤchtigkeit oder untuͤchtigkeit
darzu gelaſſen zu werden/ ihnen nicht entzogen/ noch andern gemein gemacht
werde/ welche an jener adminiſtration auch nicht prætendiren theil zu haben.
Sonderlich 3. weil ſie am beſten die ſache und regeln ihres Heylandes verſte-
hen/ und alſo den ausſpruch machen koͤnnen/ wer nach ſolchen zu admittiren
oder auszuſchlieſſen ſeye. Daher 4. zu ihnen auch billig dieſes vertrauen zu
tragen/ daß ſie in ſolcher ſache gewiſſenhafft/ wie ſie es vor dem ertz-hirten zu
verantworten wiſſen/ verfahren werden/ deswegen nicht noͤthig/ oder rath-
ſam/ ihnen mit-inſpectores zu verordnen/ ohne welcher mit-einſtimmung ihr
ausſpruch nicht guͤltig ſeyn ſolte.
§. 2. Ob nun aber dieſe rationes ſehr plauſibel ſcheinen/ zweiffele ich
doch nicht/ wer ohne paſſionen der gantzen ſache fleißig nachdencket/ werde
finden/ daß die elteſte der kirchen aus goͤttlichem recht nicht ausgeſchloſſen
werden moͤgen/ ſondern ihnen in dem kirchen-gericht gleiche gewalt zu urthei-
len mit den predigern zukomme; Daher wo die gegen angefuͤhrte rationes in
dem grunde unterſucht werden/ ſichs leicht zeigen wird/ (wir auch unten ſehen
wollen) daß ſie den ſtich nicht halten/ noch dasjenige bewaͤhren was daraus
zu folgen ſcheinet. Wir wollen erſtlich den grund unſerer entſcheidung dieſer
frage mit mehrern beſehen:
§. 3. So
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