Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. II. SECTIO XXIX. ihrer ordnung gehöret werden müsse/ deßwegen auch denjenigen lehrer ver-werffen könne/ welcher die dinge lehret/ die sie nach eigner ihrer prüffung und urtheil aus GOttes wort vor unrecht erkennet/ ob wol sie selbs und jede dero glieder sich die macht des predigens selbs nicht nimmet. §. 17. Die 3. difficultät möchte seyn/ daß gleichwol die prediger/ als etwa o o 2
ARTIC. II. SECTIO XXIX. ihrer ordnung gehoͤret werden muͤſſe/ deßwegen auch denjenigen lehrer ver-werffen koͤnne/ welcher die dinge lehret/ die ſie nach eigner ihrer pruͤffung und urtheil aus GOttes wort vor unrecht erkennet/ ob wol ſie ſelbs und jede dero glieder ſich die macht des predigens ſelbs nicht nimmet. §. 17. Die 3. difficultaͤt moͤchte ſeyn/ daß gleichwol die prediger/ als etwa o o 2
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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
ihrer ordnung gehoͤret werden muͤſſe/ deßwegen auch denjenigen lehrer ver-
werffen koͤnne/ welcher die dinge lehret/ die ſie nach eigner ihrer pruͤffung
und urtheil aus GOttes wort vor unrecht erkennet/ ob wol ſie ſelbs und jede
dero glieder ſich die macht des predigens ſelbs nicht nimmet.
§. 17. Die 3. difficultaͤt moͤchte ſeyn/ daß gleichwol die prediger/ als
welche in GOttes wort vor andern fleißig ſtudiren/ davor angeſehen werden
ſollen/ daß ſie am beſten verſtuͤnden/ was goͤttlicher ordnung gemaͤß ſeye/ da-
hero es billig allein bey ihrem urtheil bleiben ſolte. Es iſt aber hierauf zu mer-
cken/ ob wol die prediger krafft ihrer abſonderlichen profeſſion taͤglich uͤber
der ſchrifft ſitzen/ u. das meiſte zu dero und der goͤttlichen darinnen ſteckenden
wahrheit unterſuchung und betrachtung anwenden muͤſſen/ ſo ſeye dennoch
eben dieſes auch die pflicht aller Chriſten/ daß ſie fleißig/ jeglicher nach dem
maaß ſeiner gaben/ in dem wort der wahrheit ſich uͤben/ und aus demſelben/
was ihnen und andern das beſte ſeye/ erlernen ſollen. So gehoͤret zu der
urtheilung/ ob dieſer und jener vor ein tuͤchtiges glied der kirchen behalten/
oder als ein aͤrgerlicher abgeſchnitten werden ſolle/ nicht eben eine hohe eru-
dition, ſondern ſo wol die einfaͤltige erkaͤntnuͤß/ was goͤttlicher wille in unſe-
rem Chriſtenthum an uns alle oder auch was demſelben entgegen ſeye/ die ſich
bey allen Chriſten finden ſolle/ als auch diejenige weiß- oder klugheit/ in jeden
caſu der vorkommt/ oder bey jeder perſon davon gehandelt wird/ wohl zu er-
meſſen/ ob mit mehr eyffer und ernſt oder mit mehr langmuth und gedult dis-
mal mehr auszurichten/ und wie zu verfahren/ ſowol einem ſolchen menſchen
als der gemeinde das nuͤtzlichſte ſeye/ und aͤrgernuͤß abgewendet werde: Weil
ja alles in der gantzen ſache dahin gemeinet iſt/ die buß der ſuͤnder zu befoͤrdern/
und die gemeinde vor boͤſem exempel zu verwahren: Es iſt aber dieſe weiß-
und klugheit nicht eben eine frucht der erudition, als die ſich bey vielen ſehr
gelehrten nicht findet/ ſondern naͤchſt einer natuͤrlichen faͤhigkeit des verſtan-
des eine ſonderbare gabe GOttes/ welche ſich offters in gleichen ja reicherem
maaß bey leuten findet/ die weder ſonderbare ſtudia haben/ noch in dem amt
ſtehen/ ſondern allein die nothwendige und gemeine reglen des Chriſtenthums
gelernet/ als bey den gelehrten und beruffenen predigern. Weil nun alle
wahre Chriſten die nothdurfft ihres Chriſtenthums verſtehen/ und in GOt-
tes wort gegruͤndet ſeyn ſollen/ und unter den gliedern der gemeinde wol
ſolche leute zu finden/ die an weißheit den amts-perſonen nicht ungleich/
zumalen auch nicht alles an dem wiſſen/ ſondern eben ſo viel an heiligem eyf-
fer und mit denen in der ſchrifft beſchriebenen eigenſchafften ausgezierter
liebe in abfaſſung eines urtheils gelegen iſt (wo abermal dieſe gaben den
Chriſten gemein und nicht an einen ſtand gebunden ſind) ſo machet die
etwa
o o 2
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