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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
sich wie man will/ nicht davon entbrechen kan/ daß nicht in derselbigen und
zwar aus ihrer lehr principiis, abgötterey getrieben wird/ welcherley sün-
de GOTT allezeit am wenigsten hat leiden können: Es ist eine kirche/ die
den rechten grund des glaubens auf unterschiedliche art umstosset: Es ist
dero gantze verfassung und regiment einmal das GOTT dem HErrn so
höchst verhaßte Babel/ und als der hauptfeind des HErrn; dann daß
Offenbar. Joh. 17/ 9. 18. das weib und die daselbs bezeichnete stadt seye
Rom/ ist fast mit händen zu greiffen/ und eine solche unwidersprechliche
wahrheit/ daß auch die Papisten selbs dieselbe annehmen/ ob sie wol damit
sich entschuldigen/ daß Rom noch erst künfftig in solchen verfall gerathen
würde. Nun mag die arme stadt Rom/ so fern sie in ihren gebäuen/ häu-
sern und mauren bestehet/ ein solches Babel nicht seyn/ deme diejenige dinge
zukommen/ die der heilige Johannes von ihm saget: So ists also diejenige
gewalt die ihren sitz noch zu Rom hat/ und über viele Könige auf geistliche
art herrschet. Es findet sich bey der päpstischen kirchen die dependentz
aller dero glieder von ihrem oberhaupt dem Papst/ und was derjenige/ wel-
cher sich zu ihrer von andern kirchen begiebet/ dessen seine gewalt und an-
maslich von CHristo gegebene macht/ über die gantze kirche ausdrücklich
erkennen/ und sich deroselben unterwerffen/ dahero deutlich dasjenige billi-
chen/ was recht das hertz der greuel im Papstthum ist/ nemlich daß der glau-
be von GOTT und seinem wort auf menschen und dero autorität gezogen
wird. Und so wird ein solcher mensch/ der sich freywillig in solche dienstbar-
keit begiebet/ aller solchen greuel mit theilhafftig; Doch hingegen bey an-
dern falschen religionen/ aufs wenigste dieses nicht geschiehet/ sondern jeg-
licher allein seine last träget. Ja wir würden wohl finden/ daß zuweilen ei-
nige religionen/ kein bedencken machen werden/ etliche wenige puncten ih-
rer bekäntnüß vielen ihrer kirchen gliedern/ nicht auf zu bürden/ sondern in
dero freyheit zu lassen/ so aber bey der päpstischen kirchen nicht geschiehet/ als
worin dieses erste principium gelten muß/ es könne die kirche nicht irren/ und
seye deswegen alles dasjenige eine göttliche wahrheit/ was jemals von
der kirchen in diesem und jenem concilio geschlossen worden/ und also ihre
gesamte lehre/ wie sie insgemein gehöret wird. Dann ob wohl einige zu
weilen vor ihrem abfall capituliren/ dieses und jenes nicht zu glauben/ und
auch damit angenommen werden/ so ist doch nichts als ein betrug/ entwe-
der einfältige/ oder diejenige von den verständigen/ die sich um anderer ur-
sach willen wissentlich wollen betriegen lassen/ zu betriegen. Dann was in
einem gegeben wird in dem andern genommen. Weil doch insgemein die
allgemeine professio fidei: da es lauten muß. Jch bekenne die heilige
Ca-
Das ſiebende Capitel.
ſich wie man will/ nicht davon entbrechen kan/ daß nicht in derſelbigen und
zwar aus ihrer lehr principiis, abgoͤtterey getrieben wird/ welcherley ſuͤn-
de GOTT allezeit am wenigſten hat leiden koͤnnen: Es iſt eine kirche/ die
den rechten grund des glaubens auf unterſchiedliche art umſtoſſet: Es iſt
dero gantze verfaſſung und regiment einmal das GOTT dem HErrn ſo
hoͤchſt verhaßte Babel/ und als der hauptfeind des HErrn; dann daß
Offenbar. Joh. 17/ 9. 18. das weib und die daſelbs bezeichnete ſtadt ſeye
Rom/ iſt faſt mit haͤnden zu greiffen/ und eine ſolche unwiderſprechliche
wahrheit/ daß auch die Papiſten ſelbs dieſelbe annehmen/ ob ſie wol damit
ſich entſchuldigen/ daß Rom noch erſt kuͤnfftig in ſolchen verfall gerathen
wuͤrde. Nun mag die arme ſtadt Rom/ ſo fern ſie in ihren gebaͤuen/ haͤu-
ſern und mauren beſtehet/ ein ſolches Babel nicht ſeyn/ deme diejenige dinge
zukommen/ die der heilige Johannes von ihm ſaget: So iſts alſo diejenige
gewalt die ihren ſitz noch zu Rom hat/ und uͤber viele Koͤnige auf geiſtliche
art herrſchet. Es findet ſich bey der paͤpſtiſchen kirchen die dependentz
aller dero glieder von ihrem oberhaupt dem Papſt/ und was derjenige/ wel-
cher ſich zu ihrer von andern kirchen begiebet/ deſſen ſeine gewalt und an-
maslich von CHriſto gegebene macht/ uͤber die gantze kirche ausdruͤcklich
erkennen/ und ſich deroſelben unterwerffen/ dahero deutlich dasjenige billi-
chen/ was recht das hertz der greuel im Papſtthum iſt/ nemlich daß der glau-
be von GOTT und ſeinem wort auf menſchen und dero autoritaͤt gezogen
wird. Und ſo wird ein ſolcher menſch/ der ſich freywillig in ſolche dienſtbar-
keit begiebet/ aller ſolchen greuel mit theilhafftig; Doch hingegen bey an-
dern falſchen religionen/ aufs wenigſte dieſes nicht geſchiehet/ ſondern jeg-
licher allein ſeine laſt traͤget. Ja wir wuͤrden wohl finden/ daß zuweilen ei-
nige religionen/ kein bedencken machen werden/ etliche wenige puncten ih-
rer bekaͤntnuͤß vielen ihrer kirchen gliedern/ nicht auf zu buͤrden/ ſondern in
dero freyheit zu laſſen/ ſo aber bey der paͤpſtiſchen kirchen nicht geſchiehet/ als
worin dieſes erſte principium gelten muß/ es koͤnne die kirche nicht irren/ und
ſeye deswegen alles dasjenige eine goͤttliche wahrheit/ was jemals von
der kirchen in dieſem und jenem concilio geſchloſſen worden/ und alſo ihre
geſamte lehre/ wie ſie insgemein gehoͤret wird. Dann ob wohl einige zu
weilen vor ihrem abfall capituliren/ dieſes und jenes nicht zu glauben/ und
auch damit angenommen werden/ ſo iſt doch nichts als ein betrug/ entwe-
der einfaͤltige/ oder diejenige von den verſtaͤndigen/ die ſich um anderer ur-
ſach willen wiſſentlich wollen betriegen laſſen/ zu betriegen. Dann was in
einem gegeben wird in dem andern genommen. Weil doch insgemein die
allgemeine profesſio fidei: da es lauten muß. Jch bekenne die heilige
Ca-
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[358/0370] Das ſiebende Capitel. ſich wie man will/ nicht davon entbrechen kan/ daß nicht in derſelbigen und zwar aus ihrer lehr principiis, abgoͤtterey getrieben wird/ welcherley ſuͤn- de GOTT allezeit am wenigſten hat leiden koͤnnen: Es iſt eine kirche/ die den rechten grund des glaubens auf unterſchiedliche art umſtoſſet: Es iſt dero gantze verfaſſung und regiment einmal das GOTT dem HErrn ſo hoͤchſt verhaßte Babel/ und als der hauptfeind des HErrn; dann daß Offenbar. Joh. 17/ 9. 18. das weib und die daſelbs bezeichnete ſtadt ſeye Rom/ iſt faſt mit haͤnden zu greiffen/ und eine ſolche unwiderſprechliche wahrheit/ daß auch die Papiſten ſelbs dieſelbe annehmen/ ob ſie wol damit ſich entſchuldigen/ daß Rom noch erſt kuͤnfftig in ſolchen verfall gerathen wuͤrde. Nun mag die arme ſtadt Rom/ ſo fern ſie in ihren gebaͤuen/ haͤu- ſern und mauren beſtehet/ ein ſolches Babel nicht ſeyn/ deme diejenige dinge zukommen/ die der heilige Johannes von ihm ſaget: So iſts alſo diejenige gewalt die ihren ſitz noch zu Rom hat/ und uͤber viele Koͤnige auf geiſtliche art herrſchet. Es findet ſich bey der paͤpſtiſchen kirchen die dependentz aller dero glieder von ihrem oberhaupt dem Papſt/ und was derjenige/ wel- cher ſich zu ihrer von andern kirchen begiebet/ deſſen ſeine gewalt und an- maslich von CHriſto gegebene macht/ uͤber die gantze kirche ausdruͤcklich erkennen/ und ſich deroſelben unterwerffen/ dahero deutlich dasjenige billi- chen/ was recht das hertz der greuel im Papſtthum iſt/ nemlich daß der glau- be von GOTT und ſeinem wort auf menſchen und dero autoritaͤt gezogen wird. Und ſo wird ein ſolcher menſch/ der ſich freywillig in ſolche dienſtbar- keit begiebet/ aller ſolchen greuel mit theilhafftig; Doch hingegen bey an- dern falſchen religionen/ aufs wenigſte dieſes nicht geſchiehet/ ſondern jeg- licher allein ſeine laſt traͤget. Ja wir wuͤrden wohl finden/ daß zuweilen ei- nige religionen/ kein bedencken machen werden/ etliche wenige puncten ih- rer bekaͤntnuͤß vielen ihrer kirchen gliedern/ nicht auf zu buͤrden/ ſondern in dero freyheit zu laſſen/ ſo aber bey der paͤpſtiſchen kirchen nicht geſchiehet/ als worin dieſes erſte principium gelten muß/ es koͤnne die kirche nicht irren/ und ſeye deswegen alles dasjenige eine goͤttliche wahrheit/ was jemals von der kirchen in dieſem und jenem concilio geſchloſſen worden/ und alſo ihre geſamte lehre/ wie ſie insgemein gehoͤret wird. Dann ob wohl einige zu weilen vor ihrem abfall capituliren/ dieſes und jenes nicht zu glauben/ und auch damit angenommen werden/ ſo iſt doch nichts als ein betrug/ entwe- der einfaͤltige/ oder diejenige von den verſtaͤndigen/ die ſich um anderer ur- ſach willen wiſſentlich wollen betriegen laſſen/ zu betriegen. Dann was in einem gegeben wird in dem andern genommen. Weil doch insgemein die allgemeine profesſio fidei: da es lauten muß. Jch bekenne die heilige Ca-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/370>, abgerufen am 22.11.2024.