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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
mit der artzeney nach der von GOtt empfangenen gnade denen seiner bedörfftigen
behülfflich zu seyn/ auch dahin zu trachten/ wie er seine gabe in solcher profession
durch göttliche gnade immer mehr erwecken möge/ da er alsdann wo er dieselbe in
der furcht GOttes und im glauben aus liebe treibet/ damit ein so heiliges werck ver-
richten wird/ als ein prediger auf der cantzel. Dabey einem christlichen medico
unverboten/ vielmehr gantz anständig ist/ seinen patienten/ die er zuspruchs bedörf-
tig befindet/ auch christlich zuzusprechen/ darmit sie sich zu GOtt recht wenden/
von dem aller segen der artzeney kommen muß. Jedoch muß solches mit guter be-
scheidenheit und einfalt auch ohne eingriff in der prediger amt/ vielmehr zu des-
sen beförderung geschehen. Ob ich nun wol im übrigen der meinung nicht bin/ daß
welche keine Theologi sind/ sich nothwendig alles geistlichen schmucks enthalten
müsten/ sondern glaube/ es dörfften auch andere/ die in unserem stand nicht leben/ ih-
re habende gaben darinn anwenden: so kommet doch solches allein denen zu/ de-
nen der HErr das darzu nöthige gegeben hat/ dessen urtheil nicht so wol auf sie
selbs als auf andere christliche freunde ankommet. Da ich dann in liebe nicht anders
aus dem mitgesandten urtheilen kan/ als daß derselbe wol einige gabe der erkänt-
nüß/ wie ich hoffen will/ habe/ aber/ wie oben bereits gemeldet/ dörffte es an dem
vermögen zu anderer wahren erbauung das erkante auszutrucken manglen. Jn
welcher bewandtnüß derselbe wol thun wird/ wann er seinem übrigen Christlichen
beruf desto treulicher abwartende/ die handelung Theologischer materien/ aus-
genommen was zu der eigenen seelen erbauung nöthig/ beyseit setzte/ sonderlich mit
aufsetzung dergleichen schrifften an sich hielte. Jn hertzlicher hoffnung/ daß diese
freundliche erinnerung/ die in aufrichtiger liebe thue/ auch liebreich werde aufge-
nommen werden/ wünsche von dem himmlischen vater/ daß er denselben mit sei-
nem heiligen Geist weißlich regiren/ und zu nützlichem werckzeug seiner gnaden/
sonderlich in dem worzu er ihn verordnet hat/ mehr und mehr bereiten wolle.

SECTIO XIII.
Antwort auf anderwerts her angemuthete
Gevatterschafft.

JCch ruffe hiemit den getreuen himmlischen Vater hertzlich an/ daß er dieses
liebe und nun in seiner gemeinde aufgenommene kind ferner in zeit und ewig-
keit unter der zahl seiner gnaden-kinder bleiben lassen wolle: daß er also seinen
ihm geschenckten Geist nimmermehr von ihm nehme/ sondern ihn seinen stäten leh-
rer und führer seyn lasse/ der mit zunehmenden jahren durch das göttliche wort das
in ihm jezund entzündete glaubens-licht immer vermehre/ es von der welt und de-
ro verführung bewahre/ hingegen zu einem nützlichen gefäß seiner gnaden und

kräf-

Das ſiebende Capitel.
mit der artzeney nach der von GOtt empfangenen gnade denen ſeiner bedoͤrfftigen
behuͤlfflich zu ſeyn/ auch dahin zu trachten/ wie er ſeine gabe in ſolcher profeſſion
durch goͤttliche gnade immer mehr erwecken moͤge/ da er alsdann wo er dieſelbe in
der furcht GOttes und im glauben aus liebe treibet/ damit ein ſo heiliges werck ver-
richten wird/ als ein prediger auf der cantzel. Dabey einem chriſtlichen medico
unverboten/ vielmehr gantz anſtaͤndig iſt/ ſeinen patienten/ die er zuſpruchs bedoͤrf-
tig befindet/ auch chriſtlich zuzuſprechen/ darmit ſie ſich zu GOtt recht wenden/
von dem aller ſegen der artzeney kommen muß. Jedoch muß ſolches mit guter be-
ſcheidenheit und einfalt auch ohne eingriff in der prediger amt/ vielmehr zu deſ-
ſen befoͤrderung geſchehen. Ob ich nun wol im uͤbrigen der meinung nicht bin/ daß
welche keine Theologi ſind/ ſich nothwendig alles geiſtlichen ſchmucks enthalten
muͤſten/ ſondern glaube/ es doͤrfften auch andere/ die in unſerem ſtand nicht leben/ ih-
re habende gaben darinn anwenden: ſo kommet doch ſolches allein denen zu/ de-
nen der HErr das darzu noͤthige gegeben hat/ deſſen urtheil nicht ſo wol auf ſie
ſelbs als auf andere chriſtliche freunde ankommet. Da ich dann in liebe nicht anders
aus dem mitgeſandten urtheilen kan/ als daß derſelbe wol einige gabe der erkaͤnt-
nuͤß/ wie ich hoffen will/ habe/ aber/ wie oben bereits gemeldet/ doͤrffte es an dem
vermoͤgen zu anderer wahren erbauung das erkante auszutrucken manglen. Jn
welcher bewandtnuͤß derſelbe wol thun wird/ wann er ſeinem uͤbrigen Chriſtlichen
beruf deſto treulicher abwartende/ die handelung Theologiſcher materien/ aus-
genommen was zu der eigenen ſeelen erbauung noͤthig/ beyſeit ſetzte/ ſonderlich mit
aufſetzung dergleichen ſchrifften an ſich hielte. Jn hertzlicher hoffnung/ daß dieſe
freundliche erinnerung/ die in aufrichtiger liebe thue/ auch liebreich werde aufge-
nommen werden/ wuͤnſche von dem himmliſchen vater/ daß er denſelben mit ſei-
nem heiligen Geiſt weißlich regiren/ und zu nuͤtzlichem werckzeug ſeiner gnaden/
ſonderlich in dem worzu er ihn verordnet hat/ mehr und mehr bereiten wolle.

SECTIO XIII.
Antwort auf anderwerts her angemuthete
Gevatterſchafft.

JCch ruffe hiemit den getreuen himmliſchen Vater hertzlich an/ daß er dieſes
liebe und nun in ſeiner gemeinde aufgenommene kind ferner in zeit und ewig-
keit unter der zahl ſeiner gnaden-kinder bleiben laſſen wolle: daß er alſo ſeinen
ihm geſchenckten Geiſt nimmermehr von ihm nehme/ ſondern ihn ſeinen ſtaͤten leh-
rer und fuͤhrer ſeyn laſſe/ der mit zunehmenden jahren durch das goͤttliche wort das
in ihm jezund entzuͤndete glaubens-licht immer vermehre/ es von der welt und de-
ro verfuͤhrung bewahre/ hingegen zu einem nuͤtzlichen gefaͤß ſeiner gnaden und

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[384/0396] Das ſiebende Capitel. mit der artzeney nach der von GOtt empfangenen gnade denen ſeiner bedoͤrfftigen behuͤlfflich zu ſeyn/ auch dahin zu trachten/ wie er ſeine gabe in ſolcher profeſſion durch goͤttliche gnade immer mehr erwecken moͤge/ da er alsdann wo er dieſelbe in der furcht GOttes und im glauben aus liebe treibet/ damit ein ſo heiliges werck ver- richten wird/ als ein prediger auf der cantzel. Dabey einem chriſtlichen medico unverboten/ vielmehr gantz anſtaͤndig iſt/ ſeinen patienten/ die er zuſpruchs bedoͤrf- tig befindet/ auch chriſtlich zuzuſprechen/ darmit ſie ſich zu GOtt recht wenden/ von dem aller ſegen der artzeney kommen muß. Jedoch muß ſolches mit guter be- ſcheidenheit und einfalt auch ohne eingriff in der prediger amt/ vielmehr zu deſ- ſen befoͤrderung geſchehen. Ob ich nun wol im uͤbrigen der meinung nicht bin/ daß welche keine Theologi ſind/ ſich nothwendig alles geiſtlichen ſchmucks enthalten muͤſten/ ſondern glaube/ es doͤrfften auch andere/ die in unſerem ſtand nicht leben/ ih- re habende gaben darinn anwenden: ſo kommet doch ſolches allein denen zu/ de- nen der HErr das darzu noͤthige gegeben hat/ deſſen urtheil nicht ſo wol auf ſie ſelbs als auf andere chriſtliche freunde ankommet. Da ich dann in liebe nicht anders aus dem mitgeſandten urtheilen kan/ als daß derſelbe wol einige gabe der erkaͤnt- nuͤß/ wie ich hoffen will/ habe/ aber/ wie oben bereits gemeldet/ doͤrffte es an dem vermoͤgen zu anderer wahren erbauung das erkante auszutrucken manglen. Jn welcher bewandtnuͤß derſelbe wol thun wird/ wann er ſeinem uͤbrigen Chriſtlichen beruf deſto treulicher abwartende/ die handelung Theologiſcher materien/ aus- genommen was zu der eigenen ſeelen erbauung noͤthig/ beyſeit ſetzte/ ſonderlich mit aufſetzung dergleichen ſchrifften an ſich hielte. Jn hertzlicher hoffnung/ daß dieſe freundliche erinnerung/ die in aufrichtiger liebe thue/ auch liebreich werde aufge- nommen werden/ wuͤnſche von dem himmliſchen vater/ daß er denſelben mit ſei- nem heiligen Geiſt weißlich regiren/ und zu nuͤtzlichem werckzeug ſeiner gnaden/ ſonderlich in dem worzu er ihn verordnet hat/ mehr und mehr bereiten wolle. 1697. SECTIO XIII. Antwort auf anderwerts her angemuthete Gevatterſchafft. JCch ruffe hiemit den getreuen himmliſchen Vater hertzlich an/ daß er dieſes liebe und nun in ſeiner gemeinde aufgenommene kind ferner in zeit und ewig- keit unter der zahl ſeiner gnaden-kinder bleiben laſſen wolle: daß er alſo ſeinen ihm geſchenckten Geiſt nimmermehr von ihm nehme/ ſondern ihn ſeinen ſtaͤten leh- rer und fuͤhrer ſeyn laſſe/ der mit zunehmenden jahren durch das goͤttliche wort das in ihm jezund entzuͤndete glaubens-licht immer vermehre/ es von der welt und de- ro verfuͤhrung bewahre/ hingegen zu einem nuͤtzlichen gefaͤß ſeiner gnaden und kraͤf-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/396>, abgerufen am 22.11.2024.