Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
ARTIC. IV. SECTIO XXI.

ES wird gefragt: ob ein prediger nicht befugt sey/ nicht nur ratione christia-
nismi & regalis sacerdotii,
sondern auch als ein legitime ordinatus pa-
stor
geistliche scripta aus licht zu geben (wenn ich in mere generalibus ver-
bleibe) ob er gleich nicht hujus vel illius loci ordinarius, seu vocatus pastor ist.
Auf dieses antworte/ daß demselben diese freyheit nicht zu wehren/ und wird dar-
zu der absonderliche beruff zu einer gewissen pfarrstelle so gar nicht erfordert/ daß
vielmehr solche sonderbare stelle das wenigste mehrere recht/ als er ohne das hat/
nicht hinzuthun würde/ es wäre denn sache/ daß es einige dinge beträffe/ welche
eine solche sonderbare gemeine concernirten/ wo seine vor dieselbe habende son-
derbare sorge freylich das vorhin habende jus stärcken/ oder gar ohne dasselbe
nicht ziemlich würde seyn/ sich scripto, etwa zu praejudiz der ordinariorum,
einer solchen particular-kirchen anzunehmen: wie aber der pastoratus allein das
recht giebet an solchen sondern coetum; so hat kein pastor mehr recht zu solchen der-
gleichen scriptis universalibus, als ein anderer der keine sonderbare gemeinde
vor sich hat. Also kommet das recht von solchen dingen seine meinung öffentlich
zu geben/ die bemerckende ärgernüsse bescheidentlich zu taxiren/ und gemeine ver-
mahnungen zu thun/ her/ theils aus dem allgemeinen christenrecht/ massen die
christen/ wie sie als geistliche priester den willen GOttes zu untersuchen und mit
andern daraus zu handeln befugt sind/ was sie davon erkant/ wo sie es erbau-
lich achten/ gar wol andern mittheilen dürffen/ und darinnen ein stück ihrer lie-
bes-pflicht erkennen/ theils wiederum aus absonderlichem recht/ da ein theologus
sich einmal dem dienste GOttes und der kirchen gewidmet hat/ und also wo er
findet/ daß er sein pfund anwenden könne/ solches wohl zu thun fug hat. Und
achte ich/ daß dergleichen einem prediger/ welcher an einer sonderbaren gemeine
zu arbeiten/ die gelegenheit nicht hat/ desto weniger verdacht werden solle/ daß er
einige andere gelegenheit ergreifft/ der gesamten kirchen mit erbaulichen Schriff-
ten (wie denn diejenigen/ so nicht erbaulich sind/ weder von solchen die in dem amt
stünden/ oder nicht stünden/ gebilliget werden möchten) sein pfund zum dienste
zu widmen. Es ist aber solches zu verstehen/ wie die frage abgefaßt ist/ wo man
in mere generalibus verbleibet: denn wo dergleichen dinge eingemischet würden/
worinnen particular-actiones dieses und jenes/ oder dero aufgefangene reden ta-
xi
ret würden/ so solte es eine andere bewandnüß damit haben.

SECTIO XXII.
Von den dispensationen der obrigkeiten/
von ihren ordnungen.
Wie
ARTIC. IV. SECTIO XXI.

ES wird gefragt: ob ein prediger nicht befugt ſey/ nicht nur ratione chriſtia-
niſmi & regalis ſacerdotii,
ſondern auch als ein legitime ordinatus pa-
ſtor
geiſtliche ſcripta aus licht zu geben (wenn ich in mere generalibus ver-
bleibe) ob er gleich nicht hujus vel illius loci ordinarius, ſeu vocatus paſtor iſt.
Auf dieſes antworte/ daß demſelben dieſe freyheit nicht zu wehren/ und wird dar-
zu der abſonderliche beruff zu einer gewiſſen pfarrſtelle ſo gar nicht erfordert/ daß
vielmehr ſolche ſonderbare ſtelle das wenigſte mehrere recht/ als er ohne das hat/
nicht hinzuthun wuͤrde/ es waͤre denn ſache/ daß es einige dinge betraͤffe/ welche
eine ſolche ſonderbare gemeine concernirten/ wo ſeine vor dieſelbe habende ſon-
derbare ſorge freylich das vorhin habende jus ſtaͤrcken/ oder gar ohne daſſelbe
nicht ziemlich wuͤrde ſeyn/ ſich ſcripto, etwa zu præjudiz der ordinariorum,
einer ſolchen particular-kirchen anzunehmen: wie aber der paſtoratus allein das
recht giebet an ſolchen ſondern cœtum; ſo hat kein paſtor mehr recht zu ſolchen der-
gleichen ſcriptis univerſalibus, als ein anderer der keine ſonderbare gemeinde
vor ſich hat. Alſo kommet das recht von ſolchen dingen ſeine meinung oͤffentlich
zu geben/ die bemerckende aͤrgernuͤſſe beſcheidentlich zu taxiren/ und gemeine ver-
mahnungen zu thun/ her/ theils aus dem allgemeinen chriſtenrecht/ maſſen die
chriſten/ wie ſie als geiſtliche prieſter den willen GOttes zu unterſuchen und mit
andern daraus zu handeln befugt ſind/ was ſie davon erkant/ wo ſie es erbau-
lich achten/ gar wol andern mittheilen duͤrffen/ und darinnen ein ſtuͤck ihrer lie-
bes-pflicht erkennen/ theils wiederum aus abſonderlichem recht/ da ein theologus
ſich einmal dem dienſte GOttes und der kirchen gewidmet hat/ und alſo wo er
findet/ daß er ſein pfund anwenden koͤnne/ ſolches wohl zu thun fug hat. Und
achte ich/ daß dergleichen einem prediger/ welcher an einer ſonderbaren gemeine
zu arbeiten/ die gelegenheit nicht hat/ deſto weniger verdacht werden ſolle/ daß er
einige andere gelegenheit ergreifft/ der geſamten kirchen mit erbaulichen Schriff-
ten (wie denn diejenigen/ ſo nicht erbaulich ſind/ weder von ſolchen die in dem amt
ſtuͤnden/ oder nicht ſtuͤnden/ gebilliget werden moͤchten) ſein pfund zum dienſte
zu widmen. Es iſt aber ſolches zu verſtehen/ wie die frage abgefaßt iſt/ wo man
in mere generalibus verbleibet: denn wo dergleichen dinge eingemiſchet wuͤrden/
worinnen particular-actiones dieſes und jenes/ oder dero aufgefangene reden ta-
xi
ret wuͤrden/ ſo ſolte es eine andere bewandnuͤß damit haben.

SECTIO XXII.
Von den diſpenſationen der obrigkeiten/
von ihren ordnungen.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0475" n="463"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">ARTIC. IV. SECTIO XXI.</hi> </hi> </fw><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S wird gefragt: ob ein prediger nicht befugt &#x017F;ey/ nicht nur <hi rendition="#aq">ratione chri&#x017F;tia-<lb/>
ni&#x017F;mi &amp; regalis &#x017F;acerdotii,</hi> &#x017F;ondern auch als ein <hi rendition="#aq">legitime ordinatus pa-<lb/>
&#x017F;tor</hi> gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">&#x017F;cripta</hi> aus licht zu geben (wenn ich <hi rendition="#aq">in mere generalibus</hi> ver-<lb/>
bleibe) ob er gleich nicht <hi rendition="#aq">hujus vel illius loci ordinarius, &#x017F;eu vocatus pa&#x017F;tor</hi> i&#x017F;t.<lb/>
Auf die&#x017F;es antworte/ daß dem&#x017F;elben die&#x017F;e freyheit nicht zu wehren/ und wird dar-<lb/>
zu der ab&#x017F;onderliche beruff zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en pfarr&#x017F;telle &#x017F;o gar nicht erfordert/ daß<lb/>
vielmehr &#x017F;olche &#x017F;onderbare &#x017F;telle das wenig&#x017F;te mehrere recht/ als er ohne das hat/<lb/>
nicht hinzuthun wu&#x0364;rde/ es wa&#x0364;re denn &#x017F;ache/ daß es einige dinge betra&#x0364;ffe/ welche<lb/>
eine &#x017F;olche &#x017F;onderbare gemeine <hi rendition="#aq">concernir</hi>ten/ wo &#x017F;eine vor die&#x017F;elbe habende &#x017F;on-<lb/>
derbare &#x017F;orge freylich das vorhin habende <hi rendition="#aq">jus</hi> &#x017F;ta&#x0364;rcken/ oder gar ohne da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
nicht ziemlich wu&#x0364;rde &#x017F;eyn/ &#x017F;ich <hi rendition="#aq">&#x017F;cripto,</hi> etwa zu <hi rendition="#aq">præjudiz</hi> der <hi rendition="#aq">ordinariorum,</hi><lb/>
einer &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">particular-</hi>kirchen anzunehmen: wie aber der <hi rendition="#aq">pa&#x017F;toratus</hi> allein das<lb/>
recht giebet an &#x017F;olchen &#x017F;ondern <hi rendition="#aq">c&#x0153;tum;</hi> &#x017F;o hat kein <hi rendition="#aq">pa&#x017F;tor</hi> mehr recht zu &#x017F;olchen der-<lb/>
gleichen <hi rendition="#aq">&#x017F;criptis univer&#x017F;alibus,</hi> als ein anderer der keine &#x017F;onderbare gemeinde<lb/>
vor &#x017F;ich hat. Al&#x017F;o kommet das recht von &#x017F;olchen dingen &#x017F;eine meinung o&#x0364;ffentlich<lb/>
zu geben/ die bemerckende a&#x0364;rgernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;cheidentlich zu <hi rendition="#aq">taxi</hi>ren/ und gemeine ver-<lb/>
mahnungen zu thun/ her/ theils aus dem allgemeinen chri&#x017F;tenrecht/ ma&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
chri&#x017F;ten/ wie &#x017F;ie als gei&#x017F;tliche prie&#x017F;ter den willen GOttes zu unter&#x017F;uchen und mit<lb/>
andern daraus zu handeln befugt &#x017F;ind/ was &#x017F;ie davon erkant/ wo &#x017F;ie es erbau-<lb/>
lich achten/ gar wol andern mittheilen du&#x0364;rffen/ und darinnen ein &#x017F;tu&#x0364;ck ihrer lie-<lb/>
bes-pflicht erkennen/ theils wiederum aus ab&#x017F;onderlichem recht/ da ein <hi rendition="#aq">theologus</hi><lb/>
&#x017F;ich einmal dem dien&#x017F;te GOttes und der kirchen gewidmet hat/ und al&#x017F;o wo er<lb/>
findet/ daß er &#x017F;ein pfund anwenden ko&#x0364;nne/ &#x017F;olches wohl zu thun fug hat. Und<lb/>
achte ich/ daß dergleichen einem prediger/ welcher an einer &#x017F;onderbaren gemeine<lb/>
zu arbeiten/ die gelegenheit nicht hat/ de&#x017F;to weniger verdacht werden &#x017F;olle/ daß er<lb/>
einige andere gelegenheit ergreifft/ der ge&#x017F;amten kirchen mit erbaulichen Schriff-<lb/>
ten (wie denn diejenigen/ &#x017F;o nicht erbaulich &#x017F;ind/ weder von &#x017F;olchen die in dem amt<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nden/ oder nicht &#x017F;tu&#x0364;nden/ gebilliget werden mo&#x0364;chten) &#x017F;ein pfund zum dien&#x017F;te<lb/>
zu widmen. Es i&#x017F;t aber &#x017F;olches zu ver&#x017F;tehen/ wie die frage abgefaßt i&#x017F;t/ wo man<lb/>
in <hi rendition="#aq">mere generalibus</hi> verbleibet: denn wo dergleichen dinge eingemi&#x017F;chet wu&#x0364;rden/<lb/>
worinnen <hi rendition="#aq">particular-actiones</hi> die&#x017F;es und jenes/ oder dero aufgefangene reden <hi rendition="#aq">ta-<lb/>
xi</hi>ret wu&#x0364;rden/ &#x017F;o &#x017F;olte es eine andere bewandnu&#x0364;ß damit haben.</p><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#aq">14. Decemb. 1682.</hi> </dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXII.</hi><lb/>
Von den <hi rendition="#aq">di&#x017F;pen&#x017F;ation</hi>en der obrigkeiten/<lb/>
von ihren ordnungen.</hi> </head><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0475] ARTIC. IV. SECTIO XXI. ES wird gefragt: ob ein prediger nicht befugt ſey/ nicht nur ratione chriſtia- niſmi & regalis ſacerdotii, ſondern auch als ein legitime ordinatus pa- ſtor geiſtliche ſcripta aus licht zu geben (wenn ich in mere generalibus ver- bleibe) ob er gleich nicht hujus vel illius loci ordinarius, ſeu vocatus paſtor iſt. Auf dieſes antworte/ daß demſelben dieſe freyheit nicht zu wehren/ und wird dar- zu der abſonderliche beruff zu einer gewiſſen pfarrſtelle ſo gar nicht erfordert/ daß vielmehr ſolche ſonderbare ſtelle das wenigſte mehrere recht/ als er ohne das hat/ nicht hinzuthun wuͤrde/ es waͤre denn ſache/ daß es einige dinge betraͤffe/ welche eine ſolche ſonderbare gemeine concernirten/ wo ſeine vor dieſelbe habende ſon- derbare ſorge freylich das vorhin habende jus ſtaͤrcken/ oder gar ohne daſſelbe nicht ziemlich wuͤrde ſeyn/ ſich ſcripto, etwa zu præjudiz der ordinariorum, einer ſolchen particular-kirchen anzunehmen: wie aber der paſtoratus allein das recht giebet an ſolchen ſondern cœtum; ſo hat kein paſtor mehr recht zu ſolchen der- gleichen ſcriptis univerſalibus, als ein anderer der keine ſonderbare gemeinde vor ſich hat. Alſo kommet das recht von ſolchen dingen ſeine meinung oͤffentlich zu geben/ die bemerckende aͤrgernuͤſſe beſcheidentlich zu taxiren/ und gemeine ver- mahnungen zu thun/ her/ theils aus dem allgemeinen chriſtenrecht/ maſſen die chriſten/ wie ſie als geiſtliche prieſter den willen GOttes zu unterſuchen und mit andern daraus zu handeln befugt ſind/ was ſie davon erkant/ wo ſie es erbau- lich achten/ gar wol andern mittheilen duͤrffen/ und darinnen ein ſtuͤck ihrer lie- bes-pflicht erkennen/ theils wiederum aus abſonderlichem recht/ da ein theologus ſich einmal dem dienſte GOttes und der kirchen gewidmet hat/ und alſo wo er findet/ daß er ſein pfund anwenden koͤnne/ ſolches wohl zu thun fug hat. Und achte ich/ daß dergleichen einem prediger/ welcher an einer ſonderbaren gemeine zu arbeiten/ die gelegenheit nicht hat/ deſto weniger verdacht werden ſolle/ daß er einige andere gelegenheit ergreifft/ der geſamten kirchen mit erbaulichen Schriff- ten (wie denn diejenigen/ ſo nicht erbaulich ſind/ weder von ſolchen die in dem amt ſtuͤnden/ oder nicht ſtuͤnden/ gebilliget werden moͤchten) ſein pfund zum dienſte zu widmen. Es iſt aber ſolches zu verſtehen/ wie die frage abgefaßt iſt/ wo man in mere generalibus verbleibet: denn wo dergleichen dinge eingemiſchet wuͤrden/ worinnen particular-actiones dieſes und jenes/ oder dero aufgefangene reden ta- xiret wuͤrden/ ſo ſolte es eine andere bewandnuͤß damit haben. 14. Decemb. 1682. SECTIO XXII. Von den diſpenſationen der obrigkeiten/ von ihren ordnungen. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/475
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/475>, abgerufen am 22.11.2024.