Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. IV SECTIO XXV. thung von mir mit sich bringt/ und ich keinen scheu tragen dörffte/ da nichtnur E. Hochfl. Durchl. sonderlich die Käyserliche Majestät selbs/ wo es müglich wäre/ in das innerste meiner seelen hinein sehen/ und wie es um meine devo- tion gegen dero theureste person und höchsten thron stehe/ eigentlich erkennen solten/ als der mich daraus allerhöchsten gnade zu versehen haben würde. Daß aber E. Hochfl. Durchl. in solcher sache so zu reden mein gantzes hertz blösse/ so mache ich einen unterscheid/ und habe an Käyserlicher Majestät dreyerley zu betrachten/ deroselben allerhöchste Person/ dero von GOTT dem allerober- sten HERRN aller Herren anvertraute cron und regierung/ und endlich worinnen einige der clerisey sich dero geheiligster gewalt mißbrauchen. Be- treffende dero würdigste Person und höchstes amt/ so sie von GOTT tragen/ giebet mir mein gewissen Zeugnüß/ daß ich es darinnen an mir nicht ermanglen lasse/ also gegen dieselbige gesinnet zu seyn/ mit aller demüthigster unterthä- nigkeit und liebe/ als sichs geziemet gegen den gesalbten des HErrn. Wie ich aber in solchem niedern stand stehe/ daß alles solches mit nichts als mit meinem andächtigen gebet bezeugen kan/ so wolte ich zweiffeln/ ob ich in sotha- ner devotion vielen dero eigener religion geistlichen etwas mit willen nachgeben wolte. Jch kan hierinnen nicht nur provociren auf die formular unserer öf- fentlichen und vor mehr jahren in gebrauch gebrachter gebete/ wo ich nach er- forderung meines amts die feder geführet/ und an demselben nichts desideriret werden mag/ sondern/ weil es das ansehen haben möchte/ daß solches zum schein geschehen wäre/ (wo gleichwol solchen verdacht nicht verschuldet zu haben hof- fe) da kan mich auf mein privat-gebet beruffen/ und zwar nicht nur/ welches ich allein und nur vor dem angesicht des HERRN zu mehrmalen nach der gnade des Geistes/ als mir jemal gegeben wird/ verrichte/ dessen ich nie- mand als denselben selbst zum zeugen haben kan/ sondern das tägliche zusamt meinem gantzen hauß/ welche bey dem gebet morgens und abends erscheinen müssen/ wo ich anderer höher häupter/ vor welche absonderlich zu beten eini- ge verpflichtung oder sondere ursach habe/ vor dem HErrn gedencke/ zu al- lererst der Römisch Käyserl. Majestät von mir namentliche meldung geschie- het: Dessen ich alle diejenige zum zeugen haben kan/ so von vielen jahren unter meinen hausgenossen sind gewesen. Nun zu solchem gebet könte mich nichts anders bewegen/ als die eigene unterthänigste devotion selbs/ zu dero ich mich vor dem angesicht GOTTES verbunden erachte/ und ausser dersel- ben mir niemand absonderlich ein solches zu thun auflegen würde/ oder ich je- mal vorhin gedacht/ daß dessentwegen rechenschafft zu geben/ oder mich hier- auf zu beruffen ursach haben würde/ als jetzo durch diese veranlassung ge- schiehet. Wie aber E. Hochfl. Durchl. selbs einiges/ was unter solcher Ma- jestät namen und höchster autorität in hartem tractament der unsrigen vor- gegan-
ARTIC. IV SECTIO XXV. thung von mir mit ſich bringt/ und ich keinen ſcheu tragen doͤrffte/ da nichtnur E. Hochfl. Durchl. ſonderlich die Kaͤyſerliche Majeſtaͤt ſelbs/ wo es muͤglich waͤre/ in das innerſte meiner ſeelen hinein ſehen/ und wie es um meine devo- tion gegen dero theureſte perſon und hoͤchſten thron ſtehe/ eigentlich erkennen ſolten/ als der mich daraus allerhoͤchſten gnade zu verſehen haben wuͤrde. Daß aber E. Hochfl. Durchl. in ſolcher ſache ſo zu reden mein gantzes hertz bloͤſſe/ ſo mache ich einen unterſcheid/ und habe an Kaͤyſerlicher Majeſtaͤt dreyerley zu betrachten/ deroſelben allerhoͤchſte Perſon/ dero von GOTT dem allerober- ſten HERRN aller Herren anvertraute cron und regierung/ und endlich worinnen einige der cleriſey ſich dero geheiligſter gewalt mißbrauchen. Be- treffende dero wuͤrdigſte Perſon und hoͤchſtes amt/ ſo ſie von GOTT tragen/ giebet mir mein gewiſſen Zeugnuͤß/ daß ich es darinnen an mir nicht ermanglen laſſe/ alſo gegen dieſelbige geſinnet zu ſeyn/ mit aller demuͤthigſter unterthaͤ- nigkeit und liebe/ als ſichs geziemet gegen den geſalbten des HErrn. Wie ich aber in ſolchem niedern ſtand ſtehe/ daß alles ſolches mit nichts als mit meinem andaͤchtigen gebet bezeugen kan/ ſo wolte ich zweiffeln/ ob ich in ſotha- ner devotion vielen dero eigener religion geiſtlichen etwas mit willen nachgeben wolte. Jch kan hierinnen nicht nur provociren auf die formular unſerer oͤf- fentlichen und vor mehr jahren in gebrauch gebrachter gebete/ wo ich nach er- forderung meines amts die feder gefuͤhret/ und an demſelben nichts deſideriret werden mag/ ſondern/ weil es das anſehen haben moͤchte/ daß ſolches zum ſchein geſchehen waͤre/ (wo gleichwol ſolchen verdacht nicht verſchuldet zu haben hof- fe) da kan mich auf mein privat-gebet beruffen/ und zwar nicht nur/ welches ich allein und nur vor dem angeſicht des HERRN zu mehrmalen nach der gnade des Geiſtes/ als mir jemal gegeben wird/ verrichte/ deſſen ich nie- mand als denſelben ſelbſt zum zeugen haben kan/ ſondern das taͤgliche zuſamt meinem gantzen hauß/ welche bey dem gebet morgens und abends erſcheinen muͤſſen/ wo ich anderer hoͤher haͤupter/ vor welche abſonderlich zu beten eini- ge verpflichtung oder ſondere urſach habe/ vor dem HErrn gedencke/ zu al- lererſt der Roͤmiſch Kaͤyſerl. Majeſtaͤt von mir namentliche meldung geſchie- het: Deſſen ich alle diejenige zum zeugen haben kan/ ſo von vielen jahren unter meinen hausgenoſſen ſind geweſen. Nun zu ſolchem gebet koͤnte mich nichts anders bewegen/ als die eigene unterthaͤnigſte devotion ſelbs/ zu dero ich mich vor dem angeſicht GOTTES verbunden erachte/ und auſſer derſel- ben mir niemand abſonderlich ein ſolches zu thun auflegen wuͤrde/ oder ich je- mal vorhin gedacht/ daß deſſentwegen rechenſchafft zu geben/ oder mich hier- auf zu beruffen urſach haben wuͤrde/ als jetzo durch dieſe veranlaſſung ge- ſchiehet. Wie aber E. Hochfl. Durchl. ſelbs einiges/ was unter ſolcher Ma- jeſtaͤt namen und hoͤchſter autoritaͤt in hartem tractament der unſrigen vor- gegan-
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ARTIC. IV SECTIO XXV.
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nur E. Hochfl. Durchl. ſonderlich die Kaͤyſerliche Majeſtaͤt ſelbs/ wo es muͤglich
waͤre/ in das innerſte meiner ſeelen hinein ſehen/ und wie es um meine devo-
tion gegen dero theureſte perſon und hoͤchſten thron ſtehe/ eigentlich erkennen
ſolten/ als der mich daraus allerhoͤchſten gnade zu verſehen haben wuͤrde. Daß
aber E. Hochfl. Durchl. in ſolcher ſache ſo zu reden mein gantzes hertz bloͤſſe/
ſo mache ich einen unterſcheid/ und habe an Kaͤyſerlicher Majeſtaͤt dreyerley
zu betrachten/ deroſelben allerhoͤchſte Perſon/ dero von GOTT dem allerober-
ſten HERRN aller Herren anvertraute cron und regierung/ und endlich
worinnen einige der cleriſey ſich dero geheiligſter gewalt mißbrauchen. Be-
treffende dero wuͤrdigſte Perſon und hoͤchſtes amt/ ſo ſie von GOTT tragen/
giebet mir mein gewiſſen Zeugnuͤß/ daß ich es darinnen an mir nicht ermanglen
laſſe/ alſo gegen dieſelbige geſinnet zu ſeyn/ mit aller demuͤthigſter unterthaͤ-
nigkeit und liebe/ als ſichs geziemet gegen den geſalbten des HErrn. Wie
ich aber in ſolchem niedern ſtand ſtehe/ daß alles ſolches mit nichts als mit
meinem andaͤchtigen gebet bezeugen kan/ ſo wolte ich zweiffeln/ ob ich in ſotha-
ner devotion vielen dero eigener religion geiſtlichen etwas mit willen nachgeben
wolte. Jch kan hierinnen nicht nur provociren auf die formular unſerer oͤf-
fentlichen und vor mehr jahren in gebrauch gebrachter gebete/ wo ich nach er-
forderung meines amts die feder gefuͤhret/ und an demſelben nichts deſideriret
werden mag/ ſondern/ weil es das anſehen haben moͤchte/ daß ſolches zum ſchein
geſchehen waͤre/ (wo gleichwol ſolchen verdacht nicht verſchuldet zu haben hof-
fe) da kan mich auf mein privat-gebet beruffen/ und zwar nicht nur/ welches
ich allein und nur vor dem angeſicht des HERRN zu mehrmalen nach
der gnade des Geiſtes/ als mir jemal gegeben wird/ verrichte/ deſſen ich nie-
mand als denſelben ſelbſt zum zeugen haben kan/ ſondern das taͤgliche zuſamt
meinem gantzen hauß/ welche bey dem gebet morgens und abends erſcheinen
muͤſſen/ wo ich anderer hoͤher haͤupter/ vor welche abſonderlich zu beten eini-
ge verpflichtung oder ſondere urſach habe/ vor dem HErrn gedencke/ zu al-
lererſt der Roͤmiſch Kaͤyſerl. Majeſtaͤt von mir namentliche meldung geſchie-
het: Deſſen ich alle diejenige zum zeugen haben kan/ ſo von vielen jahren unter
meinen hausgenoſſen ſind geweſen. Nun zu ſolchem gebet koͤnte mich nichts
anders bewegen/ als die eigene unterthaͤnigſte devotion ſelbs/ zu dero ich
mich vor dem angeſicht GOTTES verbunden erachte/ und auſſer derſel-
ben mir niemand abſonderlich ein ſolches zu thun auflegen wuͤrde/ oder ich je-
mal vorhin gedacht/ daß deſſentwegen rechenſchafft zu geben/ oder mich hier-
auf zu beruffen urſach haben wuͤrde/ als jetzo durch dieſe veranlaſſung ge-
ſchiehet. Wie aber E. Hochfl. Durchl. ſelbs einiges/ was unter ſolcher Ma-
jeſtaͤt namen und hoͤchſter autoritaͤt in hartem tractament der unſrigen vor-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/483>, abgerufen am 27.07.2024. |