Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.Das siebende Capitel. dern auch ausser dem/ da es etwa sein hertz von GOTT mehr gegen einen an-dern prediger (wo deren unterschiedliche an der kirche dienen) geneigt/ und des- sen dienst zu rührung seines hertzens bey sich kräfftiger fühlet/ zu einem andern sich begeben und seiner seelen absonderliche sorge demselben vertrauen dörffte: und zwar daß solches in solche gewohnheit gebracht würde/ daß sich niemand daran stiesse/ und der vorige beicht-vater dessen keinen nachtheil hätte: welches so geschehen könte/ daß dennoch übrige ordnungen nicht verwirret würden/ und gleichwol jeder beicht-vater allemal/ welche ihm eigentlich noch zugehörten/ wüste. Wie auch bey uns allhier in Franckfurt ausser dem casu propter fu- gam disciplinae, da solche leute darüber zu rede gesetzet zu werden pflegen/ vielfältig geschiehet/ daß leute ihre beicht-väter ändern; wie ich denn gegen die- jenigen nicht eyffere/ welche an meiner stelle sich andere erwehlen. Wo aber einiger anstoß der gemeinde oder collision der collegen zu besorgen/ hat man sich auch dieser seiner freyheit zu begeben/ und ausser einem mehrerem nothfall/ da dem ärgernüß auf andere art auch rath geschaffet werden kan/ seine stär- ckung nicht mit anderer schwächung zu suchen. 7. Daher in diesen fall/ nach erwegung alles obigen davor halte/ weilen doch die hauptsache bereits nach etlichen wochen geurtheilet und abgethan werden solle/ da alsdann mit dem pfarrherren besser gehandelt/ und er zu seiner gebühr in der brüderlichen versöh- nung angehalten werden kan/ daß das rathsamste wäre/ vor diesesmal die hei- lige communion annoch so lang zu verschieben/ damit alsdenn das nechstemal solche mit desto wenigerem anstoß des eigenen und anderer gewissen/ so dann reichlicherer frucht und erl auung/ ins werck gesetzet werden möchte; indessen kan die heilige zeit mit anderer andacht und betrachtung der wolthaten unsers Hey- landes/ darinnen ohne das die geistliche niessung desselben bestehet/ zugebracht und geheiliget werden. Dazu auch schlüßlichen des heiligen Geistes kräfftige wirckung von grund der seelen anwünsche. Der HERR regiere auch die hertzen derjenigen/ welche die sache unter handen haben/ sie also zu entscheiden/ da- mit allerseits gewissen und der gerechtigkeit ein gnüge geschehe/ er gebe auch dem pfarrherrn die gnade und treue/ dero er zu seiner gemeinde erbauung nöthig hat/ mit abwendung aller bißheriger ärgernüß/ vornemlich verleihe er auch meinem Großgl. Hochgl. Herrn was zu jetztmaliger und künfftiger beruhigung seiner seelen nöthig ist. SECTIO
Das ſiebende Capitel. dern auch auſſer dem/ da es etwa ſein hertz von GOTT mehr gegen einen an-dern prediger (wo deren unterſchiedliche an der kirche dienen) geneigt/ und deſ- ſen dienſt zu ruͤhrung ſeines hertzens bey ſich kraͤfftiger fuͤhlet/ zu einem andern ſich begeben und ſeiner ſeelen abſonderliche ſorge demſelben vertrauen doͤrffte: und zwar daß ſolches in ſolche gewohnheit gebracht wuͤrde/ daß ſich niemand daran ſtieſſe/ und der vorige beicht-vater deſſen keinen nachtheil haͤtte: welches ſo geſchehen koͤnte/ daß dennoch uͤbrige ordnungen nicht verwirret wuͤrden/ und gleichwol jeder beicht-vater allemal/ welche ihm eigentlich noch zugehoͤrten/ wuͤſte. Wie auch bey uns allhier in Franckfurt auſſer dem caſu propter fu- gam diſciplinæ, da ſolche leute daruͤber zu rede geſetzet zu werden pflegen/ vielfaͤltig geſchiehet/ daß leute ihre beicht-vaͤter aͤndern; wie ich denn gegen die- jenigen nicht eyffere/ welche an meiner ſtelle ſich andere erwehlen. Wo aber einiger anſtoß der gemeinde oder colliſion der collegen zu beſorgen/ hat man ſich auch dieſer ſeiner freyheit zu begeben/ und auſſer einem mehrerem nothfall/ da dem aͤrgernuͤß auf andere art auch rath geſchaffet werden kan/ ſeine ſtaͤr- ckung nicht mit anderer ſchwaͤchung zu ſuchen. 7. Daher in dieſen fall/ nach erwegung alles obigen davor halte/ weilen doch die hauptſache bereits nach etlichen wochen geurtheilet und abgethan werden ſolle/ da alsdann mit dem pfarrherren beſſer gehandelt/ und er zu ſeiner gebuͤhr in der bruͤderlichen verſoͤh- nung angehalten werden kan/ daß das rathſamſte waͤre/ vor dieſesmal die hei- lige communion annoch ſo lang zu verſchieben/ damit alsdenn das nechſtemal ſolche mit deſto wenigerem anſtoß des eigenen und anderer gewiſſen/ ſo dann reichlicherer frucht und erl auung/ ins werck geſetzet werden moͤchte; indeſſen kan die heilige zeit mit anderer andacht und betrachtung der wolthaten unſers Hey- landes/ darinnen ohne das die geiſtliche nieſſung deſſelben beſtehet/ zugebracht und geheiliget werden. Dazu auch ſchluͤßlichen des heiligen Geiſtes kraͤfftige wirckung von grund der ſeelen anwuͤnſche. Der HERR regiere auch die hertzen derjenigen/ welche die ſache unter handen haben/ ſie alſo zu entſcheiden/ da- mit allerſeits gewiſſen und der gerechtigkeit ein gnuͤge geſchehe/ er gebe auch dem pfarrherrn die gnade und treue/ dero er zu ſeiner gemeinde erbauung noͤthig hat/ mit abwendung aller bißheriger aͤrgernuͤß/ vornemlich verleihe er auch meinem Großgl. Hochgl. Herrn was zu jetztmaliger und kuͤnfftiger beruhigung ſeiner ſeelen noͤthig iſt. SECTIO
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Das ſiebende Capitel.
dern auch auſſer dem/ da es etwa ſein hertz von GOTT mehr gegen einen an-
dern prediger (wo deren unterſchiedliche an der kirche dienen) geneigt/ und deſ-
ſen dienſt zu ruͤhrung ſeines hertzens bey ſich kraͤfftiger fuͤhlet/ zu einem andern
ſich begeben und ſeiner ſeelen abſonderliche ſorge demſelben vertrauen doͤrffte:
und zwar daß ſolches in ſolche gewohnheit gebracht wuͤrde/ daß ſich niemand
daran ſtieſſe/ und der vorige beicht-vater deſſen keinen nachtheil haͤtte: welches
ſo geſchehen koͤnte/ daß dennoch uͤbrige ordnungen nicht verwirret wuͤrden/ und
gleichwol jeder beicht-vater allemal/ welche ihm eigentlich noch zugehoͤrten/
wuͤſte. Wie auch bey uns allhier in Franckfurt auſſer dem caſu propter fu-
gam diſciplinæ, da ſolche leute daruͤber zu rede geſetzet zu werden pflegen/
vielfaͤltig geſchiehet/ daß leute ihre beicht-vaͤter aͤndern; wie ich denn gegen die-
jenigen nicht eyffere/ welche an meiner ſtelle ſich andere erwehlen. Wo aber
einiger anſtoß der gemeinde oder colliſion der collegen zu beſorgen/ hat man
ſich auch dieſer ſeiner freyheit zu begeben/ und auſſer einem mehrerem nothfall/
da dem aͤrgernuͤß auf andere art auch rath geſchaffet werden kan/ ſeine ſtaͤr-
ckung nicht mit anderer ſchwaͤchung zu ſuchen. 7. Daher in dieſen fall/ nach
erwegung alles obigen davor halte/ weilen doch die hauptſache bereits nach
etlichen wochen geurtheilet und abgethan werden ſolle/ da alsdann mit dem
pfarrherren beſſer gehandelt/ und er zu ſeiner gebuͤhr in der bruͤderlichen verſoͤh-
nung angehalten werden kan/ daß das rathſamſte waͤre/ vor dieſesmal die hei-
lige communion annoch ſo lang zu verſchieben/ damit alsdenn das nechſtemal
ſolche mit deſto wenigerem anſtoß des eigenen und anderer gewiſſen/ ſo dann
reichlicherer frucht und erl auung/ ins werck geſetzet werden moͤchte; indeſſen kan
die heilige zeit mit anderer andacht und betrachtung der wolthaten unſers Hey-
landes/ darinnen ohne das die geiſtliche nieſſung deſſelben beſtehet/ zugebracht
und geheiliget werden. Dazu auch ſchluͤßlichen des heiligen Geiſtes kraͤfftige
wirckung von grund der ſeelen anwuͤnſche. Der HERR regiere auch die hertzen
derjenigen/ welche die ſache unter handen haben/ ſie alſo zu entſcheiden/ da-
mit allerſeits gewiſſen und der gerechtigkeit ein gnuͤge geſchehe/ er gebe auch
dem pfarrherrn die gnade und treue/ dero er zu ſeiner gemeinde erbauung noͤthig
hat/ mit abwendung aller bißheriger aͤrgernuͤß/ vornemlich verleihe er auch
meinem Großgl. Hochgl. Herrn was zu jetztmaliger und kuͤnfftiger beruhigung
ſeiner ſeelen noͤthig iſt.
14. Decembr. 1685.
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