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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. IV. SECTIO XXXV.
und anfangen/ wie sie nach der gegebenen gnade vermögen/ an dieselbe mit rath und
that hand anzulegen. Mit deren vielen ich auch nach und nach kundschafft bekom-
me/ so vieler orten mit schreiben sich mit mir einlassen/ das mir eine innigliche freu-
de und zeugnüß/ daß der HErr noch den seinigen eine barmhertzigkeit erzeigen wer-
de/ da er also viele gemüther rege macht. Aufs wenigste wird deroselben und aller
die treulich arbeiten/ so wol gute intention als arbeit selbst nicht ohne segen und
gnaden-belohnung ihnen selbsten seyn. Der HErr lasse nur derselben zahl grös-
ser werden/ und zeige/ wie er seine gnade noch nicht gar verschlossen habe.

SECTIO XXXV.
An einen Ungarischen exulanten/ dem es am ge-
hör manglete. Dieser mangel an dem innern ersetzt. Meine
Gottesgelehrtheit. Steph. Praetorius. Statius. Sorge
und gefahr der letzten stunde wegen des mangels
am gehör.

JCh habe mich erfreuet so wol über den preiß göttlicher gnadenwaltung
über ihn/ welche er in seinem exilio erkant/ und so viel billiger mit schul-
digem danck auch zu erkennen ist/ so viel mehrere derjenigen exulanten sind/
welchen bisher es noch nicht so gut hat werden wollen/ sondern durch die noth-
wendigkeit immer hin und her zu ziehen ihr elend ihnen immer schwerer gemacht/
und manche neue probe aufgeleget worden ist (jedoch ist in allem solchen auch
die unterschiedene art GOttes mit den seinigen umzugehen/ nicht ohne heiligen
weisen rath und wichtige ursachen (als auch weil ich aus solchem lieben schrei-
ben erkant/ wie derselbe sein heyl ihm so angelegen seyn lasse/ und sich also
mehr und mehr bestrebe/ in der erkäntnüß des heyls und lebendigen glauben
gestärcket/ und auf den letzten kampff vorbereitet zu werden. Es solte zwar
solcher fleiß und sorgfalt sich bey allen finden/ die christen heissen wollen/ weil
aber dasselbe so gar rar und seltzam ist/ und leider die alle meisten nur proforma
christen sind/ so ists ja einer hertzlichen freude werth/ wo wir einige hin und
wieder antreffen und kennen lernen/ die also ringen durch die enge pforte einzu-
tringen/ und das einige nothwendige auch ihre haupt-sorge seyn lassen/ wel-
ches sonsten von allen geschehen solte. Jch preise ihn also billig selig/ daß/ ob
wol der Allerhöchste zu seiner prüffung ihm sein leiblich gehör hat entzogen

werden
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ARTIC. IV. SECTIO XXXV.
und anfangen/ wie ſie nach der gegebenen gnade vermoͤgen/ an dieſelbe mit rath und
that hand anzulegen. Mit deren vielen ich auch nach und nach kundſchafft bekom-
me/ ſo vieler orten mit ſchreiben ſich mit mir einlaſſen/ das mir eine innigliche freu-
de und zeugnuͤß/ daß der HErr noch den ſeinigen eine barmhertzigkeit erzeigen wer-
de/ da er alſo viele gemuͤther rege macht. Aufs wenigſte wird deroſelben und aller
die treulich arbeiten/ ſo wol gute intention als arbeit ſelbſt nicht ohne ſegen und
gnaden-belohnung ihnen ſelbſten ſeyn. Der HErr laſſe nur derſelben zahl groͤſ-
ſer werden/ und zeige/ wie er ſeine gnade noch nicht gar verſchloſſen habe.

SECTIO XXXV.
An einen Ungariſchen exulanten/ dem es am ge-
hoͤr manglete. Dieſer mangel an dem innern erſetzt. Meine
Gottesgelehrtheit. Steph. Prætorius. Statius. Sorge
und gefahr der letzten ſtunde wegen des mangels
am gehoͤr.

JCh habe mich erfreuet ſo wol uͤber den preiß goͤttlicher gnadenwaltung
uͤber ihn/ welche er in ſeinem exilio erkant/ und ſo viel billiger mit ſchul-
digem danck auch zu erkennen iſt/ ſo viel mehrere derjenigen exulanten ſind/
welchen bisher es noch nicht ſo gut hat werden wollen/ ſondern durch die noth-
wendigkeit immer hin und her zu ziehen ihr elend ihnen immer ſchwerer gemacht/
und manche neue probe aufgeleget worden iſt (jedoch iſt in allem ſolchen auch
die unterſchiedene art GOttes mit den ſeinigen umzugehen/ nicht ohne heiligen
weiſen rath und wichtige urſachen (als auch weil ich aus ſolchem lieben ſchrei-
ben erkant/ wie derſelbe ſein heyl ihm ſo angelegen ſeyn laſſe/ und ſich alſo
mehr und mehr beſtrebe/ in der erkaͤntnuͤß des heyls und lebendigen glauben
geſtaͤrcket/ und auf den letzten kampff vorbereitet zu werden. Es ſolte zwar
ſolcher fleiß und ſorgfalt ſich bey allen finden/ die chriſten heiſſen wollen/ weil
aber daſſelbe ſo gar rar und ſeltzam iſt/ und leider die alle meiſten nur proforma
chriſten ſind/ ſo iſts ja einer hertzlichen freude werth/ wo wir einige hin und
wieder antreffen und kennen lernen/ die alſo ringen durch die enge pforte einzu-
tringen/ und das einige nothwendige auch ihre haupt-ſorge ſeyn laſſen/ wel-
ches ſonſten von allen geſchehen ſolte. Jch preiſe ihn alſo billig ſelig/ daß/ ob
wol der Allerhoͤchſte zu ſeiner pruͤffung ihm ſein leiblich gehoͤr hat entzogen

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[515/0527] ARTIC. IV. SECTIO XXXV. und anfangen/ wie ſie nach der gegebenen gnade vermoͤgen/ an dieſelbe mit rath und that hand anzulegen. Mit deren vielen ich auch nach und nach kundſchafft bekom- me/ ſo vieler orten mit ſchreiben ſich mit mir einlaſſen/ das mir eine innigliche freu- de und zeugnuͤß/ daß der HErr noch den ſeinigen eine barmhertzigkeit erzeigen wer- de/ da er alſo viele gemuͤther rege macht. Aufs wenigſte wird deroſelben und aller die treulich arbeiten/ ſo wol gute intention als arbeit ſelbſt nicht ohne ſegen und gnaden-belohnung ihnen ſelbſten ſeyn. Der HErr laſſe nur derſelben zahl groͤſ- ſer werden/ und zeige/ wie er ſeine gnade noch nicht gar verſchloſſen habe. SECTIO XXXV. An einen Ungariſchen exulanten/ dem es am ge- hoͤr manglete. Dieſer mangel an dem innern erſetzt. Meine Gottesgelehrtheit. Steph. Prætorius. Statius. Sorge und gefahr der letzten ſtunde wegen des mangels am gehoͤr. JCh habe mich erfreuet ſo wol uͤber den preiß goͤttlicher gnadenwaltung uͤber ihn/ welche er in ſeinem exilio erkant/ und ſo viel billiger mit ſchul- digem danck auch zu erkennen iſt/ ſo viel mehrere derjenigen exulanten ſind/ welchen bisher es noch nicht ſo gut hat werden wollen/ ſondern durch die noth- wendigkeit immer hin und her zu ziehen ihr elend ihnen immer ſchwerer gemacht/ und manche neue probe aufgeleget worden iſt (jedoch iſt in allem ſolchen auch die unterſchiedene art GOttes mit den ſeinigen umzugehen/ nicht ohne heiligen weiſen rath und wichtige urſachen (als auch weil ich aus ſolchem lieben ſchrei- ben erkant/ wie derſelbe ſein heyl ihm ſo angelegen ſeyn laſſe/ und ſich alſo mehr und mehr beſtrebe/ in der erkaͤntnuͤß des heyls und lebendigen glauben geſtaͤrcket/ und auf den letzten kampff vorbereitet zu werden. Es ſolte zwar ſolcher fleiß und ſorgfalt ſich bey allen finden/ die chriſten heiſſen wollen/ weil aber daſſelbe ſo gar rar und ſeltzam iſt/ und leider die alle meiſten nur proforma chriſten ſind/ ſo iſts ja einer hertzlichen freude werth/ wo wir einige hin und wieder antreffen und kennen lernen/ die alſo ringen durch die enge pforte einzu- tringen/ und das einige nothwendige auch ihre haupt-ſorge ſeyn laſſen/ wel- ches ſonſten von allen geſchehen ſolte. Jch preiſe ihn alſo billig ſelig/ daß/ ob wol der Allerhoͤchſte zu ſeiner pruͤffung ihm ſein leiblich gehoͤr hat entzogen werden t t t 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/527>, abgerufen am 25.11.2024.