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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
rad mit den wörtern, die in der schrifft stehen, oder mit andern gleich gültigen
außtruckungen, vortragen, möchte göttliches wort nennen, ja die fast ge-
meine redens-art ist, wo man zur predigt gehet, oder aus der kirchen köm-
met, man wolle GOttes wort hören, oder habe es gehöret: Damit man a-
ber nichts anders verstehet, als daß der inhalt der predigt, das wort GOt-
tes seye, nicht so fern es von diesem oder jenem prediger gesprochen worden,
sondern so fern es GOtt durch seine Propheten und Apostel geredet und ge-
offenbaret; Daher ist das geredete GOttes, der vortrag aber ein mensch-
liches werck: Und heist nicht daher GOttes wort, weil es der heilige
Geist in und durch den prediger gesprochen, sondern weil er das ist, das der-
selbe vor diesem durch seine unmittelbare werckzeuge geredet: So gar daß
ich, wo auch ein böser mensch göttliche wahrheiten aus der schrifft ungeän-
dert vortrüge, so fern in eben dem verstand, dasselbige, was er also vorgetra-
gen, vor GOttes wort erkennen würde, als aus dem munde eines gottseli-
gen, indem das geredete einerley, ob wohl das reden der beyden allzuweit
von einander unterschieden ist: So will sichs doch nicht ziehmen, daß wir
das jenige, was ob wol in eine[r] mitwirckung des heiligen Geistes blosse
menschen reden, GOttes wort nennen.

§. 2. Die haupt-ursach ist diese, weil wir uns an die redens-art des
heiligen Geistes zu binden haben, der wol zuweilen den Propheten und Apo-
steln die ehre thut, daß er sein wort auch ihr wort (weiler sie zu werckzeugen
dessen gebraucht,) nennet, als Jerem. 26, 5. Daß ihr höret die worte
meiner knechte der Propheten. Ezech. 33, 31. 32. Sie werden dei-
ne worte hören. Joh. 17, 20. so durch ihr
(der Apostel) wort an mich
glauben werden:
nirgend aber lässet er den titul seines worts den reden
blosser menschen zulegen. Wie es auch allzugefährlich wäre, nach dem
GOttes wort so hoch in der schrifft uns angepriesen wird, als dasjenige, das
der grund und regel unsers glaubens seye, dem man um sein selbs willen zu
glauben habe, daß man solchen namen einer rede gebe, die nicht unmittelbar
von GOTT kommet, sondern aus menschlichem willen 2. Petr. 1,
21. hervorgebracht ist,
in dem sonst derselben alsdann auch diejeni-
ge würde beygeleget werden müßte, die dem eigenlichen wort GOttes zu-
kommt.

§. 3. Die sache zu fassen, ist der grosse unterscheid wohl in acht zu neh-
men, der sich findet zwischen dem wort nicht nur das von GOTT unmittel-
bar, sondern auch durch seine Propheten und Apostel, geredet ist, und un-
ter andren reden der gläubigen und heiligen: So verhält sichs mit dem gött-
lichen wort also, 1, GOtt ist allein dessen haupt-ursach, und reget in und

durch

Das ſiebende Capitel.
rad mit den woͤrtern, die in der ſchrifft ſtehen, oder mit andern gleich guͤltigen
außtruckungen, vortragen, moͤchte goͤttliches wort nennen, ja die faſt ge-
meine redens-art iſt, wo man zur predigt gehet, oder aus der kirchen koͤm-
met, man wolle GOttes wort hoͤren, oder habe es gehoͤret: Damit man a-
ber nichts anders verſtehet, als daß der inhalt der predigt, das wort GOt-
tes ſeye, nicht ſo fern es von dieſem oder jenem prediger geſprochen worden,
ſondern ſo fern es GOtt durch ſeine Propheten und Apoſtel geredet und ge-
offenbaret; Daher iſt das geredete GOttes, der vortrag aber ein menſch-
liches werck: Und heiſt nicht daher GOttes wort, weil es der heilige
Geiſt in und durch den prediger geſprochen, ſondern weil er das iſt, das der-
ſelbe vor dieſem durch ſeine unmittelbare werckzeuge geredet: So gar daß
ich, wo auch ein boͤſer menſch goͤttliche wahrheiten aus der ſchrifft ungeaͤn-
dert vortruͤge, ſo fern in eben dem verſtand, daſſelbige, was er alſo vorgetra-
gen, vor GOttes wort erkennen wuͤrde, als aus dem munde eines gottſeli-
gen, indem das geredete einerley, ob wohl das reden der beyden allzuweit
von einander unterſchieden iſt: So will ſichs doch nicht ziehmen, daß wir
das jenige, was ob wol in eine[r] mitwirckung des heiligen Geiſtes bloſſe
menſchen reden, GOttes wort nennen.

§. 2. Die haupt-urſach iſt dieſe, weil wir uns an die redens-art des
heiligen Geiſtes zu binden haben, der wol zuweilen den Propheten und Apo-
ſteln die ehre thut, daß er ſein wort auch ihr wort (weiler ſie zu werckzeugen
deſſen gebraucht,) nennet, als Jerem. 26, 5. Daß ihr hoͤret die worte
meiner knechte der Propheten. Ezech. 33, 31. 32. Sie werden dei-
ne worte hoͤren. Joh. 17, 20. ſo durch ihr
(der Apoſtel) wort an mich
glauben werden:
nirgend aber laͤſſet er den titul ſeines worts den reden
bloſſer menſchen zulegen. Wie es auch allzugefaͤhrlich waͤre, nach dem
GOttes wort ſo hoch in der ſchrifft uns angeprieſen wird, als dasjenige, das
der grund und regel unſers glaubens ſeye, dem man um ſein ſelbs willen zu
glauben habe, daß man ſolchen namen einer rede gebe, die nicht unmittelbar
von GOTT kommet, ſondern aus menſchlichem willen 2. Petr. 1,
21. hervorgebracht iſt,
in dem ſonſt derſelben alsdann auch diejeni-
ge wuͤrde beygeleget werden muͤßte, die dem eigenlichen wort GOttes zu-
kommt.

§. 3. Die ſache zu faſſen, iſt der groſſe unterſcheid wohl in acht zu neh-
men, der ſich findet zwiſchen dem wort nicht nur das von GOTT unmittel-
bar, ſondern auch durch ſeine Propheten und Apoſtel, geredet iſt, und un-
ter andren reden der glaͤubigen und heiligen: So verhaͤlt ſichs mit dem goͤtt-
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[44/0056] Das ſiebende Capitel. rad mit den woͤrtern, die in der ſchrifft ſtehen, oder mit andern gleich guͤltigen außtruckungen, vortragen, moͤchte goͤttliches wort nennen, ja die faſt ge- meine redens-art iſt, wo man zur predigt gehet, oder aus der kirchen koͤm- met, man wolle GOttes wort hoͤren, oder habe es gehoͤret: Damit man a- ber nichts anders verſtehet, als daß der inhalt der predigt, das wort GOt- tes ſeye, nicht ſo fern es von dieſem oder jenem prediger geſprochen worden, ſondern ſo fern es GOtt durch ſeine Propheten und Apoſtel geredet und ge- offenbaret; Daher iſt das geredete GOttes, der vortrag aber ein menſch- liches werck: Und heiſt nicht daher GOttes wort, weil es der heilige Geiſt in und durch den prediger geſprochen, ſondern weil er das iſt, das der- ſelbe vor dieſem durch ſeine unmittelbare werckzeuge geredet: So gar daß ich, wo auch ein boͤſer menſch goͤttliche wahrheiten aus der ſchrifft ungeaͤn- dert vortruͤge, ſo fern in eben dem verſtand, daſſelbige, was er alſo vorgetra- gen, vor GOttes wort erkennen wuͤrde, als aus dem munde eines gottſeli- gen, indem das geredete einerley, ob wohl das reden der beyden allzuweit von einander unterſchieden iſt: So will ſichs doch nicht ziehmen, daß wir das jenige, was ob wol in einer mitwirckung des heiligen Geiſtes bloſſe menſchen reden, GOttes wort nennen. §. 2. Die haupt-urſach iſt dieſe, weil wir uns an die redens-art des heiligen Geiſtes zu binden haben, der wol zuweilen den Propheten und Apo- ſteln die ehre thut, daß er ſein wort auch ihr wort (weiler ſie zu werckzeugen deſſen gebraucht,) nennet, als Jerem. 26, 5. Daß ihr hoͤret die worte meiner knechte der Propheten. Ezech. 33, 31. 32. Sie werden dei- ne worte hoͤren. Joh. 17, 20. ſo durch ihr (der Apoſtel) wort an mich glauben werden: nirgend aber laͤſſet er den titul ſeines worts den reden bloſſer menſchen zulegen. Wie es auch allzugefaͤhrlich waͤre, nach dem GOttes wort ſo hoch in der ſchrifft uns angeprieſen wird, als dasjenige, das der grund und regel unſers glaubens ſeye, dem man um ſein ſelbs willen zu glauben habe, daß man ſolchen namen einer rede gebe, die nicht unmittelbar von GOTT kommet, ſondern aus menſchlichem willen 2. Petr. 1, 21. hervorgebracht iſt, in dem ſonſt derſelben alsdann auch diejeni- ge wuͤrde beygeleget werden muͤßte, die dem eigenlichen wort GOttes zu- kommt. §. 3. Die ſache zu faſſen, iſt der groſſe unterſcheid wohl in acht zu neh- men, der ſich findet zwiſchen dem wort nicht nur das von GOTT unmittel- bar, ſondern auch durch ſeine Propheten und Apoſtel, geredet iſt, und un- ter andren reden der glaͤubigen und heiligen: So verhaͤlt ſichs mit dem goͤtt- lichen wort alſo, 1, GOtt iſt allein deſſen haupt-urſach, und reget in und durch

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/56>, abgerufen am 28.11.2024.