einem löwen geschlagen wurde. Hingegen auch die beste reden der prediger und anderer haben keine solche göttliche autorität noch verbinden zum ge- horsam um ihr selbs und derer willen, die sie sprechen: Dann was die gött- liche wahrheiten von den dingen, die zur lehr und zum leben gehören, an- langt, welche auch in solchen reden vorkommen, verbinden sie zwar auch, aber nicht anders, als so fern die zuhörer überzeuget werden, daß es nicht ihre sondern von GOtt durch die Propheten und Apostel geredete, wor- tse seyen, welche diese allein widerholen, aber sie nicht für die ihrige angese- hen werden.
§. 5. Daraus folgt der 3. unterscheid, daß das wort der Apostel und Propheten der grund unsers glaubens ist. (Wie wir gehöret haben aus Joh. 17, 20. daß alle durch der Apostel wort müssen gläubig werden.) Daher ist die kirche erbauet auf den grund der Apostel und Prophe- ten, da JEsus Christus der Eckstein ist Eph. 2, 20. Wo die Apo- stel nicht nach ihren personen, sondern wort, zu verstehen sind. Hingegen ist keines andern Christen oder predigers wort der grund des glaubens. Dann ob es wol das mittel ist, dadurch der glaube gewircket ist, glaubet gleichwol kein gläubiger um des willen, von dem er das wort höret, sondern nechst GOtt um des willen/ durch den GOtt, solche seine wahrheit offenba- ren und aufzeichnen lassen.
§. 6. Jch setze darzu den 4. unterscheid, daß in den reden der männer Got- tes aus dem geist alles göttlich war, also daß sie in solchem trieb stehende nicht allein nicht irren konten, sondern daß neben der sachen selbs alle wort, aus- truckungen und geringste umstände, von dem heiligen Geist herkommen, da- her sie nicht verbessert werden konten, und wir daher mit gutem fug auf al- le die geringste wörtlein und connexionen uns also beruffen dörffen, daß sich aus denselben feste schlüsse machen lassen. Wann aber andere predi- ger oder gläubige gutes reden, können sie doch nicht allein, wo sie nicht ge- naue acht geben, fehlen, sondern wann auch schon die sachen, die sie reden, an sich göttliche wahrheiten aus der schrifft sind, sind wir doch nicht allein nicht gewiß, daß sie es in allen austruckungen, da sie nicht schlechter dings die worte des heiligen Geistes recitiren, also treffen, daß man sich drauf verlassen könte, ja es wird sich meistentheils wahrhafftig etwas menschli- ches mit einmischen, ob zwar nicht von dingen, die falsch sind, aufs we- nigste die besser und füglicher nach göttlicher weißheit eingerichtet werden können und sollen. Damit das göttliche vor allem menschlichen wort sei- nen offenbaren vorzug behalte.
§. 7. Bey allem solchem unterscheid gebe doch gerne zu, daß was christ- liche prediger und andere gläubige reden und schreiben, freylich auch nicht
von
Das ſiebende Capitel.
einem loͤwen geſchlagen wurde. Hingegen auch die beſte reden der prediger und anderer haben keine ſolche goͤttliche autoritaͤt noch verbinden zum ge- horſam um ihr ſelbs und derer willen, die ſie ſprechen: Dann was die goͤtt- liche wahrheiten von den dingen, die zur lehr und zum leben gehoͤren, an- langt, welche auch in ſolchen reden vorkommen, verbinden ſie zwar auch, aber nicht anders, als ſo fern die zuhoͤrer uͤberzeuget werden, daß es nicht ihre ſondern von GOtt durch die Propheten und Apoſtel geredete, wor- tſe ſeyen, welche dieſe allein widerholen, aber ſie nicht fuͤr die ihrige angeſe- hen werden.
§. 5. Daraus folgt der 3. unterſcheid, daß das wort der Apoſtel und Propheten der grund unſers glaubens iſt. (Wie wir gehoͤret haben aus Joh. 17, 20. daß alle durch der Apoſtel wort muͤſſen glaͤubig werden.) Daher iſt die kirche erbauet auf den grund der Apoſtel und Prophe- ten, da JEſus Chriſtus der Eckſtein iſt Eph. 2, 20. Wo die Apo- ſtel nicht nach ihren perſonen, ſondern wort, zu verſtehen ſind. Hingegen iſt keines andern Chriſten oder predigers wort der grund des glaubens. Dann ob es wol das mittel iſt, dadurch der glaube gewircket iſt, glaubet gleichwol kein glaͤubiger um des willen, von dem er das wort hoͤret, ſondern nechſt GOtt um des willen/ durch den GOtt, ſolche ſeine wahrheit offenba- ren und aufzeichnen laſſen.
§. 6. Jch ſetze darzu den 4. unterſcheid, daß in den reden der maͤnner Got- tes aus dem geiſt alles goͤttlich war, alſo daß ſie in ſolchem trieb ſtehende nicht allein nicht irren konten, ſondern daß neben der ſachen ſelbs alle wort, aus- truckungen und geringſte umſtaͤnde, von dem heiligen Geiſt herkommen, da- her ſie nicht verbeſſert werden konten, und wir daher mit gutem fug auf al- le die geringſte woͤrtlein und connexionen uns alſo beruffen doͤrffen, daß ſich aus denſelben feſte ſchluͤſſe machen laſſen. Wann aber andere predi- ger oder glaͤubige gutes reden, koͤnnen ſie doch nicht allein, wo ſie nicht ge- naue acht geben, fehlen, ſondern wann auch ſchon die ſachen, die ſie reden, an ſich goͤttliche wahrheiten aus der ſchrifft ſind, ſind wir doch nicht allein nicht gewiß, daß ſie es in allen austruckungen, da ſie nicht ſchlechter dings die worte des heiligen Geiſtes recitiren, alſo treffen, daß man ſich drauf verlaſſen koͤnte, ja es wird ſich meiſtentheils wahrhafftig etwas menſchli- ches mit einmiſchen, ob zwar nicht von dingen, die falſch ſind, aufs we- nigſte die beſſer und fuͤglicher nach goͤttlicher weißheit eingerichtet werden koͤnnen und ſollen. Damit das goͤttliche vor allem menſchlichen wort ſei- nen offenbaren vorzug behalte.
§. 7. Bey allem ſolchem unterſcheid gebe doch gerne zu, daß was chriſt- liche prediger und andere glaͤubige reden und ſchreiben, freylich auch nicht
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[46/0058]
Das ſiebende Capitel.
einem loͤwen geſchlagen wurde. Hingegen auch die beſte reden der prediger
und anderer haben keine ſolche goͤttliche autoritaͤt noch verbinden zum ge-
horſam um ihr ſelbs und derer willen, die ſie ſprechen: Dann was die goͤtt-
liche wahrheiten von den dingen, die zur lehr und zum leben gehoͤren, an-
langt, welche auch in ſolchen reden vorkommen, verbinden ſie zwar auch,
aber nicht anders, als ſo fern die zuhoͤrer uͤberzeuget werden, daß es nicht
ihre ſondern von GOtt durch die Propheten und Apoſtel geredete, wor-
tſe ſeyen, welche dieſe allein widerholen, aber ſie nicht fuͤr die ihrige angeſe-
hen werden.
§. 5. Daraus folgt der 3. unterſcheid, daß das wort der Apoſtel und
Propheten der grund unſers glaubens iſt. (Wie wir gehoͤret haben aus
Joh. 17, 20. daß alle durch der Apoſtel wort muͤſſen glaͤubig werden.)
Daher iſt die kirche erbauet auf den grund der Apoſtel und Prophe-
ten, da JEſus Chriſtus der Eckſtein iſt Eph. 2, 20. Wo die Apo-
ſtel nicht nach ihren perſonen, ſondern wort, zu verſtehen ſind. Hingegen
iſt keines andern Chriſten oder predigers wort der grund des glaubens.
Dann ob es wol das mittel iſt, dadurch der glaube gewircket iſt, glaubet
gleichwol kein glaͤubiger um des willen, von dem er das wort hoͤret, ſondern
nechſt GOtt um des willen/ durch den GOtt, ſolche ſeine wahrheit offenba-
ren und aufzeichnen laſſen.
§. 6. Jch ſetze darzu den 4. unterſcheid, daß in den reden der maͤnner Got-
tes aus dem geiſt alles goͤttlich war, alſo daß ſie in ſolchem trieb ſtehende nicht
allein nicht irren konten, ſondern daß neben der ſachen ſelbs alle wort, aus-
truckungen und geringſte umſtaͤnde, von dem heiligen Geiſt herkommen, da-
her ſie nicht verbeſſert werden konten, und wir daher mit gutem fug auf al-
le die geringſte woͤrtlein und connexionen uns alſo beruffen doͤrffen, daß
ſich aus denſelben feſte ſchluͤſſe machen laſſen. Wann aber andere predi-
ger oder glaͤubige gutes reden, koͤnnen ſie doch nicht allein, wo ſie nicht ge-
naue acht geben, fehlen, ſondern wann auch ſchon die ſachen, die ſie reden,
an ſich goͤttliche wahrheiten aus der ſchrifft ſind, ſind wir doch nicht allein
nicht gewiß, daß ſie es in allen austruckungen, da ſie nicht ſchlechter dings
die worte des heiligen Geiſtes recitiren, alſo treffen, daß man ſich drauf
verlaſſen koͤnte, ja es wird ſich meiſtentheils wahrhafftig etwas menſchli-
ches mit einmiſchen, ob zwar nicht von dingen, die falſch ſind, aufs we-
nigſte die beſſer und fuͤglicher nach goͤttlicher weißheit eingerichtet werden
koͤnnen und ſollen. Damit das goͤttliche vor allem menſchlichen wort ſei-
nen offenbaren vorzug behalte.
§. 7. Bey allem ſolchem unterſcheid gebe doch gerne zu, daß was chriſt-
liche prediger und andere glaͤubige reden und ſchreiben, freylich auch nicht
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/58>, abgerufen am 28.11.2024.
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