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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECTIO XVII.
gen oder verhängung eines unglücks sich weisen, damit aber das gewissen in schwe-
re angst gestürtzet werden möchte.

Jch setze hierbey auch die 2. frage: Weil bey ihnen drey festtage gehal-
ten werden, ob derselbe die zweene andre tage auf ansuchen seiner freun-
de mit ins feld fahren, da keine predigt zu hören, und den Gottesdienst
in der stadt versäumen könne?
oder, wenn er ja nicht mitfahre, auf dem dorff
vorher in die kirche gehen, da er weißt, daß die beyde tage des nachmittags nur
eine predigt in der gantzen stadt gehalten, dieselbe anhören, oder sich im feld erlusti-
gen dörffe, daß er daselbs die allmacht Gottes betrachte, und sich vor vorsetzlichen
fünden hüte. Hierauf zu antworten ist unterschiedliches zu mercken. Die hohe feste
sind von der christlichen kirchen, dero absicht ein jegliches gehorsames kind sich willig
bequemet, dazu eingesetzet, daß die wolthaten GOttes, zu dero gedächtnüß dieselbe
verordnet, recht völlig erwogen würden, so sie in einem tag nicht gnugsam zu gesche-
henk gehalten, und daher etzliche darzu bestimmet hat. Wie dann in solchen eusser-
lichen aber zu dem guten gemeinten dingen ein wahrer christ sich gern der ordnung
unterwirst, also will sichs auch ziemen, den zweck der kirchen in dieser einsetzung fleißig
zu beobachten. 2. Ob wir wol auf dergleichen tage nicht sagen können, daß jegli-
cher in seinem gewissen gerade also verbunden seye, daß er den öffentlichen versamm-
lungen, so offt als nur müglich wäre, beywohnen müste, so sind gleichwol dieselbe
auch um unser selbs, und ärgernüß zu vermeiden willen, nicht eben muthwillig zu
versäumen, wo nicht solches hinwieder mit nachdrücklichern andern übungen der
andacht ersetzet wird. 3. Jst auch zu mercken, daß man sich auch zu enthalten ha-
be, nicht nur des an sich selbst unrechten und sündlichen, sondern was auch des bö-
sen starcken schein hat. 1. Thess. 5, 22. um anderer gewissen samt denen unsrigen dar-
innen zu schonen. 4. Hierauf näher zu kommen, hielte ich ein solches ausfahren ei-
ner person, welche GOtt treulich zu dienen sich vorgenommen hat, nicht recht, als
welche ihrer eignen erbauung besser abzuwarten vermag, wo sie in der stadt bleibet,
sowol dem öffentlichen Gottes-dienst, als viel sie zu ihrer andacht diensam findet,
abzuwarten, als auch zu hause mit betrachtung, gebet und andern gottseligen übun-
gen der absicht des festes bey sich platz zu geben, oder je allein oder doch nur mit einem
oder etzlichen guten freunden auf einige stunden in dem feld mit christlichen gesprä-
chen sich zu ergötzen. 5. Man möchte zwar sagen, es könne dergleichen auch mit ei-
ner solchen mehrern gesellschafft, da man ausführe, geschehen, und die heilige zeit
mit erbaulichen übungen unter ihnen zugebracht werden. Nun läugne ich nicht, daß
wol müglich wäre, eine solche spatzier-fahrt anzustellen, dabey nicht weniger gutes
und erbauung, als in der kirchen, geschehen könte: aber ich halte dabey billig zu er-
wegen, eines theils ob von solcher compagnie guter freunde, welche eine ausfahrt
vor hat, dieses zu hoffen seye, nachdem es fast schwer werden will, eine gute anzahl

also
ARTIC. V. SECTIO XVII.
gen oder verhaͤngung eines ungluͤcks ſich weiſen, damit aber das gewiſſen in ſchwe-
re angſt geſtuͤrtzet werden moͤchte.

Jch ſetze hierbey auch die 2. frage: Weil bey ihnen drey feſttage gehal-
ten werden, ob derſelbe die zweene andre tage auf anſuchen ſeiner freun-
de mit ins feld fahren, da keine predigt zu hoͤren, und den Gottesdienſt
in der ſtadt verſaͤumen koͤnne?
oder, wenn er ja nicht mitfahre, auf dem dorff
vorher in die kirche gehen, da er weißt, daß die beyde tage des nachmittags nur
eine predigt in der gantzen ſtadt gehalten, dieſelbe anhoͤren, oder ſich im feld erluſti-
gen doͤrffe, daß er daſelbs die allmacht Gottes betrachte, und ſich vor vorſetzlichen
fuͤnden huͤte. Hierauf zu antworten iſt unterſchiedliches zu mercken. Die hohe feſte
ſind von der chriſtlichen kirchen, dero abſicht ein jegliches gehorſames kind ſich willig
bequemet, dazu eingeſetzet, daß die wolthaten GOttes, zu dero gedaͤchtnuͤß dieſelbe
verordnet, recht voͤllig erwogen wuͤrden, ſo ſie in einem tag nicht gnugſam zu geſche-
henk gehalten, und daher etzliche darzu beſtimmet hat. Wie dann in ſolchen euſſer-
lichen aber zu dem guten gemeinten dingen ein wahrer chriſt ſich gern der ordnung
unteꝛwirſt, alſo will ſichs auch ziemen, den zweck der kirchen in dieſeꝛ einſetzung fleißig
zu beobachten. 2. Ob wir wol auf dergleichen tage nicht ſagen koͤnnen, daß jegli-
cher in ſeinem gewiſſen gerade alſo verbunden ſeye, daß er den oͤffentlichen verſamm-
lungen, ſo offt als nur muͤglich waͤre, beywohnen muͤſte, ſo ſind gleichwol dieſelbe
auch um unſer ſelbs, und aͤrgernuͤß zu vermeiden willen, nicht eben muthwillig zu
verſaͤumen, wo nicht ſolches hinwieder mit nachdruͤcklichern andern uͤbungen der
andacht erſetzet wird. 3. Jſt auch zu mercken, daß man ſich auch zu enthalten ha-
be, nicht nur des an ſich ſelbſt unrechten und ſuͤndlichen, ſondern was auch des boͤ-
ſen ſtarcken ſchein hat. 1. Theſſ. 5, 22. um anderer gewiſſen ſamt denen unſrigen dar-
innen zu ſchonen. 4. Hierauf naͤher zu kommen, hielte ich ein ſolches ausfahren ei-
ner perſon, welche GOtt treulich zu dienen ſich vorgenommen hat, nicht recht, als
welche ihrer eignen erbauung beſſer abzuwarten vermag, wo ſie in der ſtadt bleibet,
ſowol dem oͤffentlichen Gottes-dienſt, als viel ſie zu ihrer andacht dienſam findet,
abzuwarten, als auch zu hauſe mit betrachtung, gebet und andern gottſeligen uͤbun-
gen der abſicht des feſtes bey ſich platz zu geben, odeꝛ je allein oder doch nur mit einem
oder etzlichen guten freunden auf einige ſtunden in dem feld mit chriſtlichen geſpraͤ-
chen ſich zu ergoͤtzen. 5. Man moͤchte zwar ſagen, es koͤnne dergleichen auch mit ei-
ner ſolchen mehrern geſellſchafft, da man ausfuͤhre, geſchehen, und die heilige zeit
mit erbaulichen uͤbungen unter ihnen zugebracht werden. Nun laͤugne ich nicht, daß
wol muͤglich waͤre, eine ſolche ſpatzier-fahrt anzuſtellen, dabey nicht weniger gutes
und erbauung, als in der kirchen, geſchehen koͤnte: aber ich halte dabey billig zu er-
wegen, eines theils ob von ſolcher compagnie guter freunde, welche eine ausfahrt
vor hat, dieſes zu hoffen ſeye, nachdem es faſt ſchwer werden will, eine gute anzahl

alſo
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[583/0595] ARTIC. V. SECTIO XVII. gen oder verhaͤngung eines ungluͤcks ſich weiſen, damit aber das gewiſſen in ſchwe- re angſt geſtuͤrtzet werden moͤchte. Jch ſetze hierbey auch die 2. frage: Weil bey ihnen drey feſttage gehal- ten werden, ob derſelbe die zweene andre tage auf anſuchen ſeiner freun- de mit ins feld fahren, da keine predigt zu hoͤren, und den Gottesdienſt in der ſtadt verſaͤumen koͤnne? oder, wenn er ja nicht mitfahre, auf dem dorff vorher in die kirche gehen, da er weißt, daß die beyde tage des nachmittags nur eine predigt in der gantzen ſtadt gehalten, dieſelbe anhoͤren, oder ſich im feld erluſti- gen doͤrffe, daß er daſelbs die allmacht Gottes betrachte, und ſich vor vorſetzlichen fuͤnden huͤte. Hierauf zu antworten iſt unterſchiedliches zu mercken. Die hohe feſte ſind von der chriſtlichen kirchen, dero abſicht ein jegliches gehorſames kind ſich willig bequemet, dazu eingeſetzet, daß die wolthaten GOttes, zu dero gedaͤchtnuͤß dieſelbe verordnet, recht voͤllig erwogen wuͤrden, ſo ſie in einem tag nicht gnugſam zu geſche- henk gehalten, und daher etzliche darzu beſtimmet hat. Wie dann in ſolchen euſſer- lichen aber zu dem guten gemeinten dingen ein wahrer chriſt ſich gern der ordnung unteꝛwirſt, alſo will ſichs auch ziemen, den zweck der kirchen in dieſeꝛ einſetzung fleißig zu beobachten. 2. Ob wir wol auf dergleichen tage nicht ſagen koͤnnen, daß jegli- cher in ſeinem gewiſſen gerade alſo verbunden ſeye, daß er den oͤffentlichen verſamm- lungen, ſo offt als nur muͤglich waͤre, beywohnen muͤſte, ſo ſind gleichwol dieſelbe auch um unſer ſelbs, und aͤrgernuͤß zu vermeiden willen, nicht eben muthwillig zu verſaͤumen, wo nicht ſolches hinwieder mit nachdruͤcklichern andern uͤbungen der andacht erſetzet wird. 3. Jſt auch zu mercken, daß man ſich auch zu enthalten ha- be, nicht nur des an ſich ſelbſt unrechten und ſuͤndlichen, ſondern was auch des boͤ- ſen ſtarcken ſchein hat. 1. Theſſ. 5, 22. um anderer gewiſſen ſamt denen unſrigen dar- innen zu ſchonen. 4. Hierauf naͤher zu kommen, hielte ich ein ſolches ausfahren ei- ner perſon, welche GOtt treulich zu dienen ſich vorgenommen hat, nicht recht, als welche ihrer eignen erbauung beſſer abzuwarten vermag, wo ſie in der ſtadt bleibet, ſowol dem oͤffentlichen Gottes-dienſt, als viel ſie zu ihrer andacht dienſam findet, abzuwarten, als auch zu hauſe mit betrachtung, gebet und andern gottſeligen uͤbun- gen der abſicht des feſtes bey ſich platz zu geben, odeꝛ je allein oder doch nur mit einem oder etzlichen guten freunden auf einige ſtunden in dem feld mit chriſtlichen geſpraͤ- chen ſich zu ergoͤtzen. 5. Man moͤchte zwar ſagen, es koͤnne dergleichen auch mit ei- ner ſolchen mehrern geſellſchafft, da man ausfuͤhre, geſchehen, und die heilige zeit mit erbaulichen uͤbungen unter ihnen zugebracht werden. Nun laͤugne ich nicht, daß wol muͤglich waͤre, eine ſolche ſpatzier-fahrt anzuſtellen, dabey nicht weniger gutes und erbauung, als in der kirchen, geſchehen koͤnte: aber ich halte dabey billig zu er- wegen, eines theils ob von ſolcher compagnie guter freunde, welche eine ausfahrt vor hat, dieſes zu hoffen ſeye, nachdem es faſt ſchwer werden will, eine gute anzahl alſo

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/595>, abgerufen am 22.11.2024.