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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECTIO XX.
chet, und mich verursachet, von diesem feuer ferne zu bleiben, an deme mich nicht
gerne brennen wolte. Zu der versendung der stipendiatorum wünsche denjeni-
gen göttlichen segen, daß man aus dem eventu, wie weißlich solches consilium ge-
wesen, erkennen, und die Würtembergische kirche davon viele frucht dermaleins
erlangen möge. Was anlangt die armen Piemonteser, gönne ich so wol ihnen, daß
sie dermaleins in ruhe kommen, als dem hochlöbl. Fürstenthum Würtemberg, da-
mit es an ihnen liebe zu thun, und damit einen segen auf sich zu ziehen, die gelegen-
heit bekommet. Vor die communication des v[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ti consistorialis sage gehorsa-
men danck, und hat mich dasselbe recht vergnüget, wüste also nicht, wie ein um das
reich GOttes sorgfältiger Theologus, oder auch solchen zweck sich vor augen stel-
lender politicus daran mangel haben, oder eine mehrere praecaution erfordern
könte. Deßwegen auch nicht glaube, daß jemand sichs mißfallen lassen, von der zahl
derer, deren einige sorge ist, nicht so wol, wie der vorwand lautet, die wahrheit zu
erhalten, als vielmehr nach ihrem eignen sinn unter jenem schein nur immer unter
den partheyen, deren streit wir lieber mindern solten, die mißhelligkeit zu vermehren:
welche ich sorge, daß sie, da sie von der liebe nichts wissen wollen, mit der liebe auch
den glauben und die warheit verlieren, die gewiß sich in einer seele nicht finden kan,
welche dem geist der liebe bey sich nicht platz lässet. Diejenige articuln betreffend,
unter welchen unterschiedliche Hugenotten admittiret worden sind, achte ich so
beschaffen, daß man sie nicht tadeln, oder von den singulis, welche zu uns kommen,
und sich in unserer kirchen gemeinschafft begeben wollen, in dero sie ohne das nach-
mal in der erkäntnüß der warheit immer weiter zu wachsen haben, auch solches von
ihnen zu hoffen ist, vornemlich, da es keine Theologi sind, ein mehrers bey der re-
ception
zu erfordern, oder diese ihnen schwerer zu machen seye: daher ich denjeni-
gen nicht beypflichten könte, so sich darüber nach dieses seculi, bey denen die noch
eifferer vor die wahrheit vor andern heissen wollen, genio scrupul machen wollen.
Jndessen bekenne dannoch, daß es eine andere bewandnüß habe mit einer gantzen
gemeinde, welche samt ihren Doctoribus zu uns kommen wolten, und aufs wenig-
ste wegen der sprache eine besondere gemeinde machen müsten, also, daß wo sie eini-
gen schweren irrthum mit sich brächten, derselbe ob etwa nicht gar andern auch mit
beygebracht werden könte, aufs wenigste bey ihnen immer fortgepflantzet werden
würde, so bey der reception der wenigern personen nicht zu sorgen wäre: dann bey
diesen wolte erfordert werden, daß man nicht nur versichert wäre, was die glieder
der kirchen insgemein, auch die sich der controversien nicht annehmen, glaubeten,
sondern was auch derselben lehrer zur regel ihrer lehr sich setzten, zu welcher regel,
obwol nicht die einzele glieder der gemeinde, deren so viel gar nichts davon wissen
können, dannoch die gantze gemeinde, wie sie ein corpus ist, bekennet. Da wür-
de also von nöthen seyn, daß etwas weitere determinationes in den streitigen ar-
ticuln von ihnen geschähen, wozu sie sich bekenneten, damit man wüste, wessen

man
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ARTIC. V. SECTIO XX.
chet, und mich verurſachet, von dieſem feuer ferne zu bleiben, an deme mich nicht
gerne brennen wolte. Zu der verſendung der ſtipendiatorum wuͤnſche denjeni-
gen goͤttlichen ſegen, daß man aus dem eventu, wie weißlich ſolches conſilium ge-
weſen, erkennen, und die Wuͤrtembergiſche kirche davon viele frucht dermaleins
erlangen moͤge. Was anlangt die armen Piemonteſer, goͤnne ich ſo wol ihnen, daß
ſie dermaleins in ruhe kommen, als dem hochloͤbl. Fuͤrſtenthum Wuͤrtemberg, da-
mit es an ihnen liebe zu thun, und damit einen ſegen auf ſich zu ziehen, die gelegen-
heit bekommet. Vor die communication des v[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ti conſiſtorialis ſage gehorſa-
men danck, und hat mich daſſelbe recht vergnuͤget, wuͤſte alſo nicht, wie ein um das
reich GOttes ſorgfaͤltiger Theologus, oder auch ſolchen zweck ſich vor augen ſtel-
lender politicus daran mangel haben, oder eine mehrere præcaution erfordern
koͤnte. Deßwegen auch nicht glaube, daß jemand ſichs mißfallen laſſen, von der zahl
derer, deren einige ſorge iſt, nicht ſo wol, wie der vorwand lautet, die wahrheit zu
erhalten, als vielmehr nach ihrem eignen ſinn unter jenem ſchein nur immer unter
den partheyen, deren ſtreit wir lieber mindern ſolten, die mißhelligkeit zu vermehren:
welche ich ſorge, daß ſie, da ſie von der liebe nichts wiſſen wollen, mit der liebe auch
den glauben und die warheit verlieren, die gewiß ſich in einer ſeele nicht finden kan,
welche dem geiſt der liebe bey ſich nicht platz laͤſſet. Diejenige articuln betreffend,
unter welchen unterſchiedliche Hugenotten admittiret worden ſind, achte ich ſo
beſchaffen, daß man ſie nicht tadeln, oder von den ſingulis, welche zu uns kommen,
und ſich in unſerer kirchen gemeinſchafft begeben wollen, in dero ſie ohne das nach-
mal in der erkaͤntnuͤß der warheit immer weiter zu wachſen haben, auch ſolches von
ihnen zu hoffen iſt, vornemlich, da es keine Theologi ſind, ein mehrers bey der re-
ception
zu erfordern, oder dieſe ihnen ſchwerer zu machen ſeye: daher ich denjeni-
gen nicht beypflichten koͤnte, ſo ſich daruͤber nach dieſes ſeculi, bey denen die noch
eifferer vor die wahrheit vor andern heiſſen wollen, genio ſcrupul machen wollen.
Jndeſſen bekenne dannoch, daß es eine andere bewandnuͤß habe mit einer gantzen
gemeinde, welche ſamt ihren Doctoribus zu uns kommen wolten, und aufs wenig-
ſte wegen der ſprache eine beſondere gemeinde machen muͤſten, alſo, daß wo ſie eini-
gen ſchweren irrthum mit ſich braͤchten, derſelbe ob etwa nicht gar andern auch mit
beygebracht werden koͤnte, aufs wenigſte bey ihnen immer fortgepflantzet werden
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dieſen wolte erfordert werden, daß man nicht nur verſichert waͤre, was die glieder
der kirchen insgemein, auch die ſich der controverſien nicht annehmen, glaubeten,
ſondern was auch derſelben lehrer zur regel ihrer lehr ſich ſetzten, zu welcher regel,
obwol nicht die einzele glieder der gemeinde, deren ſo viel gar nichts davon wiſſen
koͤnnen, dannoch die gantze gemeinde, wie ſie ein corpus iſt, bekennet. Da wuͤr-
de alſo von noͤthen ſeyn, daß etwas weitere determinationes in den ſtreitigen ar-
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[589/0601] ARTIC. V. SECTIO XX. chet, und mich verurſachet, von dieſem feuer ferne zu bleiben, an deme mich nicht gerne brennen wolte. Zu der verſendung der ſtipendiatorum wuͤnſche denjeni- gen goͤttlichen ſegen, daß man aus dem eventu, wie weißlich ſolches conſilium ge- weſen, erkennen, und die Wuͤrtembergiſche kirche davon viele frucht dermaleins erlangen moͤge. Was anlangt die armen Piemonteſer, goͤnne ich ſo wol ihnen, daß ſie dermaleins in ruhe kommen, als dem hochloͤbl. Fuͤrſtenthum Wuͤrtemberg, da- mit es an ihnen liebe zu thun, und damit einen ſegen auf ſich zu ziehen, die gelegen- heit bekommet. Vor die communication des v_ti conſiſtorialis ſage gehorſa- men danck, und hat mich daſſelbe recht vergnuͤget, wuͤſte alſo nicht, wie ein um das reich GOttes ſorgfaͤltiger Theologus, oder auch ſolchen zweck ſich vor augen ſtel- lender politicus daran mangel haben, oder eine mehrere præcaution erfordern koͤnte. Deßwegen auch nicht glaube, daß jemand ſichs mißfallen laſſen, von der zahl derer, deren einige ſorge iſt, nicht ſo wol, wie der vorwand lautet, die wahrheit zu erhalten, als vielmehr nach ihrem eignen ſinn unter jenem ſchein nur immer unter den partheyen, deren ſtreit wir lieber mindern ſolten, die mißhelligkeit zu vermehren: welche ich ſorge, daß ſie, da ſie von der liebe nichts wiſſen wollen, mit der liebe auch den glauben und die warheit verlieren, die gewiß ſich in einer ſeele nicht finden kan, welche dem geiſt der liebe bey ſich nicht platz laͤſſet. Diejenige articuln betreffend, unter welchen unterſchiedliche Hugenotten admittiret worden ſind, achte ich ſo beſchaffen, daß man ſie nicht tadeln, oder von den ſingulis, welche zu uns kommen, und ſich in unſerer kirchen gemeinſchafft begeben wollen, in dero ſie ohne das nach- mal in der erkaͤntnuͤß der warheit immer weiter zu wachſen haben, auch ſolches von ihnen zu hoffen iſt, vornemlich, da es keine Theologi ſind, ein mehrers bey der re- ception zu erfordern, oder dieſe ihnen ſchwerer zu machen ſeye: daher ich denjeni- gen nicht beypflichten koͤnte, ſo ſich daruͤber nach dieſes ſeculi, bey denen die noch eifferer vor die wahrheit vor andern heiſſen wollen, genio ſcrupul machen wollen. Jndeſſen bekenne dannoch, daß es eine andere bewandnuͤß habe mit einer gantzen gemeinde, welche ſamt ihren Doctoribus zu uns kommen wolten, und aufs wenig- ſte wegen der ſprache eine beſondere gemeinde machen muͤſten, alſo, daß wo ſie eini- gen ſchweren irrthum mit ſich braͤchten, derſelbe ob etwa nicht gar andern auch mit beygebracht werden koͤnte, aufs wenigſte bey ihnen immer fortgepflantzet werden wuͤrde, ſo bey der reception der wenigern perſonen nicht zu ſorgen waͤre: dann bey dieſen wolte erfordert werden, daß man nicht nur verſichert waͤre, was die glieder der kirchen insgemein, auch die ſich der controverſien nicht annehmen, glaubeten, ſondern was auch derſelben lehrer zur regel ihrer lehr ſich ſetzten, zu welcher regel, obwol nicht die einzele glieder der gemeinde, deren ſo viel gar nichts davon wiſſen koͤnnen, dannoch die gantze gemeinde, wie ſie ein corpus iſt, bekennet. Da wuͤr- de alſo von noͤthen ſeyn, daß etwas weitere determinationes in den ſtreitigen ar- ticuln von ihnen geſchaͤhen, wozu ſie ſich bekenneten, damit man wuͤſte, weſſen man e e e e 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/601>, abgerufen am 22.11.2024.