mal versuchet werden lassen, und wo er mich mehrers leidens würdigen solte, es auch nicht an dem genugsamen maaß des Geistes alsdenn manglen lassen. Vor welche versicherung, die aus seiner treue kommet, wir billig seinen heiligen namen stäts zu preisen, und uns lediglich in seine arme zu werffen haben, da wir allezeit verwahret sind.
4. Apr. 1689.
SECTIO XXXIII. Wichtigkeit und schwerigkeit göttlichen willen zu erkennen: welches zu erbitten. Freude von mehrern frommen kantnüß zu be- kommen. Scriverii Sontags-übungen mit einigen freunden. Dergleichen übungen nutzen.
JCh bitte sonderlich, wo meiner vor GOtt gedacht wird, die erkäntniß göttl. willens vornemlich mit erbitten zu helffen. Denn ob es wol an dem ist, daß man sagen möchte, man bedörffte dieses am wenigsten zu bitten, weil uns ja der himmlische Vater seinen uns zu wissen nöthigen rath und willen zur gnü- ge in der schrifft geoffenbaret habe: so erkenne ich gleichwol, und ohne zweifel auch andere christliche hertzen, wie schwer uns manchmal solche erkäntnüß werde, und wir gewißlich, wollen wir nicht leichtlich gefährliche mißgriffe thun, des lichts von oben herab bedörfftig seyen. Nicht nur weil insgesamt dasjenige, so uns in göttli- chem wort vorgeleget wird, heylsamlich zu fassen, der H. Geist und dessen erleuch- tung nöthig ist, ja wo wir recht wollen prüfen, was denn seye der gute, der wohlge- fällige, und der vollkommene Gottes wille, dazu eine starcke veränderung und erneu- erung unsers sinnes, hiezu aber göttliche gnade, nöthig ist: sondern auch weil die anwendung der allgemeinen in der schrifft vorgestellten regeln auf jede fälle und umstände eine göttl. klugheit und anderes licht, als uns von natur beywohnet, er- fordert, ja sonderlich, weil es nunmehr in dem christenthum zu einem solchen zerrüt- teten und verwirreten wesen ausgeschlagen ist, daß man öffters, wie manche re- geln Christi nach seiner absicht zu practiciren seyen, nicht siehet: daß es deßwegen manchmal dahin kommt, daß eine gottliebende seele, sonderlich ein prediger, welcher seine pflicht gern am besten in acht nehmen wolte, in den zweifel geräth, was man bey diesen und jenen umständen zu thun habe, weil man nicht zur gnüge unterschei- den kan, ob die verrichtung oder unterlassung dieses oder jenen wercks die ehre GOttes und der kirchen bestes mehr befordern werde, welches doch gleichwie der zweck also auch die regel alles unsers thun und lassens seyn solle. Wie dieser zweifel eine seele ängste, habe nicht einmal erfahren, wenn man bey sich einen willen Gott treulich zu dienen hat, aber ob es auf diese oder eine widrige weise warhafftig geschehe, bey sich anstehet: welches nothwendig eine so viel mehrere sorge erwecket, als mehr einem angelegen ist, den göttl. willen warhafftig zu thun. Wie nun die-
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ARTIC. V. SECTIO XXXIII.
mal verſuchet werden laſſen, und wo er mich mehrers leidens wuͤrdigen ſolte, es auch nicht an dem genugſamen maaß des Geiſtes alsdenn manglen laſſen. Vor welche verſicherung, die aus ſeiner treue kommet, wir billig ſeinen heiligen namen ſtaͤts zu preiſen, und uns lediglich in ſeine arme zu werffen haben, da wir allezeit verwahret ſind.
4. Apr. 1689.
SECTIO XXXIII. Wichtigkeit und ſchwerigkeit goͤttlichen willen zu erkennen: welches zu erbitten. Freude von mehrern frommen kantnuͤß zu be- kommen. Scriverii Sontags-uͤbungen mit einigen freunden. Dergleichen uͤbungen nutzen.
JCh bitte ſonderlich, wo meiner vor GOtt gedacht wird, die erkaͤntniß goͤttl. willens vornemlich mit erbitten zu helffen. Denn ob es wol an dem iſt, daß man ſagen moͤchte, man bedoͤrffte dieſes am wenigſten zu bitten, weil uns ja der himmliſche Vater ſeinen uns zu wiſſen noͤthigen rath und willen zur gnuͤ- ge in der ſchrifft geoffenbaret habe: ſo erkenne ich gleichwol, und ohne zweifel auch andere chriſtliche hertzen, wie ſchwer uns manchmal ſolche erkaͤntnuͤß werde, und wir gewißlich, wollen wir nicht leichtlich gefaͤhrliche mißgriffe thun, des lichts von oben herab bedoͤrfftig ſeyen. Nicht nur weil insgeſamt dasjenige, ſo uns in goͤttli- chem wort vorgeleget wird, heylſamlich zu faſſen, der H. Geiſt und deſſen erleuch- tung noͤthig iſt, ja wo wir recht wollen pruͤfen, was denn ſeye der gute, der wohlge- faͤllige, und der vollkom̃ene Gottes wille, dazu eine ſtarcke veraͤnderung und erneu- erung unſers ſinnes, hiezu aber goͤttliche gnade, noͤthig iſt: ſondern auch weil die anwendung der allgemeinen in der ſchrifft vorgeſtellten regeln auf jede faͤlle und umſtaͤnde eine goͤttl. klugheit und anderes licht, als uns von natur beywohnet, er- fordert, ja ſonderlich, weil es nunmehꝛ in dem chriſtenthum zu einem ſolchen zerruͤt- teten und verwirreten weſen ausgeſchlagen iſt, daß man oͤffters, wie manche re- geln Chriſti nach ſeiner abſicht zu practiciren ſeyen, nicht ſiehet: daß es deßwegen manchmal dahin kommt, daß eine gottliebende ſeele, ſonderlich ein prediger, welcheꝛ ſeine pflicht gern am beſten in acht nehmen wolte, in den zweifel geraͤth, was man bey dieſen und jenen umſtaͤnden zu thun habe, weil man nicht zur gnuͤge unterſchei- den kan, ob die verrichtung oder unterlaſſung dieſes oder jenen wercks die ehre GOttes und der kirchen beſtes mehr befordern werde, welches doch gleichwie der zweck alſo auch die regel alles unſers thun und laſſens ſeyn ſolle. Wie dieſer zweifel eine ſeele aͤngſte, habe nicht einmal erfahren, wenn man bey ſich einen willen Gott treulich zu dienen hat, aber ob es auf dieſe oder eine widrige weiſe warhafftig geſchehe, bey ſich anſtehet: welches nothwendig eine ſo viel mehrere ſorge erwecket, als mehr einem angelegen iſt, den goͤttl. willen warhafftig zu thun. Wie nun die-
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ARTIC. V. SECTIO XXXIII.
mal verſuchet werden laſſen, und wo er mich mehrers leidens wuͤrdigen ſolte, es
auch nicht an dem genugſamen maaß des Geiſtes alsdenn manglen laſſen. Vor
welche verſicherung, die aus ſeiner treue kommet, wir billig ſeinen heiligen namen
ſtaͤts zu preiſen, und uns lediglich in ſeine arme zu werffen haben, da wir allezeit
verwahret ſind.
4. Apr. 1689.
SECTIO XXXIII.
Wichtigkeit und ſchwerigkeit goͤttlichen willen zu erkennen:
welches zu erbitten. Freude von mehrern frommen kantnuͤß zu be-
kommen. Scriverii Sontags-uͤbungen mit einigen freunden.
Dergleichen uͤbungen nutzen.
JCh bitte ſonderlich, wo meiner vor GOtt gedacht wird, die erkaͤntniß goͤttl.
willens vornemlich mit erbitten zu helffen. Denn ob es wol an dem iſt,
daß man ſagen moͤchte, man bedoͤrffte dieſes am wenigſten zu bitten, weil
uns ja der himmliſche Vater ſeinen uns zu wiſſen noͤthigen rath und willen zur gnuͤ-
ge in der ſchrifft geoffenbaret habe: ſo erkenne ich gleichwol, und ohne zweifel auch
andere chriſtliche hertzen, wie ſchwer uns manchmal ſolche erkaͤntnuͤß werde, und
wir gewißlich, wollen wir nicht leichtlich gefaͤhrliche mißgriffe thun, des lichts von
oben herab bedoͤrfftig ſeyen. Nicht nur weil insgeſamt dasjenige, ſo uns in goͤttli-
chem wort vorgeleget wird, heylſamlich zu faſſen, der H. Geiſt und deſſen erleuch-
tung noͤthig iſt, ja wo wir recht wollen pruͤfen, was denn ſeye der gute, der wohlge-
faͤllige, und der vollkom̃ene Gottes wille, dazu eine ſtarcke veraͤnderung und erneu-
erung unſers ſinnes, hiezu aber goͤttliche gnade, noͤthig iſt: ſondern auch weil die
anwendung der allgemeinen in der ſchrifft vorgeſtellten regeln auf jede faͤlle und
umſtaͤnde eine goͤttl. klugheit und anderes licht, als uns von natur beywohnet, er-
fordert, ja ſonderlich, weil es nunmehꝛ in dem chriſtenthum zu einem ſolchen zerruͤt-
teten und verwirreten weſen ausgeſchlagen iſt, daß man oͤffters, wie manche re-
geln Chriſti nach ſeiner abſicht zu practiciren ſeyen, nicht ſiehet: daß es deßwegen
manchmal dahin kommt, daß eine gottliebende ſeele, ſonderlich ein prediger, welcheꝛ
ſeine pflicht gern am beſten in acht nehmen wolte, in den zweifel geraͤth, was man
bey dieſen und jenen umſtaͤnden zu thun habe, weil man nicht zur gnuͤge unterſchei-
den kan, ob die verrichtung oder unterlaſſung dieſes oder jenen wercks die ehre
GOttes und der kirchen beſtes mehr befordern werde, welches doch gleichwie der
zweck alſo auch die regel alles unſers thun und laſſens ſeyn ſolle. Wie dieſer zweifel
eine ſeele aͤngſte, habe nicht einmal erfahren, wenn man bey ſich einen willen Gott
treulich zu dienen hat, aber ob es auf dieſe oder eine widrige weiſe warhafftig
geſchehe, bey ſich anſtehet: welches nothwendig eine ſo viel mehrere ſorge erwecket,
als mehr einem angelegen iſt, den goͤttl. willen warhafftig zu thun. Wie nun die-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/631>, abgerufen am 22.11.2024.
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