Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. VI. SECTIO IX. schwerlich anders geschehen könte/ als wo publico nomine aller evangelischengewisse clöster und ort darzu bestimmet/ und denn alle solche zu uns kommende zwar recipiret/ aber unter einer in dem eusserlichen so strengen lebens-art und di- sciplin als immer ihre vorigen orden gewesen/ unter der aufsicht und direction christ- licher verständiger männer 4. 5. 6. jahr nach befinden gehalten/ zu arbeiten des kopffs oder hände/ nachdem ieglicher tüchtig/ ernstlich ohne einigen müßiggang und fleisch- liche freyheit angehalten/ und also recht exploriret würden/ nach befinden endlich sie entweder/ da die probe etwas rechtschaffenes an ihnen gezeiget/ zu solchen diensten/ darzu sie tüchtig/ oder andern arbeiten auf ihre gantze lebens-zeit anzuweisen/ die aber sich anders bezeigen/ aller orten fortzuweisen. Geschähe dieses/ und würde im pabstthum bekant/ so würden alle zurücke bleiben/ derer ausgang jetzt zum grunde die fleischliche freyheit hat/ indem sie wüsten/ daß sie ihre rechnung bey uns nicht finden. Hingegen dörfften anderer rechtschaffener seelen sich mehrere anmelden/ denen es um GOTT allein zu thun ist/ jetzt aber abgeschrecket werden/ wo sie sehen/ daß die zu uns kommen gleichsam zum stätigen bettelstand verdam- met sind. Jndessen solchen vorschlag zu wercke zu richten/ sehe nicht die geringste hoffnung bey gegenwärtigen unsern verfassungen. Daß ich offters über dieses/ als ein stücke des gerichts über Babel erschrecke/ daß sobald einer in demselben den characterem eines geistlichen bekommen/ er fast meistens auf sein gantzes leben/ zu allem wahrhafftigen guten ungeschickt wird. Jndessen sind wir doch nicht gnug- sam entschuldiget/ daß man nicht mehr in solcher sache thut/ und laden auch da- mit/ wie seuffzen/ also auch nicht weniger unsegen auf unsere kirche. Der HErr zeige auch darinne/ was vor ihm gefällig ist/ und ersetze selbs unsre versäumnüß. ENDE. I. Regi-
ARTIC. VI. SECTIO IX. ſchwerlich anders geſchehen koͤnte/ als wo publico nomine aller evangeliſchengewiſſe cloͤſter und ort darzu beſtimmet/ und denn alle ſolche zu uns kommende zwar recipiret/ aber unter einer in dem euſſerlichen ſo ſtrengen lebens-art und di- ſciplin als immer ihre vorigen orden geweſen/ unter der aufſicht und direction chriſt- licher verſtaͤndiger maͤnner 4. 5. 6. jahr nach befinden gehalten/ zu arbeiten des kopffs oder haͤnde/ nachdem ieglicher tuͤchtig/ ernſtlich ohne einigen muͤßiggang und fleiſch- liche freyheit angehalten/ und alſo recht exploriret wuͤrden/ nach befinden endlich ſie entweder/ da die probe etwas rechtſchaffenes an ihnen gezeiget/ zu ſolchẽ dienſten/ darzu ſie tuͤchtig/ oder andern arbeiten auf ihre gantze lebens-zeit anzuweiſen/ die aber ſich anders bezeigen/ aller orten fortzuweiſen. Geſchaͤhe dieſes/ und wuͤrde im pabſtthum bekant/ ſo wuͤrden alle zuruͤcke bleiben/ derer ausgang jetzt zum grunde die fleiſchliche freyheit hat/ indem ſie wuͤſten/ daß ſie ihre rechnung bey uns nicht finden. Hingegen doͤrfften anderer rechtſchaffener ſeelen ſich mehrere anmelden/ denen es um GOTT allein zu thun iſt/ jetzt aber abgeſchrecket werden/ wo ſie ſehen/ daß die zu uns kommen gleichſam zum ſtaͤtigen bettelſtand verdam- met ſind. Jndeſſen ſolchen vorſchlag zu wercke zu richten/ ſehe nicht die geringſte hoffnung bey gegenwaͤrtigen unſern verfaſſungen. Daß ich offters uͤber dieſes/ als ein ſtuͤcke des gerichts uͤber Babel erſchrecke/ daß ſobald einer in demſelben den characterem eines geiſtlichen bekommen/ er faſt meiſtens auf ſein gantzes leben/ zu allem wahrhafftigen guten ungeſchickt wird. Jndeſſen ſind wir doch nicht gnug- ſam entſchuldiget/ daß man nicht mehr in ſolcher ſache thut/ und laden auch da- mit/ wie ſeuffzen/ alſo auch nicht weniger unſegen auf unſere kirche. Der HErr zeige auch darinne/ was vor ihm gefaͤllig iſt/ und erſetze ſelbs unſre verſaͤumnuͤß. ENDE. I. Regi-
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ARTIC. VI. SECTIO IX.
ſchwerlich anders geſchehen koͤnte/ als wo publico nomine aller evangeliſchen
gewiſſe cloͤſter und ort darzu beſtimmet/ und denn alle ſolche zu uns kommende
zwar recipiret/ aber unter einer in dem euſſerlichen ſo ſtrengen lebens-art und di-
ſciplin als immer ihre vorigen orden geweſen/ unter der aufſicht und direction chriſt-
licher verſtaͤndiger maͤnner 4. 5. 6. jahr nach befinden gehalten/ zu arbeiten des kopffs
oder haͤnde/ nachdem ieglicher tuͤchtig/ ernſtlich ohne einigen muͤßiggang und fleiſch-
liche freyheit angehalten/ und alſo recht exploriret wuͤrden/ nach befinden endlich
ſie entweder/ da die probe etwas rechtſchaffenes an ihnen gezeiget/ zu ſolchẽ dienſten/
darzu ſie tuͤchtig/ oder andern arbeiten auf ihre gantze lebens-zeit anzuweiſen/ die
aber ſich anders bezeigen/ aller orten fortzuweiſen. Geſchaͤhe dieſes/ und wuͤrde
im pabſtthum bekant/ ſo wuͤrden alle zuruͤcke bleiben/ derer ausgang jetzt zum
grunde die fleiſchliche freyheit hat/ indem ſie wuͤſten/ daß ſie ihre rechnung bey
uns nicht finden. Hingegen doͤrfften anderer rechtſchaffener ſeelen ſich mehrere
anmelden/ denen es um GOTT allein zu thun iſt/ jetzt aber abgeſchrecket werden/
wo ſie ſehen/ daß die zu uns kommen gleichſam zum ſtaͤtigen bettelſtand verdam-
met ſind. Jndeſſen ſolchen vorſchlag zu wercke zu richten/ ſehe nicht die geringſte
hoffnung bey gegenwaͤrtigen unſern verfaſſungen. Daß ich offters uͤber dieſes/
als ein ſtuͤcke des gerichts uͤber Babel erſchrecke/ daß ſobald einer in demſelben den
characterem eines geiſtlichen bekommen/ er faſt meiſtens auf ſein gantzes leben/
zu allem wahrhafftigen guten ungeſchickt wird. Jndeſſen ſind wir doch nicht gnug-
ſam entſchuldiget/ daß man nicht mehr in ſolcher ſache thut/ und laden auch da-
mit/ wie ſeuffzen/ alſo auch nicht weniger unſegen auf unſere kirche.
Der HErr zeige auch darinne/ was vor ihm gefaͤllig iſt/
und erſetze ſelbs unſre verſaͤumnuͤß.
ENDE.
I. Regi-
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