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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
setzten music-concerten zu bringen, wie auch die Praecept. Gramm.
Heb.
besser zu behalten, möchten zwar vor ihn, der zeit überflüs-
sig haben mag, dieselben zu ersinnen, und sich damit zu üben, aber
nicht ebenmäßig vor andere, so wegen ermangelung der zeit andere

compendia von nöthen haben, dienlich seyn. Dann entweder müß-
te man sich alsobald dieser neuen
inventionen, wann sie an den tag
gegeben wütden, gebrauchen, welches wol so schwer möchte fallen
ins gedächtnüß zu bringen, als die wort selbs auswendig zu lernen, o-
der müßte man sich gleicher weise
voces mnemonicas erdencken. Wel-
ches zwar wol besser wäre, aber von den wenigsten in ermangelung
der zeit würde geschehen können. Schwerlich aber würde sich ein ver-
leger
(wann der autor es nicht selbs wäre, finden, diese sachen zum
druck zu befördern. Die musicalische
composition ist nach heutiger
manier noch ziemlich: allein ist mir dabey erstlich gantz seltsam vor-
gekommen, den hebräischen grund-text auf solche weise geschrieben,
und auf unsere
compositions art detorquiret zu sehen. Darnach
wenn er solche nicht vornemlich denen künstlichen
musicis (die solche
etwa nicht wenig verlachen möchten) sondern solchen
Studiosis The-
ologiae (si hoc nomine vel minimum digni videntur)
vorgegeben haben
will, welche verfluchte weltliche liebes lieder singen, sehe ich so gar
nicht, wie so wol er noch solche den sonsten ihnen vorgesetzten zweck
erreichen würden, zu geschweigen, daß theils wenige sind, die die sin-
gekunst verstehen, theils aber, daß dieselbe meistens, weil sie der he-
bräischen sprach unkündig, nicht anders als wie die nonne den psalter
solche lieder ohne andacht und frucht würden absingen.
Dieses sind
die wort eines guten freundes, der sonsten der art der information ziemlich
kündig. Jm übrigen beklage ich mit demselben selbsten hertzlich, daß die
Hebräische sprach, von so vielen, die doch Studiosi Theologiae heissen wol-
len, wenig geachtet oder wohl gar dero studium verworffen wird: Da
sichs ja ziehmet, daß die jenige, welche GOttes wort anderen vortragen
sollen, den heiligen Geist selbs in seiner sprache verstehen sollen. Wie ich
mich erinnere. daß auch zu meiner zeit in Straßburg sonderlich aus antrieb
der Herrn D D. Schmidiorum auf solche sprach sehr getrieben worden, da-
hero mich nach fast vollbrachten meinen studiis Theologicis annoch nach
Basel zu dem berühmten Buxtorffio verfüget, um in Rabbinicis & Thalmu-
dicis
etwas weiters zu begreiffen. Jndessen leugne nicht, daß ich die untersu-
chung der Griechischen sprach vor noch nöthiger achte, und wo einem sich mit
gleichem
Das ſiebende Capitel.
ſetzten muſic-concerten zu bringen, wie auch die Præcept. Gramm.
Heb.
beſſer zu behalten, moͤchten zwar vor ihn, der zeit uͤberfluͤſ-
ſig haben mag, dieſelben zu erſinnen, und ſich damit zu uͤben, aber
nicht ebenmaͤßig vor andere, ſo wegen ermangelung der zeit andere

compendia von noͤthen haben, dienlich ſeyn. Dann entweder muͤß-
te man ſich alſobald dieſer neuen
inventionen, wann ſie an den tag
gegeben wuͤtden, gebrauchen, welches wol ſo ſchwer moͤchte fallen
ins gedaͤchtnuͤß zu bꝛingen, als die woꝛt ſelbs auswendig zu leꝛnen, o-
der muͤßte man ſich gleicheꝛ weiſe
voces mnemonicas eꝛdencken. Wel-
ches zwar wol beſſer waͤre, aber von den wenigſten in ermangelung
deꝛ zeit wuͤꝛde geſchehen koͤnnen. Schweꝛlich abeꝛ wuͤꝛde ſich ein veꝛ-
leger
(wann der autor es nicht ſelbs waͤre, finden, dieſe ſachen zum
druck zu befoͤrdern. Die muſicaliſche
compoſition iſt nach heutiger
manier noch ziemlich: allein iſt mir dabey erſtlich gantz ſeltſam vor-
gekommen, den hebraͤiſchen grund-text auf ſolche weiſe geſchrieben,
und auf unſere
compoſitions art detorquiret zu ſehen. Darnach
wenn eꝛ ſolche nicht vornemlich denen kuͤnſtlichen
muſicis (die ſolche
etwa nicht wenig verlachen moͤchten) ſondeꝛn ſolchen
Studioſis The-
ologiæ (ſi hoc nomine vel minimum digni videntur)
voꝛgegeben haben
will, welche verfluchte weltliche liebes lieder ſingen, ſehe ich ſo gar
nicht, wie ſo wol er noch ſolche den ſonſten ihnen vorgeſetzten zweck
erreichen wuͤrden, zu geſchweigen, daß theils wenige ſind, die die ſin-
gekunſt verſtehen, theils aber, daß dieſelbe meiſtens, weil ſie der he-
bꝛaͤiſchen ſpꝛach unkuͤndig, nicht andeꝛs als wie die nonne den pſalteꝛ
ſolche lieder ohne andacht und frucht wuͤrden abſingen.
Dieſes ſind
die wort eines guten freundes, der ſonſten der art der information ziemlich
kuͤndig. Jm uͤbrigen beklage ich mit demſelben ſelbſten hertzlich, daß die
Hebraͤiſche ſprach, von ſo vielen, die doch Studioſi Theologiæ heiſſen wol-
len, wenig geachtet oder wohl gar dero ſtudium verworffen wird: Da
ſichs ja ziehmet, daß die jenige, welche GOttes wort anderen vortragen
ſollen, den heiligen Geiſt ſelbs in ſeiner ſprache verſtehen ſollen. Wie ich
mich erinnere. daß auch zu meiner zeit in Straßburg ſonderlich aus antrieb
der Herrn D D. Schmidiorum auf ſolche ſprach ſehr getrieben worden, da-
hero mich nach faſt vollbrachten meinen ſtudiis Theologicis annoch nach
Baſel zu dem beꝛuͤhmten Buxtorffio veꝛfuͤget, um in Rabbinicis & Thalmu-
dicis
etwas weiters zu begreiffen. Jndeſſen leugne nicht, daß ich die unterſu-
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[80/0092] Das ſiebende Capitel. ſetzten muſic-concerten zu bringen, wie auch die Præcept. Gramm. Heb. beſſer zu behalten, moͤchten zwar vor ihn, der zeit uͤberfluͤſ- ſig haben mag, dieſelben zu erſinnen, und ſich damit zu uͤben, aber nicht ebenmaͤßig vor andere, ſo wegen ermangelung der zeit andere compendia von noͤthen haben, dienlich ſeyn. Dann entweder muͤß- te man ſich alſobald dieſer neuen inventionen, wann ſie an den tag gegeben wuͤtden, gebrauchen, welches wol ſo ſchwer moͤchte fallen ins gedaͤchtnuͤß zu bꝛingen, als die woꝛt ſelbs auswendig zu leꝛnen, o- der muͤßte man ſich gleicheꝛ weiſe voces mnemonicas eꝛdencken. Wel- ches zwar wol beſſer waͤre, aber von den wenigſten in ermangelung deꝛ zeit wuͤꝛde geſchehen koͤnnen. Schweꝛlich abeꝛ wuͤꝛde ſich ein veꝛ- leger (wann der autor es nicht ſelbs waͤre, finden, dieſe ſachen zum druck zu befoͤrdern. Die muſicaliſche compoſition iſt nach heutiger manier noch ziemlich: allein iſt mir dabey erſtlich gantz ſeltſam vor- gekommen, den hebraͤiſchen grund-text auf ſolche weiſe geſchrieben, und auf unſere compoſitions art detorquiret zu ſehen. Darnach wenn eꝛ ſolche nicht vornemlich denen kuͤnſtlichen muſicis (die ſolche etwa nicht wenig verlachen moͤchten) ſondeꝛn ſolchen Studioſis The- ologiæ (ſi hoc nomine vel minimum digni videntur) voꝛgegeben haben will, welche verfluchte weltliche liebes lieder ſingen, ſehe ich ſo gar nicht, wie ſo wol er noch ſolche den ſonſten ihnen vorgeſetzten zweck erreichen wuͤrden, zu geſchweigen, daß theils wenige ſind, die die ſin- gekunſt verſtehen, theils aber, daß dieſelbe meiſtens, weil ſie der he- bꝛaͤiſchen ſpꝛach unkuͤndig, nicht andeꝛs als wie die nonne den pſalteꝛ ſolche lieder ohne andacht und frucht wuͤrden abſingen. Dieſes ſind die wort eines guten freundes, der ſonſten der art der information ziemlich kuͤndig. Jm uͤbrigen beklage ich mit demſelben ſelbſten hertzlich, daß die Hebraͤiſche ſprach, von ſo vielen, die doch Studioſi Theologiæ heiſſen wol- len, wenig geachtet oder wohl gar dero ſtudium verworffen wird: Da ſichs ja ziehmet, daß die jenige, welche GOttes wort anderen vortragen ſollen, den heiligen Geiſt ſelbs in ſeiner ſprache verſtehen ſollen. Wie ich mich erinnere. daß auch zu meiner zeit in Straßburg ſonderlich aus antrieb der Herrn D D. Schmidiorum auf ſolche ſprach ſehr getrieben worden, da- hero mich nach faſt vollbrachten meinen ſtudiis Theologicis annoch nach Baſel zu dem beꝛuͤhmten Buxtorffio veꝛfuͤget, um in Rabbinicis & Thalmu- dicis etwas weiters zu begreiffen. Jndeſſen leugne nicht, daß ich die unterſu- chung der Griechiſchen ſprach vor noch noͤthiger achte, und wo einem ſich mit gleichem

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/92>, abgerufen am 25.11.2024.