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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
ger, weil sie ungewöhnlicher sind, wolte ich nicht widersprechen, wo man
sorgte, daß solche wirckungen uns schädlich und so bald ein stücke der göttli-
chen straffe wären. Also wo nach GOttes verhängnüß auf diese grosse käl-
te, ein hitziger und dürrer sommer, und allerhand kranckheiten folgten, und
jemand sie als einen so effect als folglich auch deutung des cometen anzöge,
würde ich nicht bedenckens haben mit zu zustimmen. Ferner weil ich finde,
daß alle dinge, die sonderlich göttliche majestät und herrlichkeit anzeigen, al-
lemal die menschen erschrecket haben, wie wir an den trostreichen göttlichen
englischen erscheinungen, die in der schrifft gemeldet werden, sehen, so achte
ich selbs, daß GOTT mit dergleichen allemal unsere gewissen rühre, wann
er sich uns gleichsam darstellet, gleich zu gedencken wie wir mit ihm stehen:
Ja daß er uns allemal in solcher von selbsten folgender prüffung unserer sün-
den dermassen überführe, daß wir nicht anders als über diese erschrecken, und
von GOTT uns dessen versehen können, was unsere sünden verschuldet ha-
ben. Also mag auch der comet durch solche vorstellung des grossen majestä-
tischen GOTT es die gewissen rühren, und da sich bald die grausamste greu-
el zeigen werden, den zorn desselben uns vorstellen: Nicht als ein eigenliches
zeichen, sondern auf die jetzt angedeutete art. Dieses ist meine meinung
von der sach, die ich hoffe von aller gottlosigkeit und atheismo frey zu seyn,
und die sicherheit nicht zu hägen: Hingegen habe solches erfahren, wie
sehr die athei dardurch gestärckt werden, und daher gelegenheit nehmen,
schwachen gemüthern auch andere dinge verdächtig zu machen, wo sie selbs
den ungrund der gemeinen, von so vielen Theologis angenommenen mey-
nung, von der cometen bedeutung erkennen, daß sie so wol selbs davor
halten, als andere dessen bereden wollen, wie diese schrecken ohne wahren
grund seyn, so seye es mit andern dingen nicht anders bewandt. Jch re-
de hierinn aus erfahrung, und weiß wie es uns gehet, wo wirs mit solchen
leuten zu thun haben, die keinem nichts zu gefallen glauben wollen: Daher
ich mich allezeit so viel fleißiger vor denjenigen meinungen hüte, dero schwach-
heit ich erkenne, um der wahrheit nicht durch schwache argumenta verdacht
zu zuziehen. Wie also dieses meine meinung ist, so bürde ich sie gleich-
wol niemanden auf, ja wäre willig/ wo mir jemand mit solchen gründen,
die entweder aus GOTTES wort das gewissen, welches eine überzeu-
gung haben will, oder aus der natur mit bündigen schlüssen, den verstand
überzeugten, die cometen auch davor zu erkennen, wo für sie so lange von
ihren vielen (welches aber sonsten zu der sach nichts thut,) gehalten worden
sind. Welches ich aber, bevor jenes geschehe, zu thun nicht vermag. Jn-
dessen und eben um solcher ursach willen hätte ich kein bedencken, dergleichen
scripta, so auch meinen gedancken nicht einstimmig, zur publication zu be-

för-

Das ſiebende Capitel.
ger, weil ſie ungewoͤhnlicher ſind, wolte ich nicht widerſprechen, wo man
ſorgte, daß ſolche wirckungen uns ſchaͤdlich und ſo bald ein ſtuͤcke der goͤttli-
chen ſtraffe waͤren. Alſo wo nach GOttes verhaͤngnuͤß auf dieſe groſſe kaͤl-
te, ein hitziger und duͤrrer ſommer, und allerhand kranckheiten folgten, und
jemand ſie als einen ſo effect als folglich auch deutung des cometen anzoͤge,
wuͤrde ich nicht bedenckens haben mit zu zuſtimmen. Ferner weil ich finde,
daß alle dinge, die ſonderlich goͤttliche majeſtaͤt und herrlichkeit anzeigen, al-
lemal die menſchen erſchrecket haben, wie wir an den troſtreichen goͤttlichen
engliſchen erſcheinungen, die in der ſchrifft gemeldet werden, ſehen, ſo achte
ich ſelbs, daß GOTT mit dergleichen allemal unſere gewiſſen ruͤhre, wann
er ſich uns gleichſam darſtellet, gleich zu gedencken wie wir mit ihm ſtehen:
Ja daß er uns allemal in ſolcher von ſelbſten folgender pruͤffung unſerer ſuͤn-
den dermaſſen uͤberfuͤhre, daß wir nicht anders als uͤber dieſe erſchrecken, und
von GOTT uns deſſen verſehen koͤnnen, was unſere ſuͤnden verſchuldet ha-
ben. Alſo mag auch der comet durch ſolche vorſtellung des groſſen majeſtaͤ-
tiſchen GOTT es die gewiſſen ruͤhren, und da ſich bald die grauſamſte greu-
el zeigen werden, den zorn deſſelben uns vorſtellen: Nicht als ein eigenliches
zeichen, ſondern auf die jetzt angedeutete art. Dieſes iſt meine meinung
von der ſach, die ich hoffe von aller gottloſigkeit und atheiſmo frey zu ſeyn,
und die ſicherheit nicht zu haͤgen: Hingegen habe ſolches erfahren, wie
ſehr die athei dardurch geſtaͤrckt werden, und daher gelegenheit nehmen,
ſchwachen gemuͤthern auch andere dinge verdaͤchtig zu machen, wo ſie ſelbs
den ungrund der gemeinen, von ſo vielen Theologis angenommenen mey-
nung, von der cometen bedeutung erkennen, daß ſie ſo wol ſelbs davor
halten, als andere deſſen bereden wollen, wie dieſe ſchrecken ohne wahren
grund ſeyn, ſo ſeye es mit andern dingen nicht anders bewandt. Jch re-
de hierinn aus erfahrung, und weiß wie es uns gehet, wo wirs mit ſolchen
leuten zu thun haben, die keinem nichts zu gefallen glauben wollen: Daher
ich mich allezeit ſo viel fleißiger vor denjenigen meinungen huͤte, dero ſchwach-
heit ich erkenne, um der wahrheit nicht durch ſchwache argumenta verdacht
zu zuziehen. Wie alſo dieſes meine meinung iſt, ſo buͤrde ich ſie gleich-
wol niemanden auf, ja waͤre willig/ wo mir jemand mit ſolchen gruͤnden,
die entweder aus GOTTES wort das gewiſſen, welches eine uͤberzeu-
gung haben will, oder aus der natur mit buͤndigen ſchluͤſſen, den verſtand
uͤberzeugten, die cometen auch davor zu erkennen, wo fuͤr ſie ſo lange von
ihren vielen (welches aber ſonſten zu der ſach nichts thut,) gehalten worden
ſind. Welches ich aber, bevor jenes geſchehe, zu thun nicht vermag. Jn-
deſſen und eben um ſolcher urſach willen haͤtte ich kein bedencken, dergleichen
ſcripta, ſo auch meinen gedancken nicht einſtimmig, zur publication zu be-

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[86/0098] Das ſiebende Capitel. ger, weil ſie ungewoͤhnlicher ſind, wolte ich nicht widerſprechen, wo man ſorgte, daß ſolche wirckungen uns ſchaͤdlich und ſo bald ein ſtuͤcke der goͤttli- chen ſtraffe waͤren. Alſo wo nach GOttes verhaͤngnuͤß auf dieſe groſſe kaͤl- te, ein hitziger und duͤrrer ſommer, und allerhand kranckheiten folgten, und jemand ſie als einen ſo effect als folglich auch deutung des cometen anzoͤge, wuͤrde ich nicht bedenckens haben mit zu zuſtimmen. Ferner weil ich finde, daß alle dinge, die ſonderlich goͤttliche majeſtaͤt und herrlichkeit anzeigen, al- lemal die menſchen erſchrecket haben, wie wir an den troſtreichen goͤttlichen engliſchen erſcheinungen, die in der ſchrifft gemeldet werden, ſehen, ſo achte ich ſelbs, daß GOTT mit dergleichen allemal unſere gewiſſen ruͤhre, wann er ſich uns gleichſam darſtellet, gleich zu gedencken wie wir mit ihm ſtehen: Ja daß er uns allemal in ſolcher von ſelbſten folgender pruͤffung unſerer ſuͤn- den dermaſſen uͤberfuͤhre, daß wir nicht anders als uͤber dieſe erſchrecken, und von GOTT uns deſſen verſehen koͤnnen, was unſere ſuͤnden verſchuldet ha- ben. Alſo mag auch der comet durch ſolche vorſtellung des groſſen majeſtaͤ- tiſchen GOTT es die gewiſſen ruͤhren, und da ſich bald die grauſamſte greu- el zeigen werden, den zorn deſſelben uns vorſtellen: Nicht als ein eigenliches zeichen, ſondern auf die jetzt angedeutete art. Dieſes iſt meine meinung von der ſach, die ich hoffe von aller gottloſigkeit und atheiſmo frey zu ſeyn, und die ſicherheit nicht zu haͤgen: Hingegen habe ſolches erfahren, wie ſehr die athei dardurch geſtaͤrckt werden, und daher gelegenheit nehmen, ſchwachen gemuͤthern auch andere dinge verdaͤchtig zu machen, wo ſie ſelbs den ungrund der gemeinen, von ſo vielen Theologis angenommenen mey- nung, von der cometen bedeutung erkennen, daß ſie ſo wol ſelbs davor halten, als andere deſſen bereden wollen, wie dieſe ſchrecken ohne wahren grund ſeyn, ſo ſeye es mit andern dingen nicht anders bewandt. Jch re- de hierinn aus erfahrung, und weiß wie es uns gehet, wo wirs mit ſolchen leuten zu thun haben, die keinem nichts zu gefallen glauben wollen: Daher ich mich allezeit ſo viel fleißiger vor denjenigen meinungen huͤte, dero ſchwach- heit ich erkenne, um der wahrheit nicht durch ſchwache argumenta verdacht zu zuziehen. Wie alſo dieſes meine meinung iſt, ſo buͤrde ich ſie gleich- wol niemanden auf, ja waͤre willig/ wo mir jemand mit ſolchen gruͤnden, die entweder aus GOTTES wort das gewiſſen, welches eine uͤberzeu- gung haben will, oder aus der natur mit buͤndigen ſchluͤſſen, den verſtand uͤberzeugten, die cometen auch davor zu erkennen, wo fuͤr ſie ſo lange von ihren vielen (welches aber ſonſten zu der ſach nichts thut,) gehalten worden ſind. Welches ich aber, bevor jenes geſchehe, zu thun nicht vermag. Jn- deſſen und eben um ſolcher urſach willen haͤtte ich kein bedencken, dergleichen ſcripta, ſo auch meinen gedancken nicht einſtimmig, zur publication zu be- foͤr-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/98>, abgerufen am 24.11.2024.