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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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wo jenes möglich wäre/ und es ohne verle-
tzung der tragenden liebe zu Gott/ auch des-
sen ehre und warheit/ geschehen könte/ so
zwar nicht müglich ist. Denn hat die liebe
der brüder den hocherleuchten Apostel Pau-
lum so weit bringen können/ daß er Röm.
9/ 3. wünschte verbannet zu seyn/ von
Christo vor seine brüder:
wie solte nicht
die noch höhere liebe zu GOtt eben solches
auch würcken? wie sie auch wohl die jenige
gewesen/ so die bruder-liebe bey ihm der-
massen gestärcket/ daß er erkannt/ wie gleich-
wohl durch die seligkeit so vieler tausend
menschen mehr als durch seine eigene selig-
keit die ehre seines allerliebsten GOttes be-
fördert werden könte. Welches ansehen
die heroische liebe des Apostels zu GOtt so
brünstig macht/ daß man dieses verlangen
fast nicht ohne erstaunen ansehen und dar-
an gedencken kan. Jedoch lässet sich von
solchem höchsten grad der GOttes-liebe
nicht so viel sagen/ als eine solche seele davon
empfindet. Wo wir aber von andern davon
hören/ haben wir gleichwol solches unmög-
lich zu seyn/ nicht eben daraus zu schliessen/
weil wir dergleichen grad nicht erreichet/
sondern vielmehr den HErrn so viel hertzli-

cher

wo jenes moͤglich waͤre/ und es ohne verle-
tzung der tragenden liebe zu Gott/ auch deſ-
ſen ehre und warheit/ geſchehen koͤnte/ ſo
zwar nicht müglich iſt. Denn hat die liebe
der brüder den hocherleuchten Apoſtel Pau-
lum ſo weit bringen koͤnnen/ daß er Roͤm.
9/ 3. wünſchte verbannet zu ſeyn/ von
Chriſto vor ſeine brüder:
wie ſolte nicht
die noch hoͤhere liebe zu GOtt eben ſolches
auch würcken? wie ſie auch wohl die jenige
geweſen/ ſo die bruder-liebe bey ihm der-
maſſen geſtaͤrcket/ daß er erkannt/ wie gleich-
wohl durch die ſeligkeit ſo vieler tauſend
menſchen mehr als durch ſeine eigene ſelig-
keit die ehre ſeines allerliebſten GOttes be-
foͤrdert werden koͤnte. Welches anſehen
die heroiſche liebe des Apoſtels zu GOtt ſo
brünſtig macht/ daß man dieſes verlangen
faſt nicht ohne erſtaunen anſehen und dar-
an gedencken kan. Jedoch läſſet ſich von
ſolchem hoͤchſten grad der GOttes-liebe
nicht ſo viel ſagen/ als eine ſolche ſeele davon
empfindet. Wo wir aber von andern davon
hoͤren/ haben wir gleichwol ſolches unmoͤg-
lich zu ſeyn/ nicht eben daraus zu ſchlieſſen/
weil wir dergleichen grad nicht erreichet/
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[76/0138] wo jenes moͤglich waͤre/ und es ohne verle- tzung der tragenden liebe zu Gott/ auch deſ- ſen ehre und warheit/ geſchehen koͤnte/ ſo zwar nicht müglich iſt. Denn hat die liebe der brüder den hocherleuchten Apoſtel Pau- lum ſo weit bringen koͤnnen/ daß er Roͤm. 9/ 3. wünſchte verbannet zu ſeyn/ von Chriſto vor ſeine brüder: wie ſolte nicht die noch hoͤhere liebe zu GOtt eben ſolches auch würcken? wie ſie auch wohl die jenige geweſen/ ſo die bruder-liebe bey ihm der- maſſen geſtaͤrcket/ daß er erkannt/ wie gleich- wohl durch die ſeligkeit ſo vieler tauſend menſchen mehr als durch ſeine eigene ſelig- keit die ehre ſeines allerliebſten GOttes be- foͤrdert werden koͤnte. Welches anſehen die heroiſche liebe des Apoſtels zu GOtt ſo brünſtig macht/ daß man dieſes verlangen faſt nicht ohne erſtaunen anſehen und dar- an gedencken kan. Jedoch läſſet ſich von ſolchem hoͤchſten grad der GOttes-liebe nicht ſo viel ſagen/ als eine ſolche ſeele davon empfindet. Wo wir aber von andern davon hoͤren/ haben wir gleichwol ſolches unmoͤg- lich zu ſeyn/ nicht eben daraus zu ſchlieſſen/ weil wir dergleichen grad nicht erreichet/ ſondern vielmehr den HErrn ſo viel hertzli- cher

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/138>, abgerufen am 24.11.2024.