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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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aus derselben gewahr wird/ wo mit sich et-
wa des nechsten fehler annoch in liebe ent-
schuldigen liesse/ sondern bey dem härtesten
urtheil bleibet/ man betet nicht so flehentlich
vor ihn/ sondern ob man ihm nicht gar flu-
chet/ wünschet man ihm doch/ daß ihn
GOtt rechtschaffen deswegen hernehmen
wolle/ zwar unter dem vorwand/ oder wol
auch einbildung/ daß die wahre absicht nur
auff seine besserung gehe/ da doch der HErr
in dem grund der seelen gewahr wird/ und
wir es auch/ wo nicht des fleisches betrug so
groß wäre/ bey uns gewahr werden könten/
daß uns sein leiden wohl thut/ und wir es
ihm gönnen: man suchet ihm nicht so wol zu
seiner besserung zu helffen/ als ihn zu stürtzen/
oder ihm wehe zu thun/ und zu erkennen zu
geben/ daß wir nun eine ursach an ihn hät-
ten: man versaget ihm auch andere schul-
dige liebes-dienste/ dadurch er nicht eben in
seiner boßheit gestärcket/ oder ihm dieselbe zu
üben anlaß gegeben würde/ man ist nicht
willig/ da nur die sünde auffgehoben wäre/
auch alle widrigkeit auffzuheben; und was
andere der gleichen fleischlichen hasses früch-
ten mehr sind. Wo dann diese sich finden/
da hat man gnugsame zeugnissen/ daß es

nicht
E

aus derſelben gewahr wird/ wo mit ſich et-
wa des nechſten fehler annoch in liebe ent-
ſchuldigen lieſſe/ ſondern bey dem haͤrteſten
urtheil bleibet/ man betet nicht ſo flehentlich
vor ihn/ ſondern ob man ihm nicht gar flu-
chet/ wünſchet man ihm doch/ daß ihn
GOtt rechtſchaffen deswegen hernehmen
wolle/ zwar unter dem vorwand/ oder wol
auch einbildung/ daß die wahre abſicht nur
auff ſeine beſſerung gehe/ da doch der HErr
in dem grund der ſeelen gewahr wird/ und
wir es auch/ wo nicht des fleiſches betrug ſo
groß waͤre/ bey uns gewahr werden koͤnten/
daß uns ſein leiden wohl thut/ und wir es
ihm goͤnnen: man ſuchet ihm nicht ſo wol zu
ſeiner beſſerung zu helffen/ als ihn zu ſtürtzẽ/
oder ihm wehe zu thun/ und zu erkennen zu
geben/ daß wir nun eine urſach an ihn haͤt-
ten: man verſaget ihm auch andere ſchul-
dige liebes-dienſte/ dadurch er nicht eben in
ſeiner boßheit geſtaͤrcket/ oder ihm dieſelbe zu
üben anlaß gegeben würde/ man iſt nicht
willig/ da nur die ſünde auffgehoben wäre/
auch alle widrigkeit auffzuheben; und was
andere der gleichen fleiſchlichen haſſes früch-
ten mehr ſind. Wo dann dieſe ſich finden/
da hat man gnugſame zeugniſſen/ daß es

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[97/0159] aus derſelben gewahr wird/ wo mit ſich et- wa des nechſten fehler annoch in liebe ent- ſchuldigen lieſſe/ ſondern bey dem haͤrteſten urtheil bleibet/ man betet nicht ſo flehentlich vor ihn/ ſondern ob man ihm nicht gar flu- chet/ wünſchet man ihm doch/ daß ihn GOtt rechtſchaffen deswegen hernehmen wolle/ zwar unter dem vorwand/ oder wol auch einbildung/ daß die wahre abſicht nur auff ſeine beſſerung gehe/ da doch der HErr in dem grund der ſeelen gewahr wird/ und wir es auch/ wo nicht des fleiſches betrug ſo groß waͤre/ bey uns gewahr werden koͤnten/ daß uns ſein leiden wohl thut/ und wir es ihm goͤnnen: man ſuchet ihm nicht ſo wol zu ſeiner beſſerung zu helffen/ als ihn zu ſtürtzẽ/ oder ihm wehe zu thun/ und zu erkennen zu geben/ daß wir nun eine urſach an ihn haͤt- ten: man verſaget ihm auch andere ſchul- dige liebes-dienſte/ dadurch er nicht eben in ſeiner boßheit geſtaͤrcket/ oder ihm dieſelbe zu üben anlaß gegeben würde/ man iſt nicht willig/ da nur die ſünde auffgehoben wäre/ auch alle widrigkeit auffzuheben; und was andere der gleichen fleiſchlichen haſſes früch- ten mehr ſind. Wo dann dieſe ſich finden/ da hat man gnugſame zeugniſſen/ daß es nicht E

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/159>, abgerufen am 22.11.2024.