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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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anfangen/ auff seine sanfftmuth die augen
gerichtet behalten müssen/ damit derselbige
durch diesen spiegel/ oder das darinnen er-
scheinende bilde des sanfftmüthigsten JCsu
in ordnung behalten werde.

§. 35.

Wie wir der betrübnis bereits ge-
dacht/ daß welche GOtt rechtschaffen lie-
ben/ sich darüber hertzlich betrüben/ wo sie
sehen/ was GOtt zu wider geschiehet/ so fin-
det sich auch eine solche betrübnis bey ihnen
über ihre eigene sünde/ so wir als das 9. kenn-
zeichen der wahren liebe ansehen. Es thut
einem menschen selbsten wehe/ wo er etwa
unvorsichtig einen guten freund beleidiget
und betrübet hat/ auch je hertzlicher er jenen
liebt/ so vielmehr schmertzet ihn seine that.
Also auch wo die liebe GOttes in einer seele
rechtschaffen ist/ kan es nicht fehlen/ daß es
ihr nicht solte wehe thun/ da sie ihren himli-
schen Vater beleidiget hat/ weil sie ja densel-
ben liebet. Dieses ist die Göttliche trau-
rigkeit/ die da wircket zur seeligkeit ei-
ne reue die niemand gereuet/
2. Cor. 7/
10. Und entstehet so wol aus der liebe GOt-
tes/ als die traurigkeit der welt/ die man em-
pfindet aus dem verlust irrdischer güter/ aus
dero liebe entspringet. Zwar ist hiebey auch

wol
E 2

anfangen/ auff ſeine ſanfftmuth die augen
gerichtet behalten müſſen/ damit derſelbige
durch dieſen ſpiegel/ oder das darinnen er-
ſcheinende bilde des ſanfftmüthigſten JCſu
in ordnung behalten werde.

§. 35.

Wie wir der betrübnis bereits ge-
dacht/ daß welche GOtt rechtſchaffen lie-
ben/ ſich darüber hertzlich betrüben/ wo ſie
ſehen/ was GOtt zu wider geſchiehet/ ſo fin-
det ſich auch eine ſolche betrübnis bey ihnen
über ihre eigene ſünde/ ſo wir als das 9. kenn-
zeichen der wahren liebe anſehen. Es thut
einem menſchen ſelbſten wehe/ wo er etwa
unvorſichtig einen guten freund beleidiget
und betrübet hat/ auch je hertzlicher er jenen
liebt/ ſo vielmehr ſchmertzet ihn ſeine that.
Alſo auch wo die liebe GOttes in einer ſeele
rechtſchaffen iſt/ kan es nicht fehlen/ daß es
ihr nicht ſolte wehe thun/ da ſie ihren himli-
ſchen Vater beleidiget hat/ weil ſie ja denſel-
ben liebet. Dieſes iſt die Goͤttliche trau-
rigkeit/ die da wircket zur ſeeligkeit ei-
ne reue die niemand gereuet/
2. Cor. 7/
10. Und entſtehet ſo wol aus der liebe GOt-
tes/ als die traurigkeit der welt/ die man em-
pfindet aus dem verluſt irꝛdiſcher güter/ aus
dero liebe entſpringet. Zwar iſt hiebey auch

wol
E 2
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[99/0161] anfangen/ auff ſeine ſanfftmuth die augen gerichtet behalten müſſen/ damit derſelbige durch dieſen ſpiegel/ oder das darinnen er- ſcheinende bilde des ſanfftmüthigſten JCſu in ordnung behalten werde. §. 35. Wie wir der betrübnis bereits ge- dacht/ daß welche GOtt rechtſchaffen lie- ben/ ſich darüber hertzlich betrüben/ wo ſie ſehen/ was GOtt zu wider geſchiehet/ ſo fin- det ſich auch eine ſolche betrübnis bey ihnen über ihre eigene ſünde/ ſo wir als das 9. kenn- zeichen der wahren liebe anſehen. Es thut einem menſchen ſelbſten wehe/ wo er etwa unvorſichtig einen guten freund beleidiget und betrübet hat/ auch je hertzlicher er jenen liebt/ ſo vielmehr ſchmertzet ihn ſeine that. Alſo auch wo die liebe GOttes in einer ſeele rechtſchaffen iſt/ kan es nicht fehlen/ daß es ihr nicht ſolte wehe thun/ da ſie ihren himli- ſchen Vater beleidiget hat/ weil ſie ja denſel- ben liebet. Dieſes iſt die Goͤttliche trau- rigkeit/ die da wircket zur ſeeligkeit ei- ne reue die niemand gereuet/ 2. Cor. 7/ 10. Und entſtehet ſo wol aus der liebe GOt- tes/ als die traurigkeit der welt/ die man em- pfindet aus dem verluſt irꝛdiſcher güter/ aus dero liebe entſpringet. Zwar iſt hiebey auch wol E 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/161>, abgerufen am 22.11.2024.