Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

ten/ daß sie nicht gesündiget hätten. Hin-
gegen wie die eigenliche reue über die sünde
selbs eine frucht der Göttlichen liebe ist/ so ist
die betrübnis über die verschuldete straff ei-
ne folge der noch eigenen/ und meistens un-
ordentlichen liebe. Nach welcher wir auch
allemal unsere betrübnis und reue über die
sünden prüfen müssen/ ob sie rechter art seye/
aber uns allemal versichern können/ wo die
reue und solche traurigkeit sich bey uns fin-
de/ solte es auch mit weniger empfindligkeit
hergehen/ so seye solche samt allem was dar-
aus folget/ und darinnen geschiehet/ ein
zeugnis der Göttlichen liebe und eine war-
haffte gnaden-würckung.

§. 36.

Zu denen bißher betrachteten zeug-
nissen der liebe Gottes können wir noch wol
das 10. setzen/ welches ist/ wo wir alle züch-
tigung/ die uns GOtt zusendet/ mit hertzli-
cher zufriedenheit annehmen/ und uns nicht
darüber beschweren/ wo nemlich solche ge-
dult auch auff dem rechten grund beruhet/
nemlich nicht so wohl/ weil es nicht zu än-
dern stehe/ und also besser sey ohne widersetz-
ligkeit/ die uns doch nichts nütze/ hingegen
unser gemüth nur desto mehr verunruhige/
sich d[e]nselben zu untergeben/ auch nicht so

wol

ten/ daß ſie nicht geſündiget haͤtten. Hin-
gegen wie die eigenliche reue über die ſünde
ſelbs eine frucht der Goͤttlichen liebe iſt/ ſo iſt
die betrübnis über die verſchuldete ſtraff ei-
ne folge der noch eigenen/ und meiſtens un-
ordentlichen liebe. Nach welcher wir auch
allemal unſere betrübnis und reue über die
ſünden prüfen müſſen/ ob ſie rechter art ſeye/
aber uns allemal verſichern koͤnnen/ wo die
reue und ſolche traurigkeit ſich bey uns fin-
de/ ſolte es auch mit weniger empfindligkeit
hergehen/ ſo ſeye ſolche ſamt allem was dar-
aus folget/ und darinnen geſchiehet/ ein
zeugnis der Goͤttlichen liebe und eine war-
haffte gnaden-würckung.

§. 36.

Zu denen bißher betrachteten zeug-
niſſen der liebe Gottes koͤnnen wir noch wol
das 10. ſetzen/ welches iſt/ wo wir alle züch-
tigung/ die uns GOtt zuſendet/ mit hertzli-
cher zufriedenheit annehmen/ und uns nicht
darüber beſchweren/ wo nemlich ſolche ge-
dult auch auff dem rechten grund beruhet/
nemlich nicht ſo wohl/ weil es nicht zu aͤn-
dern ſtehe/ und alſo beſſer ſey ohne widerſetz-
ligkeit/ die uns doch nichts nütze/ hingegen
unſer gemüth nur deſto mehr verunruhige/
ſich d[e]nſelben zu untergeben/ auch nicht ſo

wol
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0165" n="103"/>
ten/ daß &#x017F;ie nicht ge&#x017F;ündiget ha&#x0364;tten. Hin-<lb/>
gegen wie die eigenliche reue über die &#x017F;ünde<lb/>
&#x017F;elbs eine frucht der Go&#x0364;ttlichen liebe i&#x017F;t/ &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
die betrübnis über die ver&#x017F;chuldete &#x017F;traff ei-<lb/>
ne folge der noch eigenen/ und mei&#x017F;tens un-<lb/>
ordentlichen liebe. Nach welcher wir auch<lb/>
allemal un&#x017F;ere betrübnis und reue über die<lb/>
&#x017F;ünden prüfen mü&#x017F;&#x017F;en/ ob &#x017F;ie rechter art &#x017F;eye/<lb/>
aber uns allemal ver&#x017F;ichern ko&#x0364;nnen/ wo die<lb/>
reue und &#x017F;olche traurigkeit &#x017F;ich bey uns fin-<lb/>
de/ &#x017F;olte es auch mit weniger empfindligkeit<lb/>
hergehen/ &#x017F;o &#x017F;eye &#x017F;olche &#x017F;amt allem was dar-<lb/>
aus folget/ und darinnen ge&#x017F;chiehet/ ein<lb/>
zeugnis der Go&#x0364;ttlichen liebe und eine war-<lb/>
haffte gnaden-würckung.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 36.</head>
          <p>Zu denen bißher betrachteten zeug-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en der liebe Gottes ko&#x0364;nnen wir noch wol<lb/>
das 10. &#x017F;etzen/ welches i&#x017F;t/ wo wir alle züch-<lb/>
tigung/ die uns GOtt zu&#x017F;endet/ mit hertzli-<lb/>
cher zufriedenheit annehmen/ und uns nicht<lb/>
darüber be&#x017F;chweren/ wo nemlich &#x017F;olche ge-<lb/>
dult auch auff dem rechten grund beruhet/<lb/>
nemlich nicht &#x017F;o wohl/ weil es nicht zu a&#x0364;n-<lb/>
dern &#x017F;tehe/ und al&#x017F;o be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey ohne wider&#x017F;etz-<lb/>
ligkeit/ die uns doch nichts nütze/ hingegen<lb/>
un&#x017F;er gemüth nur de&#x017F;to mehr verunruhige/<lb/>
&#x017F;ich d<supplied>e</supplied>n&#x017F;elben zu untergeben/ auch nicht &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wol</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0165] ten/ daß ſie nicht geſündiget haͤtten. Hin- gegen wie die eigenliche reue über die ſünde ſelbs eine frucht der Goͤttlichen liebe iſt/ ſo iſt die betrübnis über die verſchuldete ſtraff ei- ne folge der noch eigenen/ und meiſtens un- ordentlichen liebe. Nach welcher wir auch allemal unſere betrübnis und reue über die ſünden prüfen müſſen/ ob ſie rechter art ſeye/ aber uns allemal verſichern koͤnnen/ wo die reue und ſolche traurigkeit ſich bey uns fin- de/ ſolte es auch mit weniger empfindligkeit hergehen/ ſo ſeye ſolche ſamt allem was dar- aus folget/ und darinnen geſchiehet/ ein zeugnis der Goͤttlichen liebe und eine war- haffte gnaden-würckung. §. 36. Zu denen bißher betrachteten zeug- niſſen der liebe Gottes koͤnnen wir noch wol das 10. ſetzen/ welches iſt/ wo wir alle züch- tigung/ die uns GOtt zuſendet/ mit hertzli- cher zufriedenheit annehmen/ und uns nicht darüber beſchweren/ wo nemlich ſolche ge- dult auch auff dem rechten grund beruhet/ nemlich nicht ſo wohl/ weil es nicht zu aͤn- dern ſtehe/ und alſo beſſer ſey ohne widerſetz- ligkeit/ die uns doch nichts nütze/ hingegen unſer gemüth nur deſto mehr verunruhige/ ſich denſelben zu untergeben/ auch nicht ſo wol

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/165
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/165>, abgerufen am 22.11.2024.