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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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man keinen mißgriff thue/ und vor gnaden-
wercke halte/ was warhafftig alleine von
der natur kommet. Jndessen bleibets doch
dabey/ daß die liebe des nechsten ein zeugnis
der wiedergeburt und gnaden-würckung
seye/ wenn es heisset/ 1. Joh. 3/ 18. Meine
kindlein lasset uns nicht lieben mit
worten noch mit der zungen/ sondern
mit der that und mit der wahrheit.
Daran
(nemlich wo diese liebe dermassen
bey uns rechtschaffen ist) erkennen wir/
daß wir aus der warheit/
und also dar-
aus gebohren sind/ und können unser
hertz
(auch in anfechtung/ und da es uns ver-
damt/ daß es demnach ein kräfftiges zeugnis
seyn muß) vor ihn stillen. Weswegen
wir solches kennzeichen nicht aus zulassen ha-
ben/ ob wol so viel fleißigere sorge in dessen
untersuchung nötig ist/ so viel näher die na-
tur der gnade nach dem eusserlichen hierin-
nen trit. Wann aber in gewissen stucken nach
der prüfung die sache noch zu dunckel und
zweiffelhafftig bliebe/ haben wir dennoch
nicht alles fahren zu lassen/ und auff ferne-
re puncten zu gehen/ in dem in einigen die
wahre liebe sich dermassen zeiget/ daß die na-
türliche liebe ihr eben nit so gleich treten kan.

§. 42.
F 3

man keinen mißgriff thue/ und vor gnaden-
wercke halte/ was warhafftig alleine von
der natur kommet. Jndeſſen bleibets doch
dabey/ daß die liebe des nechſten ein zeugnis
der wiedergeburt und gnaden-würckung
ſeye/ wenn es heiſſet/ 1. Joh. 3/ 18. Meine
kindlein laſſet uns nicht lieben mit
worten noch mit der zungen/ ſondern
mit der that und mit der wahrheit.
Daran
(nemlich wo dieſe liebe dermaſſen
bey uns rechtſchaffen iſt) erkennen wir/
daß wir aus der warheit/
und alſo dar-
aus gebohren ſind/ und koͤnnen unſer
hertz
(auch in anfechtung/ uñ da es uns ver-
damt/ daß es demnach ein kraͤfftiges zeugnis
ſeyn muß) vor ihn ſtillen. Weswegen
wiꝛ ſolches kennzeichen nicht aus zulaſſen ha-
ben/ ob wol ſo viel fleißigere ſorge in deſſen
unterſuchung noͤtig iſt/ ſo viel naͤher die na-
tur der gnade nach dem euſſerlichen hierin-
nen trit. Wañ aber in gewiſſen ſtucken nach
der prüfung die ſache noch zu dunckel und
zweiffelhafftig bliebe/ haben wir dennoch
nicht alles fahren zu laſſen/ und auff ferne-
re puncten zu gehen/ in dem in einigen die
wahre liebe ſich dermaſſen zeiget/ daß die na-
türliche liebe ihr eben nit ſo gleich treten kan.

§. 42.
F 3
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[125/0187] man keinen mißgriff thue/ und vor gnaden- wercke halte/ was warhafftig alleine von der natur kommet. Jndeſſen bleibets doch dabey/ daß die liebe des nechſten ein zeugnis der wiedergeburt und gnaden-würckung ſeye/ wenn es heiſſet/ 1. Joh. 3/ 18. Meine kindlein laſſet uns nicht lieben mit worten noch mit der zungen/ ſondern mit der that und mit der wahrheit. Daran (nemlich wo dieſe liebe dermaſſen bey uns rechtſchaffen iſt) erkennen wir/ daß wir aus der warheit/ und alſo dar- aus gebohren ſind/ und koͤnnen unſer hertz (auch in anfechtung/ uñ da es uns ver- damt/ daß es demnach ein kraͤfftiges zeugnis ſeyn muß) vor ihn ſtillen. Weswegen wiꝛ ſolches kennzeichen nicht aus zulaſſen ha- ben/ ob wol ſo viel fleißigere ſorge in deſſen unterſuchung noͤtig iſt/ ſo viel naͤher die na- tur der gnade nach dem euſſerlichen hierin- nen trit. Wañ aber in gewiſſen ſtucken nach der prüfung die ſache noch zu dunckel und zweiffelhafftig bliebe/ haben wir dennoch nicht alles fahren zu laſſen/ und auff ferne- re puncten zu gehen/ in dem in einigen die wahre liebe ſich dermaſſen zeiget/ daß die na- türliche liebe ihr eben nit ſo gleich treten kan. §. 42. F 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/187>, abgerufen am 22.11.2024.