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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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§. 56.

Weil aber einige in dem stande
sind/ daß sie nicht vieles/ ja gegen einige
nichts/ solcher geistlichen pflichten zu leisten
vermögen/ so dann auch viele davon gegen
viele/ als zum exempel/ mit denen wir so ge-
nau umzugehen keine gelegenheit haben/ nie
können geübet werden/ so ist ferner inacht
zu nehmen/ daß solche nichts desto weniger
eine thätige liebe gegen den nechsten tragen
können und sollen. Sie haben sich also
nicht nur zu erfreuen/ wo sie sein gutes/ was
GOtt an ihm oder durch ihn thut/ sehen;
sich zu betruben/ wo sie von seinen sünden
hören oder sehen/ und doch nicht zu h[e]lffen
wissen; so denn stäts eine innigliche begier-
de zu seiner seelen bestem zu tragen; sondern
sie sind auch schuldig/ auffs wenigste so viel
zu desselben geistlichen bestem zu thun/ als sie
vermögen/ welches geschie het eines theils
mit gottseligen exempel/ da sie sich desselben
eben aus der absicht auff seine erbauung be-
fleissen/ so dann in jeglicher gelegenheit/ da
sie wissen/ daß derselbe acht auff sie gebe/
sich abermahl eben um der ursach willen so
viel vorsichtiger halten/ ja auch mit ihrer
ungelegenheit sich einiges/ daß ihnen son-
sten wol erlaubt gewesen wäre/ damit er

nicht
§. 56.

Weil aber einige in dem ſtande
ſind/ daß ſie nicht vieles/ ja gegen einige
nichts/ ſolcher geiſtlichen pflichten zu leiſten
vermoͤgen/ ſo dann auch viele davon gegen
viele/ als zum exempel/ mit denen wir ſo ge-
nau umzugehen keine gelegenheit haben/ nie
koͤnnen geübet werden/ ſo iſt ferner inacht
zu nehmen/ daß ſolche nichts deſto weniger
eine thaͤtige liebe gegen den nechſten tragen
koͤnnen und ſollen. Sie haben ſich alſo
nicht nur zu erfreuen/ wo ſie ſein gutes/ was
GOtt an ihm oder durch ihn thut/ ſehen;
ſich zu betruben/ wo ſie von ſeinen ſünden
hoͤren oder ſehen/ und doch nicht zu h[e]lffen
wiſſen; ſo denn ſtaͤts eine innigliche begier-
de zu ſeiner ſeelen beſtem zu tragen; ſondern
ſie ſind auch ſchuldig/ auffs wenigſte ſo viel
zu deſſelben geiſtlichen beſtem zu thun/ als ſie
vermoͤgen/ welches geſchie het eines theils
mit gottſeligen exempel/ da ſie ſich deſſelben
eben aus der abſicht auff ſeine erbauung be-
fleiſſen/ ſo dann in jeglicher gelegenheit/ da
ſie wiſſen/ daß derſelbe acht auff ſie gebe/
ſich abermahl eben um der urſach willen ſo
viel vorſichtiger halten/ ja auch mit ihrer
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ſten wol erlaubt geweſen waͤre/ damit er

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[167/0229] §. 56. Weil aber einige in dem ſtande ſind/ daß ſie nicht vieles/ ja gegen einige nichts/ ſolcher geiſtlichen pflichten zu leiſten vermoͤgen/ ſo dann auch viele davon gegen viele/ als zum exempel/ mit denen wir ſo ge- nau umzugehen keine gelegenheit haben/ nie koͤnnen geübet werden/ ſo iſt ferner inacht zu nehmen/ daß ſolche nichts deſto weniger eine thaͤtige liebe gegen den nechſten tragen koͤnnen und ſollen. Sie haben ſich alſo nicht nur zu erfreuen/ wo ſie ſein gutes/ was GOtt an ihm oder durch ihn thut/ ſehen; ſich zu betruben/ wo ſie von ſeinen ſünden hoͤren oder ſehen/ und doch nicht zu helffen wiſſen; ſo denn ſtaͤts eine innigliche begier- de zu ſeiner ſeelen beſtem zu tragen; ſondern ſie ſind auch ſchuldig/ auffs wenigſte ſo viel zu deſſelben geiſtlichen beſtem zu thun/ als ſie vermoͤgen/ welches geſchie het eines theils mit gottſeligen exempel/ da ſie ſich deſſelben eben aus der abſicht auff ſeine erbauung be- fleiſſen/ ſo dann in jeglicher gelegenheit/ da ſie wiſſen/ daß derſelbe acht auff ſie gebe/ ſich abermahl eben um der urſach willen ſo viel vorſichtiger halten/ ja auch mit ihrer ungelegenheit ſich einiges/ daß ihnen ſon- ſten wol erlaubt geweſen waͤre/ damit er nicht

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/229>, abgerufen am 21.11.2024.