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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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Daher bey den ersten Christen die reiche
nit andern vortheil hatten/ als weil sie auch
reich seyn musten in guten wercken/ 1. Tim.
6/ 18. daß sie die sorge und mühe hätten/ das
jenige zu verwalten/ welches sie all augen-
blick dahin anzuwenden bereit waren/ worin-
nen sie ihre liebe gegen GOtt und den nech-
sten bezeugen könnten/ und sie dessen noth-
durfft sahen: Die arme aber hatten keine
andere beschwerde (wo auch dieses vor be-
schwerde zu achten;) Als/ daß sie nicht auß
eigener hand/ sondern ihrer brüder handrei-
chung lebeten: Und bedorffte unter den brü-
dern keines bettlens: Welches sie gewiß
ihnen so unanständig gehalten hätten/ es zu
dergleichen kommen zu lassen/ als GOTT
in dem Alten Testament in seiner wolver-
fasten policey der Juden es nicht gestatten
wolte/ Deut. 15/ 4. Jetzo aber ist es dahin
gekommen/ daß nicht nur allein das bettlen/
so doch als ein mittel/ fördernüß und deck-
mantel vieler grausamen sünden/ eine be-
schwerde der recht nohtdürfftigen/ und auch
zu Christlicher mildigkeit geneigter personen/
ein schädlicher mißstand deß gemeinen we-
sens/ und gar ein schandfleck unsers Christen-

thums

Daher bey den erſten Chriſten die reiche
nit andern vortheil hatten/ als weil ſie auch
reich ſeyn muſten in guten wercken/ 1. Tim.
6/ 18. daß ſie die ſorge und muͤhe haͤtten/ das
jenige zu verwalten/ welches ſie all augen-
blick dahin anzuwenden bereit warẽ/ worin-
nen ſie ihre liebe gegen GOtt und den nech-
ſten bezeugen koͤnnten/ und ſie deſſen noth-
durfft ſahen: Die arme aber hatten keine
andere beſchwerde (wo auch dieſes vor be-
ſchwerde zu achten;) Als/ daß ſie nicht auß
eigener hand/ ſondern ihrer bruͤder handrei-
chung lebeten: Und bedorffte unter den bruͤ-
dern keines bettlens: Welches ſie gewiß
ihnen ſo unanſtaͤndig gehalten haͤtten/ es zu
dergleichen kommen zu laſſen/ als GOTT
in dem Alten Teſtament in ſeiner wolver-
faſten policey der Juden es nicht geſtatten
wolte/ Deut. 15/ 4. Jetzo aber iſt es dahin
gekommen/ daß nicht nur allein das bettlen/
ſo doch als ein mittel/ foͤrdernuͤß und deck-
mantel vieler grauſamen ſuͤnden/ eine be-
ſchwerde der recht nohtduͤrfftigen/ und auch
zu Chriſtlicher mildigkeit geneigter perſonẽ/
ein ſchaͤdlicher mißſtand deß gemeinen we-
ſens/ uñ gar ein ſchandfleck unſers Chriſten-

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[44/0070] Daher bey den erſten Chriſten die reiche nit andern vortheil hatten/ als weil ſie auch reich ſeyn muſten in guten wercken/ 1. Tim. 6/ 18. daß ſie die ſorge und muͤhe haͤtten/ das jenige zu verwalten/ welches ſie all augen- blick dahin anzuwenden bereit warẽ/ worin- nen ſie ihre liebe gegen GOtt und den nech- ſten bezeugen koͤnnten/ und ſie deſſen noth- durfft ſahen: Die arme aber hatten keine andere beſchwerde (wo auch dieſes vor be- ſchwerde zu achten;) Als/ daß ſie nicht auß eigener hand/ ſondern ihrer bruͤder handrei- chung lebeten: Und bedorffte unter den bruͤ- dern keines bettlens: Welches ſie gewiß ihnen ſo unanſtaͤndig gehalten haͤtten/ es zu dergleichen kommen zu laſſen/ als GOTT in dem Alten Teſtament in ſeiner wolver- faſten policey der Juden es nicht geſtatten wolte/ Deut. 15/ 4. Jetzo aber iſt es dahin gekommen/ daß nicht nur allein das bettlen/ ſo doch als ein mittel/ foͤrdernuͤß und deck- mantel vieler grauſamen ſuͤnden/ eine be- ſchwerde der recht nohtduͤrfftigen/ und auch zu Chriſtlicher mildigkeit geneigter perſonẽ/ ein ſchaͤdlicher mißſtand deß gemeinen we- ſens/ uñ gar ein ſchandfleck unſers Chriſten- thums

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/70>, abgerufen am 23.11.2024.