Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

tzen daraus zu gewarten stehen; Denn offtermals bey mitler und
gemeinen eine sonderbahre Geistung sich enthält/ die wann den
Regeln und Tabellen nach angeführet worden wären/ wohl zu
hohen Dingen und Gelehrsamkeit gedeyen und gelanget/ her-
nacher mit Unterweis andrer oder mit Wirckung viel gutes
auszurichten vermogt. Gleichwol aber bey dessen Ermanglung/
und da Sie nur bey müssiger Zeit ihrer Profession und Ge-
schäffte an solche Bücher gerathen und dieselbe in ihnen verständ-
lich und vernemliche Sprache lesen können/ dannoch in der
rudidet und Ungepolirtheit ihres Verstandes geschickte und ver-
nünfftige Dinge daraus ziehen zu selbst eigenen Nutzen als auch
andern durch beytragenden Rath oder Vorschub. Jeder Men-
sche träget bey sich ein natürliches Verlangen umzuwissen/ wer
nun solchen Verlangen nicht zu Hülffe kommet/ ja woll gar hin-
dert aus hundischen Neid oder unmenschlichen Haß und Wieder-
spenstigkeit des gut und nützlichen vor die Menschen/ der ist an-
ders nicht zu achten/ als wie dessen Art und Eigenschafft ist in sei-
nen Hinter halten und Verbergung der Wissenschafften zur ge-
meinen Nutzbarkeit. Jedweder kan nicht alle Regeln des Studio
durchgehen/ nicht alle Sprachen erlernen/ nicht alles experi-
menti
ren und selbst erfahren oder ausüben/ sondern muß sich der
andern zu Hülffe gebrauchen/ wie dan in der gantzen Natur alles
eines auff das andre absiehet/ seinen Anfang Mittel und Ende
nimmet verfolget und sich zusammen behelffen/ das eine mit den
anderen dritten vierten und so fortan/ wie anfangs erwehnet/ also
daß gar übel stehet/ wann der Mensch sich von den Menschen abson-
dert/ und einer den and ern nicht an die Hand gehen will/ da doch
keine unvernünfftige Creatur nicht versaget/ weder eins dem an
dern viel weniger den Menschen/ zu dessen Dienst Sie alle er-
schaffen seind auch die Leblosen.

Ein gelehrter Mann dienet am besten zum Rath geben und
nicht zum streiten im Krieg/ also daß Er die gemeine und Bürger
unterweise/ und meritirt solcher so hohe Ehre und Vorzug als die
jenigen welche durch streiten und kämpffen Städte und Provin-
cien erobern und zuwegebringen/ wor durch der Staat und Re-
public
bereichert und gewaltiger gemacht wird.

Hoch-
)[ 3

tzen daraus zu gewarten ſtehen; Denn offtermals bey mitler und
gemeinen eine ſonderbahre Geiſtung ſich enthaͤlt/ die wann den
Regeln und Tabellen nach angefuͤhret worden waͤren/ wohl zu
hohen Dingen und Gelehrſamkeit gedeyen und gelanget/ her-
nacher mit Unterweis andrer oder mit Wirckung viel gutes
auszurichten vermogt. Gleichwol aber bey deſſen Ermanglung/
und da Sie nur bey muͤſſiger Zeit ihrer Profesſion und Ge-
ſchaͤffte an ſolche Buͤcher gerathen und dieſelbe in ihnen verſtaͤnd-
lich und vernemliche Sprache leſen koͤnnen/ dannoch in der
rudidet und Ungepolirtheit ihres Verſtandes geſchickte und ver-
nuͤnfftige Dinge daraus ziehen zu ſelbſt eigenen Nutzen als auch
andern durch beytragenden Rath oder Vorſchub. Jeder Men-
ſche traͤget bey ſich ein natuͤrliches Verlangen umzuwiſſen/ wer
nun ſolchen Verlangen nicht zu Huͤlffe kommet/ ja woll gar hin-
dert aus hundiſchen Neid oder unmenſchlichen Haß und Wieder-
ſpenſtigkeit des gut und nuͤtzlichen vor die Menſchen/ der iſt an-
ders nicht zu achten/ als wie deſſen Art und Eigenſchafft iſt in ſei-
nen Hinter halten und Verbergung der Wiſſenſchafften zur ge-
meinen Nutzbarkeit. Jedweder kan nicht alle Regeln des Studio
durchgehen/ nicht alle Sprachen erlernen/ nicht alles experi-
menti
ren und ſelbſt erfahren oder ausuͤben/ ſondern muß ſich der
andern zu Huͤlffe gebrauchen/ wie dan in der gantzen Natur alles
eines auff das andre abſiehet/ ſeinen Anfang Mittel und Ende
nimmet verfolget und ſich zuſammen behelffen/ das eine mit den
anderen dritten vierten uñ ſo fortan/ wie anfangs erwehnet/ alſo
daß gar uͤbel ſtehet/ wañ der Menſch ſich von den Menſchen abſon-
dert/ und einer den and ern nicht an die Hand gehen will/ da doch
keine unvernuͤnfftige Creatur nicht verſaget/ weder eins dem an
dern viel weniger den Menſchen/ zu deſſen Dienſt Sie alle er-
ſchaffen ſeind auch die Lebloſen.

Ein gelehrter Mann dienet am beſten zum Rath geben und
nicht zum ſtreiten im Krieg/ alſo daß Er die gemeine und Buͤrger
unterweiſe/ und meritirt ſolcher ſo hohe Ehre und Vorzug als die
jenigen welche durch ſtreiten und kaͤmpffen Staͤdte und Provin-
cien erobern und zuwegebringen/ wor durch der Staat und Re-
public
bereichert und gewaltiger gemacht wird.

Hoch-
)[ 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div>
        <p><pb facs="#f0005"/>
tzen daraus zu gewarten &#x017F;tehen; Denn offtermals bey mitler und<lb/>
gemeinen eine &#x017F;onderbahre Gei&#x017F;tung &#x017F;ich entha&#x0364;lt/ die wann den<lb/>
Regeln und Tabellen nach angefu&#x0364;hret worden wa&#x0364;ren/ wohl zu<lb/>
hohen Dingen und Gelehr&#x017F;amkeit gedeyen und gelanget/ her-<lb/>
nacher mit Unterweis andrer oder mit Wirckung viel gutes<lb/>
auszurichten vermogt. Gleichwol aber bey de&#x017F;&#x017F;en Ermanglung/<lb/>
und da Sie nur bey mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Zeit ihrer <hi rendition="#aq">Profes&#x017F;ion</hi> und Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ffte an &#x017F;olche Bu&#x0364;cher gerathen und die&#x017F;elbe in ihnen ver&#x017F;ta&#x0364;nd-<lb/>
lich und vernemliche Sprache le&#x017F;en ko&#x0364;nnen/ dannoch in der<lb/><hi rendition="#aq">rudidet</hi> und Ungepolirtheit ihres Ver&#x017F;tandes ge&#x017F;chickte und ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftige Dinge daraus ziehen zu &#x017F;elb&#x017F;t eigenen Nutzen als auch<lb/>
andern durch beytragenden Rath oder Vor&#x017F;chub. Jeder Men-<lb/>
&#x017F;che tra&#x0364;get bey &#x017F;ich ein natu&#x0364;rliches Verlangen umzuwi&#x017F;&#x017F;en/ wer<lb/>
nun &#x017F;olchen Verlangen nicht zu Hu&#x0364;lffe kommet/ ja woll gar hin-<lb/>
dert aus hundi&#x017F;chen Neid oder unmen&#x017F;chlichen Haß und Wieder-<lb/>
&#x017F;pen&#x017F;tigkeit des gut und nu&#x0364;tzlichen vor die Men&#x017F;chen/ der i&#x017F;t an-<lb/>
ders nicht zu achten/ als wie de&#x017F;&#x017F;en Art und Eigen&#x017F;chafft i&#x017F;t in &#x017F;ei-<lb/>
nen Hinter halten und Verbergung der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften zur ge-<lb/>
meinen Nutzbarkeit. Jedweder kan nicht alle Regeln des <hi rendition="#aq">Studio</hi><lb/>
durchgehen/ nicht alle Sprachen erlernen/ nicht alles <hi rendition="#aq">experi-<lb/>
menti</hi>ren und &#x017F;elb&#x017F;t erfahren oder ausu&#x0364;ben/ &#x017F;ondern muß &#x017F;ich der<lb/>
andern zu Hu&#x0364;lffe gebrauchen/ wie dan in der gantzen Natur alles<lb/>
eines auff das andre ab&#x017F;iehet/ &#x017F;einen Anfang Mittel und Ende<lb/>
nimmet verfolget und &#x017F;ich zu&#x017F;ammen behelffen/ das eine mit den<lb/>
anderen dritten vierten un&#x0303; &#x017F;o fortan/ wie anfangs erwehnet/ al&#x017F;o<lb/>
daß gar u&#x0364;bel &#x017F;tehet/ wan&#x0303; der Men&#x017F;ch &#x017F;ich von den Men&#x017F;chen ab&#x017F;on-<lb/>
dert/ und einer den and ern nicht an die Hand gehen will/ da doch<lb/>
keine unvernu&#x0364;nfftige Creatur nicht ver&#x017F;aget/ weder eins dem an<lb/>
dern viel weniger den Men&#x017F;chen/ zu de&#x017F;&#x017F;en Dien&#x017F;t Sie alle er-<lb/>
&#x017F;chaffen &#x017F;eind auch die Leblo&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ein gelehrter Mann dienet am be&#x017F;ten zum Rath geben und<lb/>
nicht zum &#x017F;treiten im Krieg/ al&#x017F;o daß Er die gemeine und Bu&#x0364;rger<lb/>
unterwei&#x017F;e/ und <hi rendition="#aq">meriti</hi>rt &#x017F;olcher &#x017F;o hohe Ehre und Vorzug als die<lb/>
jenigen welche durch &#x017F;treiten und ka&#x0364;mpffen Sta&#x0364;dte und <hi rendition="#aq">Provin-</hi><lb/>
cien erobern und zuwegebringen/ wor durch der Staat und <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
public</hi> bereichert und gewaltiger gemacht wird.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">)[ 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Hoch-</fw><lb/>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0005] tzen daraus zu gewarten ſtehen; Denn offtermals bey mitler und gemeinen eine ſonderbahre Geiſtung ſich enthaͤlt/ die wann den Regeln und Tabellen nach angefuͤhret worden waͤren/ wohl zu hohen Dingen und Gelehrſamkeit gedeyen und gelanget/ her- nacher mit Unterweis andrer oder mit Wirckung viel gutes auszurichten vermogt. Gleichwol aber bey deſſen Ermanglung/ und da Sie nur bey muͤſſiger Zeit ihrer Profesſion und Ge- ſchaͤffte an ſolche Buͤcher gerathen und dieſelbe in ihnen verſtaͤnd- lich und vernemliche Sprache leſen koͤnnen/ dannoch in der rudidet und Ungepolirtheit ihres Verſtandes geſchickte und ver- nuͤnfftige Dinge daraus ziehen zu ſelbſt eigenen Nutzen als auch andern durch beytragenden Rath oder Vorſchub. Jeder Men- ſche traͤget bey ſich ein natuͤrliches Verlangen umzuwiſſen/ wer nun ſolchen Verlangen nicht zu Huͤlffe kommet/ ja woll gar hin- dert aus hundiſchen Neid oder unmenſchlichen Haß und Wieder- ſpenſtigkeit des gut und nuͤtzlichen vor die Menſchen/ der iſt an- ders nicht zu achten/ als wie deſſen Art und Eigenſchafft iſt in ſei- nen Hinter halten und Verbergung der Wiſſenſchafften zur ge- meinen Nutzbarkeit. Jedweder kan nicht alle Regeln des Studio durchgehen/ nicht alle Sprachen erlernen/ nicht alles experi- mentiren und ſelbſt erfahren oder ausuͤben/ ſondern muß ſich der andern zu Huͤlffe gebrauchen/ wie dan in der gantzen Natur alles eines auff das andre abſiehet/ ſeinen Anfang Mittel und Ende nimmet verfolget und ſich zuſammen behelffen/ das eine mit den anderen dritten vierten uñ ſo fortan/ wie anfangs erwehnet/ alſo daß gar uͤbel ſtehet/ wañ der Menſch ſich von den Menſchen abſon- dert/ und einer den and ern nicht an die Hand gehen will/ da doch keine unvernuͤnfftige Creatur nicht verſaget/ weder eins dem an dern viel weniger den Menſchen/ zu deſſen Dienſt Sie alle er- ſchaffen ſeind auch die Lebloſen. Ein gelehrter Mann dienet am beſten zum Rath geben und nicht zum ſtreiten im Krieg/ alſo daß Er die gemeine und Buͤrger unterweiſe/ und meritirt ſolcher ſo hohe Ehre und Vorzug als die jenigen welche durch ſtreiten und kaͤmpffen Staͤdte und Provin- cien erobern und zuwegebringen/ wor durch der Staat und Re- public bereichert und gewaltiger gemacht wird. Hoch- )[ 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706/5
Zitationshilfe: Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706/5>, abgerufen am 21.11.2024.