mit einem Toast auf die "liebenswürdige, ebenso ge¬ lehrte wie bescheidene Wirthin" erwiderte.
"Danke, danke, lieber junger Freund," sagte der geschmeichelte Pastor, Oswalds Hand zu wiederholten Malen drückend. "Ja, Sie haben Recht, eine gelehrte, bescheidene Frau! Haben Sie ihr angemerkt, daß sie mit mehr als einer literarischen Größe im lebhaftesten Briefwechsel steht, ja unter dem Pseudonym "Primula" eine der eifrigsten Mitarbeiterinnen der *** Zeitung ist?"
"Unmöglich!" rief Oswald.
"Ich versichere Sie, lieber Freund; und Sie kön¬ nen nicht glauben, welche Freude es mir gewährt, wenn ich wieder und immer wieder im Briefkasten lese: Faschwitz und P. B., Primula Beris, Gustava's Chiffre: Tausend Dank für Ihre liebenswürdige Sen¬ dung, oder: Sie haben uns durch Ihr reizendes Ge¬ dicht hoch erfreut, es wird schon in der nächsten Num¬ mer zum Abdruck kommen etc."
"Ich kann es mir denken," sagte Oswald zerstreut. "Aber wollen wir nicht der liebenswürdigen Dichterin in den Garten folgen?"
"Festina lente!" rief der Pfarrer, dem der Wein schon zu Kopfe stieg. "Wir kommen so jung nicht wieder zusammen. Ein gutes Glas Wein ist ein ge¬ selliges Ding, und Gustava ist zu liberal gesinnt, uns
mit einem Toaſt auf die „liebenswürdige, ebenſo ge¬ lehrte wie beſcheidene Wirthin“ erwiderte.
„Danke, danke, lieber junger Freund,“ ſagte der geſchmeichelte Paſtor, Oswalds Hand zu wiederholten Malen drückend. „Ja, Sie haben Recht, eine gelehrte, beſcheidene Frau! Haben Sie ihr angemerkt, daß ſie mit mehr als einer literariſchen Größe im lebhafteſten Briefwechſel ſteht, ja unter dem Pſeudonym „Primula“ eine der eifrigſten Mitarbeiterinnen der *** Zeitung iſt?“
„Unmöglich!“ rief Oswald.
„Ich verſichere Sie, lieber Freund; und Sie kön¬ nen nicht glauben, welche Freude es mir gewährt, wenn ich wieder und immer wieder im Briefkaſten leſe: Faſchwitz und P. B., Primula Beris, Guſtava's Chiffre: Tauſend Dank für Ihre liebenswürdige Sen¬ dung, oder: Sie haben uns durch Ihr reizendes Ge¬ dicht hoch erfreut, es wird ſchon in der nächſten Num¬ mer zum Abdruck kommen ꝛc.“
„Ich kann es mir denken,“ ſagte Oswald zerſtreut. „Aber wollen wir nicht der liebenswürdigen Dichterin in den Garten folgen?“
„Festina lente!“ rief der Pfarrer, dem der Wein ſchon zu Kopfe ſtieg. „Wir kommen ſo jung nicht wieder zuſammen. Ein gutes Glas Wein iſt ein ge¬ ſelliges Ding, und Guſtava iſt zu liberal geſinnt, uns
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mit einem Toaſt auf die „liebenswürdige, ebenſo ge¬
lehrte wie beſcheidene Wirthin“ erwiderte.
„Danke, danke, lieber junger Freund,“ ſagte der
geſchmeichelte Paſtor, Oswalds Hand zu wiederholten
Malen drückend. „Ja, Sie haben Recht, eine gelehrte,
beſcheidene Frau! Haben Sie ihr angemerkt, daß ſie
mit mehr als einer literariſchen Größe im lebhafteſten
Briefwechſel ſteht, ja unter dem Pſeudonym „Primula“
eine der eifrigſten Mitarbeiterinnen der *** Zeitung iſt?“
„Unmöglich!“ rief Oswald.
„Ich verſichere Sie, lieber Freund; und Sie kön¬
nen nicht glauben, welche Freude es mir gewährt,
wenn ich wieder und immer wieder im Briefkaſten
leſe: Faſchwitz und P. B., Primula Beris, Guſtava's
Chiffre: Tauſend Dank für Ihre liebenswürdige Sen¬
dung, oder: Sie haben uns durch Ihr reizendes Ge¬
dicht hoch erfreut, es wird ſchon in der nächſten Num¬
mer zum Abdruck kommen ꝛc.“
„Ich kann es mir denken,“ ſagte Oswald zerſtreut.
„Aber wollen wir nicht der liebenswürdigen Dichterin
in den Garten folgen?“
„Festina lente!“ rief der Pfarrer, dem der Wein
ſchon zu Kopfe ſtieg. „Wir kommen ſo jung nicht
wieder zuſammen. Ein gutes Glas Wein iſt ein ge¬
ſelliges Ding, und Guſtava iſt zu liberal geſinnt, uns
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/128>, abgerufen am 26.06.2024.
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