dieser heiteren, versöhnlichen Stimmung geben auch die Briefe Zeugniß, die er um diese Zeit an seine Freunde schrieb: "Da wäre ich denn nun," heißt es in dem einen, "auf dieser neuen Station meines wunderlichen Lebens angelangt, und wahrlich, ich glaube es hier, bis Schwager Kronos die Pferde gewechselt hat und wie¬ der in sein ewiges Horn stößt, trotz meiner so oft von Ihnen gescholtenen Ungeduld, wohl aushalten zu können. Ja, wenn ich nicht fürchten müßte, durch voreiligen Enthusiasmus Ihren Spott herauszufordern, so hätte ich nicht übel Lust, dem guten Stern, der mich hierher geführt, ein Danklied zu singen. Ich bin durchaus in der dazu nöthigen lyrischen Stimmung. Ich habe in diesen Tagen schon so viel Wald- und Seeluft geathmet, daß mein armes, vom Staube nichtsnutziger Folianten betäubtes Gehirn schier trunken ist. Wahrlich, wenn die Menschen dieses paradiesischen Aufenthalts nicht ganz unwürdig sind, so öffnet sich mir für die nächsten Jahre eine schöne Zukunft.
Verzeihen Sie mir, mein Freund, daß ich zu dem großen Schritte, der mich hierher geführt, nicht Ihre specielle Erlaubniß eingeholt habe, wie Sie nach dem blinden Gehorsam, mit dem ich Ihrer höheren Einsicht bis jetzt immer gefolgt bin, wohl erwarten konnten. Ich war einmal entschlossen, ihn zu thun. Sie, das
dieſer heiteren, verſöhnlichen Stimmung geben auch die Briefe Zeugniß, die er um dieſe Zeit an ſeine Freunde ſchrieb: „Da wäre ich denn nun,“ heißt es in dem einen, „auf dieſer neuen Station meines wunderlichen Lebens angelangt, und wahrlich, ich glaube es hier, bis Schwager Kronos die Pferde gewechſelt hat und wie¬ der in ſein ewiges Horn ſtößt, trotz meiner ſo oft von Ihnen geſcholtenen Ungeduld, wohl aushalten zu können. Ja, wenn ich nicht fürchten müßte, durch voreiligen Enthuſiasmus Ihren Spott herauszufordern, ſo hätte ich nicht übel Luſt, dem guten Stern, der mich hierher geführt, ein Danklied zu ſingen. Ich bin durchaus in der dazu nöthigen lyriſchen Stimmung. Ich habe in dieſen Tagen ſchon ſo viel Wald- und Seeluft geathmet, daß mein armes, vom Staube nichtsnutziger Folianten betäubtes Gehirn ſchier trunken iſt. Wahrlich, wenn die Menſchen dieſes paradieſiſchen Aufenthalts nicht ganz unwürdig ſind, ſo öffnet ſich mir für die nächſten Jahre eine ſchöne Zukunft.
Verzeihen Sie mir, mein Freund, daß ich zu dem großen Schritte, der mich hierher geführt, nicht Ihre ſpecielle Erlaubniß eingeholt habe, wie Sie nach dem blinden Gehorſam, mit dem ich Ihrer höheren Einſicht bis jetzt immer gefolgt bin, wohl erwarten konnten. Ich war einmal entſchloſſen, ihn zu thun. Sie, das
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dieſer heiteren, verſöhnlichen Stimmung geben auch die
Briefe Zeugniß, die er um dieſe Zeit an ſeine Freunde
ſchrieb: „Da wäre ich denn nun,“ heißt es in dem
einen, „auf dieſer neuen Station meines wunderlichen
Lebens angelangt, und wahrlich, ich glaube es hier, bis
Schwager Kronos die Pferde gewechſelt hat und wie¬
der in ſein ewiges Horn ſtößt, trotz meiner ſo oft von
Ihnen geſcholtenen Ungeduld, wohl aushalten zu können.
Ja, wenn ich nicht fürchten müßte, durch voreiligen
Enthuſiasmus Ihren Spott herauszufordern, ſo hätte
ich nicht übel Luſt, dem guten Stern, der mich hierher
geführt, ein Danklied zu ſingen. Ich bin durchaus in
der dazu nöthigen lyriſchen Stimmung. Ich habe in
dieſen Tagen ſchon ſo viel Wald- und Seeluft geathmet,
daß mein armes, vom Staube nichtsnutziger Folianten
betäubtes Gehirn ſchier trunken iſt. Wahrlich, wenn
die Menſchen dieſes paradieſiſchen Aufenthalts nicht
ganz unwürdig ſind, ſo öffnet ſich mir für die nächſten
Jahre eine ſchöne Zukunft.
Verzeihen Sie mir, mein Freund, daß ich zu dem
großen Schritte, der mich hierher geführt, nicht Ihre
ſpecielle Erlaubniß eingeholt habe, wie Sie nach dem
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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