Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Dir nach Grünwald, und ich sähe dies verdammte
Rest im Leben nicht wieder."

"Mama sagte mir. Du hättest Herrn Stein so
lieb, ist das wahr?"

"Ich ihn lieb!" sagte Bruno, den Kopf trotzig in
die Höhe werfend; "weshalb sollte ich ihn lieb haben?
er ist mir ganz gleichgültig. Er bekümmert sich viel
um mich! Er! Gestern ist er den ganzen Tag ohne
mich umhergelaufen, und heute hatte er mich noch keines
Blickes gewürdigt er ist mir ganz gleichgültig; hörst
Du? sag' das nur Deiner Mama, ganz gleichgültig!"
-- Und damit verbarg er sein Gesicht in Julius Locken
und schluchzte.

"Was ist Dir, Bruno?"

"Mir? nichts! was sollte mir sein!"

"Bruno, ich begleite Herrn Bemperlein!" rief Os¬
wald herüber.

Herr Doctor, ich begleite Julius!" rief Bruno
zurück.

"Wo ist Malte?"

"Soll ich Maltes Hüter sein?"

"Malte ist auf dem Zimmer des Barons," sagte
Herr Bemperlein; "er ist von der Fahrt sehr ange¬
griffen; die Baronin meint, er fiebere etwas, und der
Baron hat ihm auf dem Sopha ein Lager zurecht ge¬

mit Dir nach Grünwald, und ich ſähe dies verdammte
Reſt im Leben nicht wieder.“

„Mama ſagte mir. Du hätteſt Herrn Stein ſo
lieb, iſt das wahr?“

„Ich ihn lieb!“ ſagte Bruno, den Kopf trotzig in
die Höhe werfend; „weshalb ſollte ich ihn lieb haben?
er iſt mir ganz gleichgültig. Er bekümmert ſich viel
um mich! Er! Geſtern iſt er den ganzen Tag ohne
mich umhergelaufen, und heute hatte er mich noch keines
Blickes gewürdigt er iſt mir ganz gleichgültig; hörſt
Du? ſag' das nur Deiner Mama, ganz gleichgültig!“
— Und damit verbarg er ſein Geſicht in Julius Locken
und ſchluchzte.

„Was iſt Dir, Bruno?“

„Mir? nichts! was ſollte mir ſein!“

„Bruno, ich begleite Herrn Bemperlein!“ rief Os¬
wald herüber.

Herr Doctor, ich begleite Julius!“ rief Bruno
zurück.

„Wo iſt Malte?“

„Soll ich Maltes Hüter ſein?“

„Malte iſt auf dem Zimmer des Barons,“ ſagte
Herr Bemperlein; „er iſt von der Fahrt ſehr ange¬
griffen; die Baronin meint, er fiebere etwas, und der
Baron hat ihm auf dem Sopha ein Lager zurecht ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="231"/>
mit Dir nach Grünwald, und ich &#x017F;ähe dies verdammte<lb/>
Re&#x017F;t im Leben nicht wieder.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mama &#x017F;agte mir. Du hätte&#x017F;t Herrn Stein &#x017F;o<lb/>
lieb, i&#x017F;t das wahr?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich ihn lieb!&#x201C; &#x017F;agte Bruno, den Kopf trotzig in<lb/>
die Höhe werfend; &#x201E;weshalb &#x017F;ollte ich ihn lieb haben?<lb/>
er i&#x017F;t mir ganz gleichgültig. Er bekümmert &#x017F;ich viel<lb/>
um mich! Er! Ge&#x017F;tern i&#x017F;t er den ganzen Tag ohne<lb/>
mich umhergelaufen, und heute hatte er mich noch keines<lb/>
Blickes gewürdigt er i&#x017F;t mir ganz gleichgültig; hör&#x017F;t<lb/>
Du? &#x017F;ag' das nur Deiner Mama, ganz gleichgültig!&#x201C;<lb/>
&#x2014; Und damit verbarg er &#x017F;ein Ge&#x017F;icht in Julius Locken<lb/>
und &#x017F;chluchzte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was i&#x017F;t Dir, Bruno?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mir? nichts! was &#x017F;ollte mir &#x017F;ein!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bruno, ich begleite Herrn Bemperlein!&#x201C; rief Os¬<lb/>
wald herüber.</p><lb/>
        <p>Herr Doctor, ich begleite Julius!&#x201C; rief Bruno<lb/>
zurück.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo i&#x017F;t Malte?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Soll ich Maltes Hüter &#x017F;ein?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Malte i&#x017F;t auf dem Zimmer des Barons,&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
Herr Bemperlein; &#x201E;er i&#x017F;t von der Fahrt &#x017F;ehr ange¬<lb/>
griffen; die Baronin meint, er fiebere etwas, und der<lb/>
Baron hat ihm auf dem Sopha ein Lager zurecht ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] mit Dir nach Grünwald, und ich ſähe dies verdammte Reſt im Leben nicht wieder.“ „Mama ſagte mir. Du hätteſt Herrn Stein ſo lieb, iſt das wahr?“ „Ich ihn lieb!“ ſagte Bruno, den Kopf trotzig in die Höhe werfend; „weshalb ſollte ich ihn lieb haben? er iſt mir ganz gleichgültig. Er bekümmert ſich viel um mich! Er! Geſtern iſt er den ganzen Tag ohne mich umhergelaufen, und heute hatte er mich noch keines Blickes gewürdigt er iſt mir ganz gleichgültig; hörſt Du? ſag' das nur Deiner Mama, ganz gleichgültig!“ — Und damit verbarg er ſein Geſicht in Julius Locken und ſchluchzte. „Was iſt Dir, Bruno?“ „Mir? nichts! was ſollte mir ſein!“ „Bruno, ich begleite Herrn Bemperlein!“ rief Os¬ wald herüber. Herr Doctor, ich begleite Julius!“ rief Bruno zurück. „Wo iſt Malte?“ „Soll ich Maltes Hüter ſein?“ „Malte iſt auf dem Zimmer des Barons,“ ſagte Herr Bemperlein; „er iſt von der Fahrt ſehr ange¬ griffen; die Baronin meint, er fiebere etwas, und der Baron hat ihm auf dem Sopha ein Lager zurecht ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/241
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/241>, abgerufen am 21.11.2024.