Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.stuhl, in welchem sich Melitta gewiegt hatte. Er er¬ "Recht gut!" wiederholte er, die Glieder streckend. "Aber Du siehst doch sehr angegriffen aus;" sagte "Aber ich versichere Dich, liebe Anna-Maria, ich "Du mußt Dich in dieser Zeit noch recht in Acht ſtuhl, in welchem ſich Melitta gewiegt hatte. Er er¬ „Recht gut!“ wiederholte er, die Glieder ſtreckend. „Aber Du ſiehſt doch ſehr angegriffen aus;“ ſagte „Aber ich verſichere Dich, liebe Anna-Maria, ich „Du mußt Dich in dieſer Zeit noch recht in Acht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="134"/> ſtuhl, in welchem ſich Melitta gewiegt hatte. Er er¬<lb/> wachte ſo eben aus einem erquickenden Nachmittags¬<lb/> ſchlaf und ſchaute mit den alten, glanzloſen Augen<lb/> freundlich durch die offene Thür auf den Raſenplatz,<lb/> wo ſein Liebling, der Pfau, das prächtige Gefieder<lb/> im Sonnenſchein erglänzen ließ.</p><lb/> <p>„Recht gut!“ wiederholte er, die Glieder ſtreckend.</p><lb/> <p>„Aber Du ſiehſt doch ſehr angegriffen aus;“ ſagte<lb/> die Baronin, die großen, kalten grauen Augen for¬<lb/> ſchend auf die verwitterten Züge des Barons heftend;<lb/> „dieſe anſpruchsvollen, lärmenden Geſellſchaften ſind<lb/> wahres Gift für Dich; und ich habe mir ſchon, wäh¬<lb/> rend Du ſchliefſt, im Stillen rechte Vorwürfe gemacht,<lb/> daß ich geſtern nicht früher zum Aufbruch mahnte.“</p><lb/> <p>„Aber ich verſichere Dich, liebe Anna-Maria, ich<lb/> befinde mich vortrefflich, das heißt, nicht ſchlechter,<lb/> wie gewöhnlich, oder doch nicht viel ſchlechter,“ ſagte<lb/> kleinlaut der gute alte Mann, der ſchon ſeit vielen<lb/> Jahren gewohnt war, den Ausſprüchen ſeiner Anna-<lb/> Maria, die er über Alles liebte und verehrte, niemals<lb/> direkt zu wiederſprechen.</p><lb/> <p>„Du mußt Dich in dieſer Zeit noch recht in Acht<lb/> nehmen,“ ſagte dieſe, wieder emſig nähend; „heute<lb/> über acht Tage ſpäteſtens müſſen wir reiſen, und Du<lb/> wirſt zu den Strapazen einer ſo großen Tour Deine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0144]
ſtuhl, in welchem ſich Melitta gewiegt hatte. Er er¬
wachte ſo eben aus einem erquickenden Nachmittags¬
ſchlaf und ſchaute mit den alten, glanzloſen Augen
freundlich durch die offene Thür auf den Raſenplatz,
wo ſein Liebling, der Pfau, das prächtige Gefieder
im Sonnenſchein erglänzen ließ.
„Recht gut!“ wiederholte er, die Glieder ſtreckend.
„Aber Du ſiehſt doch ſehr angegriffen aus;“ ſagte
die Baronin, die großen, kalten grauen Augen for¬
ſchend auf die verwitterten Züge des Barons heftend;
„dieſe anſpruchsvollen, lärmenden Geſellſchaften ſind
wahres Gift für Dich; und ich habe mir ſchon, wäh¬
rend Du ſchliefſt, im Stillen rechte Vorwürfe gemacht,
daß ich geſtern nicht früher zum Aufbruch mahnte.“
„Aber ich verſichere Dich, liebe Anna-Maria, ich
befinde mich vortrefflich, das heißt, nicht ſchlechter,
wie gewöhnlich, oder doch nicht viel ſchlechter,“ ſagte
kleinlaut der gute alte Mann, der ſchon ſeit vielen
Jahren gewohnt war, den Ausſprüchen ſeiner Anna-
Maria, die er über Alles liebte und verehrte, niemals
direkt zu wiederſprechen.
„Du mußt Dich in dieſer Zeit noch recht in Acht
nehmen,“ ſagte dieſe, wieder emſig nähend; „heute
über acht Tage ſpäteſtens müſſen wir reiſen, und Du
wirſt zu den Strapazen einer ſo großen Tour Deine
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