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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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tischen der Musenstadt glänzen sah. -- Zur Erreichung
dieses höchsten Ziels konnte dem Pastor der Professor
Berger, dessen Stimme in der philosophischen Facul¬
tät entscheidend war, Professor Berger, den er wegen
seines offen zur Schau getragenen Voltaireanismus,
Spinocismus, Atheismus gründlich verabscheute, und
dessen Protection er doch schon oft vergeblich erstrebt
hatte, außerordentlich nützlich werden. Oswald aber
war der erklärte Günstling des großen Mannes, der
erste Schüler des alten Meisters. Eine Empfehlung
Oswald's war mehr werth als eine gelehrte Disser¬
tation -- folglich Oswald's Freundschaft ein Ziel,
"aufs innigste zu wünschen", und ein gelegentliches
Lob, das ihm doch wol wieder zu Ohren kommen
konnte, gar "keine schlechte Theologie."

So dachte, so rechnete der Pastor.

Wie erstaunt war er daher, als die Baronin mit
einem Ton der Stimme, der nicht viel Gutes verhieß,
seine huldvolle Phrase mit der Frage beantwortete:

"Sagen Sie einmal aufrichtig, Pastor Jäger, was
halten Sie von dem jungen Menschen?"

Den Schüler Berger's, den Günstling Primula's,
den Löwen vom gestrigen Junkerfest schlechtweg als
einen "jungen Menschen" bezeichnen zu hören! der
Pastor traute seinen Ohren kaum. Er schoß über die

tiſchen der Muſenſtadt glänzen ſah. — Zur Erreichung
dieſes höchſten Ziels konnte dem Paſtor der Profeſſor
Berger, deſſen Stimme in der philoſophiſchen Facul¬
tät entſcheidend war, Profeſſor Berger, den er wegen
ſeines offen zur Schau getragenen Voltaireanismus,
Spinocismus, Atheismus gründlich verabſcheute, und
deſſen Protection er doch ſchon oft vergeblich erſtrebt
hatte, außerordentlich nützlich werden. Oswald aber
war der erklärte Günſtling des großen Mannes, der
erſte Schüler des alten Meiſters. Eine Empfehlung
Oswald's war mehr werth als eine gelehrte Diſſer¬
tation — folglich Oswald's Freundſchaft ein Ziel,
„aufs innigſte zu wünſchen“, und ein gelegentliches
Lob, das ihm doch wol wieder zu Ohren kommen
konnte, gar „keine ſchlechte Theologie.“

So dachte, ſo rechnete der Paſtor.

Wie erſtaunt war er daher, als die Baronin mit
einem Ton der Stimme, der nicht viel Gutes verhieß,
ſeine huldvolle Phraſe mit der Frage beantwortete:

„Sagen Sie einmal aufrichtig, Paſtor Jäger, was
halten Sie von dem jungen Menſchen?“

Den Schüler Berger's, den Günſtling Primula's,
den Löwen vom geſtrigen Junkerfeſt ſchlechtweg als
einen „jungen Menſchen“ bezeichnen zu hören! der
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[146/0156] tiſchen der Muſenſtadt glänzen ſah. — Zur Erreichung dieſes höchſten Ziels konnte dem Paſtor der Profeſſor Berger, deſſen Stimme in der philoſophiſchen Facul¬ tät entſcheidend war, Profeſſor Berger, den er wegen ſeines offen zur Schau getragenen Voltaireanismus, Spinocismus, Atheismus gründlich verabſcheute, und deſſen Protection er doch ſchon oft vergeblich erſtrebt hatte, außerordentlich nützlich werden. Oswald aber war der erklärte Günſtling des großen Mannes, der erſte Schüler des alten Meiſters. Eine Empfehlung Oswald's war mehr werth als eine gelehrte Diſſer¬ tation — folglich Oswald's Freundſchaft ein Ziel, „aufs innigſte zu wünſchen“, und ein gelegentliches Lob, das ihm doch wol wieder zu Ohren kommen konnte, gar „keine ſchlechte Theologie.“ So dachte, ſo rechnete der Paſtor. Wie erſtaunt war er daher, als die Baronin mit einem Ton der Stimme, der nicht viel Gutes verhieß, ſeine huldvolle Phraſe mit der Frage beantwortete: „Sagen Sie einmal aufrichtig, Paſtor Jäger, was halten Sie von dem jungen Menſchen?“ Den Schüler Berger's, den Günſtling Primula's, den Löwen vom geſtrigen Junkerfeſt ſchlechtweg als einen „jungen Menſchen“ bezeichnen zu hören! der Paſtor traute ſeinen Ohren kaum. Er ſchoß über die

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/156>, abgerufen am 21.11.2024.