lennes dreimaliges Hurrah, ein Einfall, der selbst die Lippen der Baronin zu einem Lächeln zu bewegen ver¬ mochte. Ueberhaupt war diese Dame, wahrscheinlich um sich auf die Gesellschaft vorzubereiten, heute in der besten und mittheilsamsten Stimmung. Sie fand das Wetter herrlich, nur ein wenig zu warm, den Weg vortrefflich, nur ein wenig zu staubig; sie freute sich schon auf die Abendkühle beim Heimwege, nur fürchtete sie, daß sich bis zu der Zeit ein Gewitter zusammengezogen haben würde, da ihr eine Wolke am westlichen Horizont ein sehr verdächtiges Aussehen zu haben schien. Darauf wurde die Frage erörtert, ob Fräulein Marguerite, wenn wirklich ein Gewitter aus¬ brechen sollte -- ein Fall, für den sie keine Instruc¬ tionen hatte -- wol die Fenster in den Gesellschafts¬ räumen im oberen Stock schließen lassen, und über¬ haupt ihre Schuldigkeit thun würde. Da es nicht möglich war, eine Stimmenmehrheit zu erzielen, indem die Baronin die aufgeworfene Frage entschieden ver¬ neinte, Oswald sie eben so entschieden bejahte, und der alte Baron sich keine bestimmte Ansicht zu bilden vermochte, so gab man die Debatte über diesen Punkt auf und ging zur Erörterung des nicht weniger wich¬ tigen Punktes über, ob sich der Graf Grieben von seinem akuten Rheumatismus wol so weit erholt haben
lennes dreimaliges Hurrah, ein Einfall, der ſelbſt die Lippen der Baronin zu einem Lächeln zu bewegen ver¬ mochte. Ueberhaupt war dieſe Dame, wahrſcheinlich um ſich auf die Geſellſchaft vorzubereiten, heute in der beſten und mittheilſamſten Stimmung. Sie fand das Wetter herrlich, nur ein wenig zu warm, den Weg vortrefflich, nur ein wenig zu ſtaubig; ſie freute ſich ſchon auf die Abendkühle beim Heimwege, nur fürchtete ſie, daß ſich bis zu der Zeit ein Gewitter zuſammengezogen haben würde, da ihr eine Wolke am weſtlichen Horizont ein ſehr verdächtiges Ausſehen zu haben ſchien. Darauf wurde die Frage erörtert, ob Fräulein Marguerite, wenn wirklich ein Gewitter aus¬ brechen ſollte — ein Fall, für den ſie keine Inſtruc¬ tionen hatte — wol die Fenſter in den Geſellſchafts¬ räumen im oberen Stock ſchließen laſſen, und über¬ haupt ihre Schuldigkeit thun würde. Da es nicht möglich war, eine Stimmenmehrheit zu erzielen, indem die Baronin die aufgeworfene Frage entſchieden ver¬ neinte, Oswald ſie eben ſo entſchieden bejahte, und der alte Baron ſich keine beſtimmte Anſicht zu bilden vermochte, ſo gab man die Debatte über dieſen Punkt auf und ging zur Erörterung des nicht weniger wich¬ tigen Punktes über, ob ſich der Graf Grieben von ſeinem akuten Rheumatismus wol ſo weit erholt haben
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lennes dreimaliges Hurrah, ein Einfall, der ſelbſt die
Lippen der Baronin zu einem Lächeln zu bewegen ver¬
mochte. Ueberhaupt war dieſe Dame, wahrſcheinlich
um ſich auf die Geſellſchaft vorzubereiten, heute in
der beſten und mittheilſamſten Stimmung. Sie fand
das Wetter herrlich, nur ein wenig zu warm, den
Weg vortrefflich, nur ein wenig zu ſtaubig; ſie freute
ſich ſchon auf die Abendkühle beim Heimwege, nur
fürchtete ſie, daß ſich bis zu der Zeit ein Gewitter
zuſammengezogen haben würde, da ihr eine Wolke am
weſtlichen Horizont ein ſehr verdächtiges Ausſehen zu
haben ſchien. Darauf wurde die Frage erörtert, ob
Fräulein Marguerite, wenn wirklich ein Gewitter aus¬
brechen ſollte — ein Fall, für den ſie keine Inſtruc¬
tionen hatte — wol die Fenſter in den Geſellſchafts¬
räumen im oberen Stock ſchließen laſſen, und über¬
haupt ihre Schuldigkeit thun würde. Da es nicht
möglich war, eine Stimmenmehrheit zu erzielen, indem
die Baronin die aufgeworfene Frage entſchieden ver¬
neinte, Oswald ſie eben ſo entſchieden bejahte, und
der alte Baron ſich keine beſtimmte Anſicht zu bilden
vermochte, ſo gab man die Debatte über dieſen Punkt
auf und ging zur Erörterung des nicht weniger wich¬
tigen Punktes über, ob ſich der Graf Grieben von
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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