Verschiedenes ab. Er forderte einen mäßigen Preis, aber es war doch mehr, als wir bei uns hatten, und so ging ich in's Schloß, das Uebrige zu holen. Zu¬ fällig konnte ich den Schlüssel zu meiner Commode nicht gleich finden, und als ich ihn gefunden hatte, fiel mir ein, daß ich in der Küche nothwendig etwas besorgen mußte; so verging wol eine halbe Stunde, bis ich wieder in den Garten kam. Ich traf Marie allein. "Wo ist der Jude?" sagte ich. "Er will morgen wieder kommen," antwortete sie. "Was haben Sie, Kind?" sagte ich, denn ich sah, daß sie roth¬ geweinte Augen hatte und ganz verstört aussah. -- Da fiel sie mir um den Hals und weinte, aber so sehr ich sie auch bat, mir zu sagen, was vorgefallen sei, ich konnte nichts aus ihr herausbringen.
Der Jude kam am nächsten Tage nicht, aber Ba¬ ron Harald kam. Er brachte ein paar Herren mit. Sie waren auf der Jagd gewesen und tüchtig müde geworden. So gingen sie heute früher zu Bett, nach¬ dem sie ein paar Flaschen Wein getrunken hatten.
Ich mochte wohl schon ein paar Stunden im Bett gelegen haben, ohne einschlafen zu können, denn es regnete und stürmte in dieser Nacht gar heftig und die Laden klappten und die Jagdhunde heulten. -- Da hörte ich einen leisen Schritt auf dem Gange
Verſchiedenes ab. Er forderte einen mäßigen Preis, aber es war doch mehr, als wir bei uns hatten, und ſo ging ich in's Schloß, das Uebrige zu holen. Zu¬ fällig konnte ich den Schlüſſel zu meiner Commode nicht gleich finden, und als ich ihn gefunden hatte, fiel mir ein, daß ich in der Küche nothwendig etwas beſorgen mußte; ſo verging wol eine halbe Stunde, bis ich wieder in den Garten kam. Ich traf Marie allein. „Wo iſt der Jude?“ ſagte ich. „Er will morgen wieder kommen,“ antwortete ſie. „Was haben Sie, Kind?“ ſagte ich, denn ich ſah, daß ſie roth¬ geweinte Augen hatte und ganz verſtört ausſah. — Da fiel ſie mir um den Hals und weinte, aber ſo ſehr ich ſie auch bat, mir zu ſagen, was vorgefallen ſei, ich konnte nichts aus ihr herausbringen.
Der Jude kam am nächſten Tage nicht, aber Ba¬ ron Harald kam. Er brachte ein paar Herren mit. Sie waren auf der Jagd geweſen und tüchtig müde geworden. So gingen ſie heute früher zu Bett, nach¬ dem ſie ein paar Flaſchen Wein getrunken hatten.
Ich mochte wohl ſchon ein paar Stunden im Bett gelegen haben, ohne einſchlafen zu können, denn es regnete und ſtürmte in dieſer Nacht gar heftig und die Laden klappten und die Jagdhunde heulten. — Da hörte ich einen leiſen Schritt auf dem Gange
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Verſchiedenes ab. Er forderte einen mäßigen Preis,
aber es war doch mehr, als wir bei uns hatten, und
ſo ging ich in's Schloß, das Uebrige zu holen. Zu¬
fällig konnte ich den Schlüſſel zu meiner Commode
nicht gleich finden, und als ich ihn gefunden hatte,
fiel mir ein, daß ich in der Küche nothwendig etwas
beſorgen mußte; ſo verging wol eine halbe Stunde,
bis ich wieder in den Garten kam. Ich traf Marie
allein. „Wo iſt der Jude?“ ſagte ich. „Er will
morgen wieder kommen,“ antwortete ſie. „Was haben
Sie, Kind?“ ſagte ich, denn ich ſah, daß ſie roth¬
geweinte Augen hatte und ganz verſtört ausſah. —
Da fiel ſie mir um den Hals und weinte, aber ſo
ſehr ich ſie auch bat, mir zu ſagen, was vorgefallen
ſei, ich konnte nichts aus ihr herausbringen.
Der Jude kam am nächſten Tage nicht, aber Ba¬
ron Harald kam. Er brachte ein paar Herren mit.
Sie waren auf der Jagd geweſen und tüchtig müde
geworden. So gingen ſie heute früher zu Bett, nach¬
dem ſie ein paar Flaſchen Wein getrunken hatten.
Ich mochte wohl ſchon ein paar Stunden im
Bett gelegen haben, ohne einſchlafen zu können, denn
es regnete und ſtürmte in dieſer Nacht gar heftig
und die Laden klappten und die Jagdhunde heulten.
— Da hörte ich einen leiſen Schritt auf dem Gange
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/262>, abgerufen am 16.02.2025.
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